Preisträger Joachim Spatz
Der junge Physiker Professor Dr. Joachim Spatz von der Universität Heidelberg kann schon eine stattliche Ansammlung von Preisen und Auszeichnungen vorweisen. So erhielt er Auszeichnungen für seine Diplom- und Doktorarbeit, gewann unter anderem den Schloessmann-Forschungspreis der Max-Planck-Gesellschaft, den hochdotierten Alfried-Krupp-Förderpreis 2002 und in diesem Herbst den angesehenen Otto-Klung-Weberbank-Preis für Physik. Dieser wurde ihm auf Vorschlag der Auswahlkommission am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin für seine bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Biomechanik von Zellen verliehen.
Professor Spatz erlangte sein Physikdiplom an der Universität Ulm. Für die Diplomarbeit forschte er an der Colorado State University, anschließend verbrachte er noch einige Monate am Texas Center of Superconductivity der University of Houston. Dann kehrte er an die Universität Ulm zurück und erlangte innerhalb von nur zwei Jahren den Doktorgrad. In seiner Arbeit entwickelte er neue Methoden zur Nanostrukturierung, die mittlerweile weltweit zur Herstellung von Nano-Oberflächen eingesetzt werden.
Die Mikrochips mit den kleinen Nadeln sehen wie Nagelbretter aus. Einzelne Zellen sitzen darauf wie kleine Fakire. Die Zellen ziehen und verbiegen die Nadeln. Dies alles ist so winzig klein, denn die Zellen und Nadeln sind nur wenige Nanometer (Millionstel Millimeter) groß. Die Verbiegung der Nadeln lässt sich messen. Sie gibt den Wissenschaftlern Auskunft über die Kräfte, die im Inneren der Zellen wirken.
Doch wie kommt ein Physiker und promovierter Chemiker darauf, biologische Zellen zu untersuchen? Die Anregung und Ermutigung mich in die Biomedizin zu wagen, kam von Professor Erich Sackmann aus München, mit dem ich schon während meiner Doktorarbeit zusammenarbeitete, sagt Joachim Spatz. Er rät Physikern, die Chancen in der Biologie zu sehen, denn es lohnt sich und ist ein extrem spannendes Forschungsfeld.
Joachim Spatz ist 33 Jahre alt und betreut eine zwanzigköpfige Arbeitsgruppe. In seinem Heidelberger Labor geht es international zu. Die Wissenschaftler kommen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Ungarn, Spanien und den USA. Hier brüten Physiker, Chemiker und Biologen über Fragen wie physikalische Prinzipien die Mikro-Architektur und die damit verbundenen Funktionen biologischer Systeme regulieren. Das wichtige am interdisziplinären Arbeiten ist, dass sich Spezialisten verschiedener Fachgebiete treffen und zusammen an einem Problem arbeiten können, sagt Spatz. Ein Physiker sieht auf einem Elektronenmikroskopbild womöglich etwas ganz anderes als ein Biologe.Zusammen kommen sie der Wahrheit näher, als jeder für sich alleine. Spatz hatte ein Angebot der Max-Planck-Gesellschaft ausgeschlagen und war stattdessen dem Ruf an die Universität Heidelberg gefolgt. Für meine Arbeit bin ich auf exzellente Studenten aus allen Naturwissenschaften angewiesen. Ich wollte mich nicht auf die komplizierten Rekrutierungsverfahren über Zeitungen und Internet einlassen, auf die man angewiesen ist, wenn man nicht an einer Uni sitzt.
In einem weiteren Projekt untersucht die Arbeitsgruppe die mechanischen und chemo-mechanischen Prozesse der Adhäsion, dem Ankleben, von Zellen. Die Adhäsion spielt bei einer Vielzahl von Prozessen im Körper eine wichtige Rolle so zum Beispiel bei den Differenzierungsprozessen der embryonalen Stammzellen, aber auch bei Krebszellen. Denn Krebszellen lösen sich aus ihrem Gewebeverband heraus, lösen also ihre Adhäsionskontakte, bevor sie durch den Körper wandern. Als bisher größter Erfolg der Arbeitsgruppe Spatz kann wohl der Nachweis gelten, dass karzinogene Zellen also Krebszellen viel weicher sind als normale Zellen. Das erlaubt es den diesen Zellen, durch kleinste Poren und Löcher im Bindegewebe zu schlüpfen und auf diese Weise Metastasen an anderen Stellen im Körper zu bilden. Der Grund für die Elastizität der Krebszellen ist, dass diese die Fasern, die normalerweise die gesamte Zelle spinnwebsartig durchziehen und so Festigkeit garantieren das so genannte Cytoskelett wie ein Mantel um den Zellkern anordnen.
Bei der Preisverleihung des Otto-Klung-Weberbank-Preises war man sich einig. Die Forschung des Professor Joachim Spatz sei einzigartig und schwer nobelpreisverdächtig, so Professor Karl Max Einhäupl, Vorsitzender des Wissenschaftsrates. Er hielt die Laudatio auf den Preisträger.
Isabel Pasch
Foto: Dahl
Der Otto-Klung-Weberbank-Preis
Der Otto-Klung-Weberbank-Preis der Freien Universität wird im jährlichen Wechsel für Chemie und Physik an junge deutsche Wissenschaftler verliehen. Seit 2001 geschieht dies in Kooperation zwischen der Otto-Klung-Stiftung an der Freien Universität und der Fördergesellschaft der Weberbank. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis soll junge Wissenschaftler in ihrer Arbeit bestärken.
Alle bisherigen Otto-Klung-Preisträger sind heute in wichtigen wissenschaftlichen Positionen anzutreffen. Viele haben weitere wichtige Wissenschaftspreise gewonnen. Vier der bisherigen Preisträger wurden später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. IP