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[Open Access in den Sozialwissenschaften]

Seit drei Jahren bringt die Online-Zeitschrift „Forum qualitative Sozialforschung – Forum Qualitative Social Research“ (FQS) frischen Wind in die sozialwissenschaftliche Diskussion. Ihre Inhalte sind als kostenloser Download im Internet verfügbar, denn die Zeitschrift ist Teil der Open-Access-Bewegung, die derzeit in Wissenschaftskreisen heiß diskutiert wird. Qualitative Sozialforschung befasst sich vor allem mit der Rekonstruktion subjektiven Sinns und der Erforschung individueller und sozialer Lebenswelten. Dieser Ansatz kommt in allen sozial- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen zum tragen. Deshalb war ein gemeinsames Forum lange Zeit überfällig. „Weltweit arbeiten Sozialforscher und Sozialforscherinnen mit qualitativen Methoden, hatten aber kaum Austauschmöglichkeiten“, sagt Katja Mruck, die Initiatorin und geschäftsführende Herausgeberin von FQS. „Deshalb war es nötig, ein gemeinsames Forum zu schaffen, über das Wissen aus Deutschland in die internationale Diskussionen einfließen kann und umgekehrt.“ Das FQS-Redaktionsbüro, angesiedelt am Fachbereich Erziehungswissenschaften und Psychologie der Freien Universität Berlin, wurde eine wichtige Anlaufstelle für Forschende aus aller Welt. Wohl auch deshalb, weil FQS einzigartig interdisziplinär ausgerichtet ist. Die Schwerpunktausgaben behandeln verschiedene Disziplinen der Sozial- und Geisteswissenschaften, beispielsweise Psychologie, Kriminologie oder Sportwissenschaften. Auch die disziplinübergreifenden Ausgaben, etwa zum Technikeinsatz in der Forschung, sorgen für die große thematische Bandbreite von FQS.

Über 3.300 Forscherinnen und Forscher beziehen jeden Monat den FQS-Newsletter mit Informationen über neue Veröffentlichungen. Damit ist FQS der weltweit größte Verteiler im Feld der qualitativen Sozialwissenschaften. Die Zugriffe auf die mittlerweile 13 Ausgaben und über 450 Artikel steigen rasant an – bis heute ist von knapp 500.000 Hosts auf ca. 3.5 Millionen HTML-Dateien zugegriffen worden. Über 700.000 mal wurden PDF-Dateien heruntergeladen. Zusätzlich wird eine wachsende Zahl an FQS-Erstveröffentlichungen in britischen, deutschen, japanischen und tschechischen Zeitschriften nachgedruckt. Dass FQS auch von wichtigen Wissenschaftsakteuren im Ausland wahrgenommen wird, zeigen unter anderem hervorgehobene Erwähnungen in aktuellen Berichten, die mit dem Ziel der Planung künftiger britischer E-Social Science Förderprogramme vom Economic and Social Research Council, dem britischen Äquivalent der DFG, in Auftrag gegeben wurden.

Diese Aufmerksamkeit erlangt FQS durch renommierte Autorinnen und Autoren sowie die hohe Qualität der Veröffentlichungen. Für Online Publikationen ist das besonders wichtig – werden sie immer noch von vielen Wissenschaftlern als „junk science“ betrachtet. Artikel in FQS werden nur veröffentlicht, wenn sie von zwei unabhängigen Gutachtern empfohlen wurden. Für die englischen und spanischen Ausgaben gibt es zusätzlich ein muttersprachliches Lektorat.

Auch für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die das Projekt seit 2001 fördert, ist FQS ein Vorzeigeprojekt im Bereich elektronischer sozialwissenschaftlicher Zeitschriften geworden.

www.qualitative-research.net/ fqs/fqs.htm
www.gap-c.de/
www.plos.org/

Freier Zugang zu Fachliteratur

Im Oktober unterzeichnete Ernst-Ludwig Winnacker, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die „Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen“. Sie war das Ergebnis einer Tagung der Max-Planck-Gesellschaft und des Projektes European Cultural Heritage Online (ECHO) zum freien Zugriff der Wissenschaftler auf Publikationen und neue Veröffentlichungen. Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter Gaehtgens, und der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Karl Max Einhäupl, gehörten zu den Unterzeichnern. Ihr Ziel ist es, die Durchlässigkeit von wissenschaftlichen Fachinformationen – gegen die marktbeherrschende Stellung einiger Verlage und deren überteuerte Preispolitik – weltweit sicherzustellen. Die Preise für Zeitschriften und Periodika steigen seit Jahren an und belasten die Haushalte der Universitäten immer mehr. Zugleich zeigen sich die Verlage gegenüber dem freien Zugriff, der mit dem Internet möglich geworden ist, sehr restriktiv.

Anschließend an die Veranstaltung der Max-Planck-Gesellschaft fand an der FU Berlin ein „Ad hoc Symposium: Open Access – Stand und Perspektiven in den deutschen Geistes- und Sozialwissenschaften“ statt. Das Symposium wurde von der durch die DFG geförderten Online-Zeitschrift „Forum Qualitative Sozialforschung“ (FQS) gemeinsam mit dem Informationszentrum Sozialwissenschaften (IZ) und dem ebenfalls durch die DFG geförderten Projekt German Academic Publishers (GAP) organisiert. Ein Ergebnis des Symposiums war, das GAP-Forum als Online-Diskussionsforum über Open Access in den deutschen Geistes- und Sozialwissenschaften einzurichten. Eine Initiativgruppe, an der die FU Berlin als Sitz von FQS federführend beteiligt ist, bemüht sich derzeit um die Bereitstellung von Informationen, Technologie und Support für Open Access Zeitschriften und -Archive. Die systematische Vernetzung mit wichtigen naturwissenschaftlichen und internationalen Initiativen innerhalb der Open Access Bewegung ist vorgesehen. Hierzu gehören insbesondere die Public Library of Science (PLoS) und die von ihr organisierten Projekte sowie die Budapest Open Access Initiative (BOAI) mit einem über die Naturwissenschaften hinausreichenden Profil.

Michaela Ledebur

Foto: Photocase

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