Katerstimmung herrschte nach der Hiobsbotschaft unter den Berliner Universitätspräsidenten und Hochschulrektoren.
V.l.n.r.: Prof. Dr. Gerhard Ackermann, Präsident der Technischen Fachhochschule Berlin; Prof. Dr. Frank Eveslage, Vizepräsident der Humboldt-Universität zu Berlin; Prof. Dr. Peter Gaehtgens, Präsident der Freien Universität Berlin; Prof. Dr. Kurt Kutzler, Präsident der Technischen Universität Berlin, und Prof. Klaus Völker, Rektor der Hochschule für Schauspiel Ernst Busch" Berlin.
Das ist reiner Zahlensalat, es gibt überhaupt kein Konzept, empörte sich FU-Präsident Prof. Dr. Peter Gaehtgens und mit ihm die Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen und Universitäten (LKRP) in einer Pressekonferenz am 18. September, in der die LKRP zur sogenannten Giftliste der Finanzverwaltung Stellung nahm. Diese Liste, die durch eine Indiskretion in der Woche vor den Bundestagswahlen an die Öffentlichkeit gelangte, sieht radikale Einsparungen im Landeshaushalt, insbesondere in den Budgets der öffentlichen Einrichtungen vor. Die staatlichen Zuschüsse an die Hochschulen sollen danach um 345 bis 516 Mio. Euro reduziert werden, was im schlimmsten Fall die Halbierung des Berliner Wissenschaftsetats bedeuten würde. Zwar stellte Finanzsenator Thilo Sarrazin klar, dass sich diese Einsparungen nicht vollständig erzielen ließen, gleichwohl distanzierte er sich aber nicht grundsätzlich von dem Papier, das angeblich noch aus der Amtszeit des ehemaligen Wirtschafssenators Pieroth stamme, wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit behauptete. Die LKRP warnte davor, mit derartigen Hiobsbotschaften den Wissenschaftsstandort Berlin kaputtzureden. Der bereits eingetretene Schaden für den Ruf Berlins als Stadt des Wissens werde trotz aller Dementis und Relativierungen der Koalitionsparteien SPD und PDS nicht wieder gutzumachen sein. Der Senat konterkariere mit dieser Politik die Bemühungen der Berliner Hochschulen, die fähigsten Köpfe in die Hauptstadt zu holen, erklärten die Rektoren und Präsidenten unisono. Frank Eveslage, Vizepräsident der Humboldt-Universität, berichtete in diesem Zusammenhang sogar von einer bereits gescheiterten Besetzung einer Juniorprofessur. Der Kandidat für die Professur, so Eveslage, habe seine Bewerbung ausdrücklich wegen der Unwägbarkeiten der Berliner Wissenschaftspolitik zurückgezogen. Eveslage: Wir haben dafür zu sorgen, dass die besten Lehrer und Forscher bei uns tätig sind. Aber in der gegenwärtigen Situation wird das immer schwieriger. Die gehen dann lieber in ein anderes Bundesland, wo die Bedingungen besser sind. Das ist demotivierend und frustrierend. FU-Präsident Gaehtgens verwies auf die fatalen Folgen für den Studienbetrieb, wenn künftige Studienbewerber, insbesondere jene aus Berlin, massenhaft abgewiesen werden müssten, wenn die Zahl der ausfinanzierten Studienplätze wie angekündigt tatsächlich von 85.000 auf 60.000 reduziert würde. Statt die Anziehungskraft, die Berlin vor allem auf junge Leute ausübe, durch eine kluge Wissenschaftspolitik zu erhöhen, schrecke der Senat Studieninteressenten mit seinen Sparankündigungen ab. Diese Politik stehe im krassen Gegensatz zu den öffentlichen Bekundungen der Koalitionsparteien SPD und PDS, die Studierquote deutlich zu erhöhen. Schon zum Wintersemester mussten wir 10.000 Studienbewerber abweisen, sagte Gaehtgens. Wenn wir noch weniger Studienplätze vergeben können, gibt es noch mehr Bewerber für die verbliebenen Plätze. Der Numerus Clausus wird immer höher und die Berliner Abiturienten haben kaum noch eine Chance, einen Platz zu bekommen. Wo soll das denn noch hinführen? Die Berliner Universitätspräsidenten und Hochschulrektoren kündigten einen heißen Winter für den Fall an, dass der Senat die Giftliste in die Tat umsetzen werde.
Uwe Nef
|