Die anhaltenden Proteste der Berliner Studenten weiten sich aus. Bei einer Demonstration am 29. November (Redaktionsschluss) zogen nach Angaben der Polizei rund zehntausend Studenten und Sympathisanten vom Brandenburger Tor zum Roten Rathaus. Die Veranstalter sprachen von zwanzigtausend Teilnehmern. Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, bekundete zwar Verständnis für die Proteste, ließ aber an einer harten Haltung des Senats keinen Zweifel. In den Tagen zuvor hatten Studenten unter anderem die Diensträume des Finanzsenators und des Wissenschaftssenators sowie die PDS-Zentrale am Rosa-Luxemburg-Platz besetzt. Studenten und Dozenten veranstalteten spontane Vorlesungen in U-Bahnen, auf dem Gendarmenmarkt, am Potsdamer Platz und in der Kuppel des Reichstages. Alle Aktionen verliefen gewaltfrei.
Wowereits Auftritt vor den Studenten dürfte die Proteste nur anheizen. Sein Vorgänger im Amt des Regierungschefs, Eberhard Diepgen (CDU), forderte die Berliner Bevölkerung auf, sich mit den Studenten zu solidarisieren. Mich haben die Vorlesungen in der S-Bahn und auf öffentlichen Plätzen in ihrer Kreativität mehr beeindruckt als die Streiks, schrieb er in einem Beitrag für den Tagesspiegel. Die Berliner müssen den Protest auch als den ihren begreifen können. Er warf der rot-roten Koalition vor, sich verrannt zu haben. Diepgen wies daraufhin, dass sich das Land Berlin einerseits um Studenten bemühe, um Vorteile beim Länderfinanzausgleich nutzen zu können. Auch würde die Wirtschaftsverwaltung die Universitäten und Hochschulen wegen ihrer Drittmittel als Aushängeschild nutzen.
HS