Ist die Anlage einer Datenbank für den genetischen Fingerabdruck, der die Ermittlungsarbeit bei Sexualstrafttaten erheblich erleichtern kann, überhaupt zulässig? Das war die Frage, die die Teilnehmer beim diesjährigen Verfassungsrechtlichen Moot Court umtrieb. Dr. Andreas von Arnauld, Dr. Oliver Dörr und Julia Platter, wissenschaftliche Mitarbeiter am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität und Organisatoren des fiktiven Gerichts, berichten nachfolgend über den Ablauf und die Ergebnisse der vierten Veranstaltung dieser Art.
Sieben engagierte Teams von Studierenden der Rechtswissenschaft hatten bereits seit Wochen mit den Rechtsfragen des Falles gerungen und dies mit Erfolg: Alle Teams boten inhaltlich und rhetorisch so qualifizierte Plädoyers, dass man kaum glauben konnte, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erst im zweiten Fachsemester studieren. Die Verhandlungen fanden über zwei Tage statt; die beiden besten Teams nahmen am Finale unter dem Vorsitz eines hohen Gastes aus Karlsruhe teil: Prof. Dr. Jutta Limbach, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und Kuratoriumsmitglied an der Freien Universität, ehrte durch ihren Vorsitz im Wettbewerbsgericht Teilnehmer wie Veranstalter gleichermaßen. Die Spielregeln am Moot Court sind immer dieselben: In einer gespielten mündlichen Verhandlung vor einem Verfassungsgerichtshof treten studentische Teams mit selbst erarbeiteten Plädoyers zu einem Fall aus der aktuellen verfassungsrechtlichen Diskussion gegeneinander an. In einer Redezeit von zwanzig Minuten muss dem Gericht eine überzeugende Darstellung der Position einer Partei des fiktiven Verfahrens geboten werden. Der besondere Clou dabei ist, dass jedes Team beide Positionen vertreten können muss und in jeder Rolle mindestens einmal anzutreten hat. Das Team, das aus vier bis sechs Studierenden besteht, kann sich allerdings die Arbeit aufteilen, so dass es jeweils Spezialisten für eine der zu vertretenden Positionen gibt. Jedes Team wird von einem wissenschaflichen Mitarbeiter des Fachbereichs bei der Vorbereitung des Falles beraten und unterstützt. Der Moot Court ist damit eine Lehrveranstaltung der anderen Art, bei der den Studierenden die Möglichkeit geboten werden soll, aus der Rolle des passiven Rezipienten herauszutreten. Stattdessen sollen sich die Studierenden in einer Weise dem Pflichtstoff nähern, die ihnen auch in ihrer späteren beruflichen Praxis zugute kommen wird.
Schwierige Abwägung
Der Fall beim vierten Moot Court drehte sich um den genetischen Fingerabdruck: Er kann als Beweismittel bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung die Ermittlungsarbeit gegen den Täter erheblich erleichtern. Eine solche Datenbank existiert in der Realität bereits seit zwei Jahren beim Bundeskriminalamt. In einem Ermittlungsverfahren dürfen dort Daten gespeichert oder darf erneut auf sie zugegriffen werden. In der politischen Diskussion wurde in den letzten Monaten jedoch wiederholt gefordert, die Anzahl der Personengruppen, von denen Daten erhoben und gespeichert werden dürfen, erheblich zu erweitern. Der fiktive Fall, den die teilnehmenden Teams zu bearbeiten hatten, griff diese Diskussion auf. Darf auch auf Landesebene eine solche Datenbank für die Landespolizei zulässigerweise parallel errichtet werden? Der Fall berührte schwierige Abgrenzungsprobleme zwischen den Bundes- und Landeskompetenzen, aber auch grundrechtliche Fragen.
Streng, aber gerecht: Jutta Limbach leitete das Finale ganz im Stile einer echten Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht.
Foto: Photopool
Nach den Vorrunden am 21. Juni stand fest, wer sich dem Wettkampfgericht im Finale unter dem Vorsitz von Frau Prof. Dr. Limbach präsentieren würde. Vor einem voll besetzten Hörsaal traf das Team der Studierenden Susanne Kaiser, Fabienne Rau und Fabian Stiller auf das gegnerische Quartett, bestehend aus den Studierenden Eylem Akyildiz, Matthias Bergmann, Desirée Goertz und Martin Manzel. Bundesverfassungsgerichtspräsidentin Limbach leitete das Finale ganz im Stile einer echten Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht, ließ aber indes auch den Wettbewerbscharakter nicht zu kurz kommen. Um die Schwierigkeit zu erhöhen, wurden die Vortragenden durch Fachfragen der Wettkampfrichter noch häufiger unterbrochen als schon in den Vorrunden. Besondere Punkte brachte es dabei den Teilnehmern, fachlich und rhetorisch geschickt zu antworten und dennoch die Plädoyers möglichst vollständig vorzutragen. Aus dem Finale ging das Team der Studierenden Kaiser, Rau, Stiller als Sieger hervor. Der eigens ausgelobte Preis des Besten Redners ging an Martin Manzel.
In der abschließenden Ehrung der Sieger und der Teilnehmer zeigte sich die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts beeindruckt von dem hohen fachlichen Niveau, das die Teilnehmer dieses Wettbewerbs dem Wettkampfgericht geboten hatten. Alle Teilnehmer wurden von ihr mit einem Buchpreis bedacht. Den Siegern winken Praktika bei der renommierten Berliner Kanzlei Eggers Rechtsanwälte, die den Moot Court diesmal auch finanziell und durch Ausrichtung eines Abschlussempfangs unterstützte.
Nach dem großen Erfolg in diesem und den vorangegangenen Semestern soll die Serie der Moot Courts weiter fortgesetzt werden. Auch Frau Limbach will ihrer Hochschule die Treue halten und stellte ihre Teilnahme in Aussicht.
Julia Platter, Dr. Andreas von Arnauld, Dr. Oliver Dörr
|