[Freie Universität Berlin] [FU-Nachrichten - Zeitung der Freien Universität Berlin]
 
  
TitelAktuellInnenansichtenLeuteWissenschaftStudierendeDie Letzte
FU Nachrichten HomeFU-Nachrichten ArchivFU Nachrichten SucheLeserbrief an die RedaktionImpressumHomepage der FU Pressestelle
Vorheriger Artikel...
Nächster Artikel...

Die lange Nacht der Wissenschaften

Im Rahmen des Projekts „Schulen im gesellschaftlichen Verbund“ werden die Erziehungswissenschaftlerinnen über einen Zeitraum von vier Jahren den Bildungserfolg eines Schulversuchs in Berlin und Bayern evaluieren.

Die Idee zu diesem Schulversuch stammt aus der alltäglichen Praxis und entstand bereits vor zehn Jahren in der Berliner Ferdinand-Freiligrath-Oberschule in Berlin. Als man dort erkannte, dass herkömmliche Unterrichtsformen am Desinteresse der Schüler scheiterten, begann man konsequent, schulisches Lernen an nicht-schulische Alltagssituationen zu binden.

 

Arenen ersetzen Klassenverband

Man schuf sechs so genannte „Arenen“ (Atelier, Markt, Bühne, Medien, Natur, Technik, Stadion) als Ersatz für den herkömmlichen Klassenverband, in denen sich Schüler unterschiedlicher Altersstufen in verschiedenen Herangehensweisen mit wechselnden Projektthemen beschäftigen. Beim Thema „Behausung“ werden zum Beispiel nicht nur Gebäudegrundrisse gezeichnet, sondern auch der Umgang mit digitalen Bildbearbeitungsprogrammen und die Anfertigung von Flächenberechnungen eingeübt.

Weitere Projektthemen sind beispielsweise „Einstudieren eines Theaterstücks“ oder „Erstellung einer Dokumentation über Jugendeinrichtungen“. Außerschulische Experten wie Künstler, Handwerker, Sportler oder Computerfachleute gestalten zusammen mit den Lehrern einige Stunden in der Woche und tragen reale Problemstellungen in die „Arenen“ und bringen auch ihre Qualitätsansprüche von „draußen“ mit. Das fand das Interesse des Autoherstellers BMW, der das wegweisende Projekt jahrelang nicht nur mit finanziellen Mitteln, sondern auch durch die Bereitstellung von Experten aus der Ausbildungswerkstatt des Berliner Werks unterstützte.

Der Konzern regte auch an, den Berliner Versuch auf bayerische Verhältnisse zu übertragen. Seit letztem Jahr ist das Projekt an den vier bayerischen BMW-Standorten angelaufen. Hier liegt neben der Evaluation der Ergebnisse der zweite Interessensschwerpunkt des Projektteams, denn sie helfen auch bei der Implementation des Schulversuchs, erstatten Bericht über ihre bisherigen Erkenntnisse und geben damit wichtige Hinweise für eine verbesserte Praxis an den Schulen. Sie sorgen für Kommunikation zwischen den Projekten, helfen bei den Anträgen an die Schulverwaltung und beantworten so wichtige Fragen wie: Auf welche Weise können die vorgegebenen Unterrichtsinhalte der Rahmenpläne, die natürlich weiterhin gelten, innerhalb der Arenen abgehandelt werden? Aus der engen Verbundenheit der BMW Group mit dem Reformversuch resultiert auch die finanzielle Unterstützung des Evaluierungsprojekts an der Freien Universität.

Drei pädagogische Prinzipien sind für das Schulprojekt konstitutiv: Die realen oder realitätsnahen Aufgabenstellungen orientieren sich am Prinzip der Situiertheit. Durch die Beteiligung von Experten aus der beruflichen Praxis und durch die Realisierung von öffentlichen Veranstaltungen wie Ausstellungen und Aufführungen wird das Prinzip der Authentizität realisiert, und die verschiedenen Formen der in den Lerngruppen praktizierten Gruppenarbeit sind Ausdruck des Prinzips der Kooperation.

Der Versuch steht in der Nähe von didaktischen Modellen, die vor dem Hintergrund der Theorien der „Situierten Kognition“ entwickelt wurden. Danach ist Wissenserwerb nicht ablösbar von konkreten sachlichen und sozialen Kontexten.

Die populäre Vorstellung vom Erwerb der oft beschworenen „Schlüsselqualifikationen“, die nicht an konkrete Inhalte gebunden sein sollen, erscheint aus dem Blickwinkel dieser Theorie kaum haltbar. Trotz aller theoretischen Überzeugungskraft bedürfen die didaktischen Konzepte noch der wissenschaftlichen Untermauerung.

Der Berliner Schulversuch und sein bayerisches Pendant sind optimale Untersuchungsgegenstände für die Schulforschung, dies zu tun.

Lernerfolg ist mehr als Fachwissen

Ob die Kinder wirklich genauso viel lernen wie in einer normalen Schule, fragen sich nicht nur die Eltern der betroffenen Schüler. Das Forscherinnenteam um Professor Lenzen wird während der Laufzeit des Projekts den Lernerfolg anhand standardisierter Tests mit dem Lernerfolg einer herkömmlichen Schule vergleichen. Dass dabei nicht einfach nur Fachwissen abgeprüft werden muss, versteht sich von selbst, denn Bildungserfolg versteht das Team als generalisierte Lernbereitschaft und Lernkompetenz, die sich aus dem Zusammenspiel verschiedenster Komponenten entwickelt, von denen die Fachleistung nur eine unter vielen ist. Auch Hilfestellung für die Lehrer soll im Rahmen des Projekts angeboten werden, denn das situierte Lernen in den Arenen stellt zwar ein Gegenmodell zum Frontalunterricht dar, bedeutet aber nicht, dass die Aufgaben des Lehrers in diesem Prozess schwinden.

Ganz im Gegenteil: Die Ansprüche an die Lehrer steigen eher. Sie müssen immer wieder neu entscheiden, an welchen Punkten sie eingreifen und wie sie eine die Schüler zum Lernen motivierende Atmosphäre schaffen. Auch die Auswirkungen auf die Lehrer werden daher innerhalb des Projektes durch Interviews miterfasst und in Bezug auf die Bedingungen, die zum Gelingen eines solchen didaktischen Modells beitragen, untersucht. In gut drei Jahren wird man wissen, ob es sinnvoll ist, wenn Lehrer nicht mehr alleine in den „Ring“ steigen, sondern zusammen mit Experten die „Arena“ betreten. Vielleicht der große Auftritt eines neuartigen Bildungsmodells.

Niclas Dewitz

Voller Erfolg

Aus der Sicht des Instituts für Vorderasiatische Altertumskunde war die Lange Nacht der Wissenschaften ein voller Erfolg. Viel mehr als die gezählten 308 Besucher hätten es bei der vorhandenen Infrastruktur gar nicht sein dürfen. Wir haben das Gefühl, dass wir erreicht haben, was erreicht werden sollte und was wir erreichen wollten: Die Direktansprache des Publikums in verständlicher Form durch eine immerhin einstündige Vortragsführung, in der viel diskutiert wurde und die deshalb meistens länger dauerte, sowie durch die Präsentation der Arbeitsplätze und ihrer Mitarbeiter. Dazu wurden umfassende Informationen über das Ausgrabungsprojekt in Syrien, archäologische Methoden und den Landschafts- und Umweltraum Syrien durch Bildausstellung, Videofilm und Diashow geboten. Wartezeiten wurden von den Besuchern nicht übel genommen, weil man sich in der Café-Bar Dur-Katlimmu stärken und aufwärmen konnte. Auf diese Weise herrschte eine freundliche, fast persönliche Atmosphäre. Wir haben ausschließlich positive Reaktionen erfahren. Die Archäologie wurde entzaubert und als ernst zu nehmende historische Kulturwissenschaft vermittelt – bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer Faszination und ihres Charmes. Wir sind sehr geneigt, die Teilnahme an der Langen Nacht der Wissenschaften zu wiederholen, allerdings sollte wegen des Wetters und der vorlesungsfreien Zeit ein früherer Termin gefunden werden.

Prof. Dr. Hartmut Kühne


Lebendige Diskussionen

Die Lange Nacht der Wissenschaften war aus meiner Sicht ein voller Erfolg. Sie hat sich als sehr gute Gelegenheit erwiesen, Bürgerinnen und Bürger mit den wissenschaftlichen Einrichtungen ihrer Stadt, ihres Stadtviertels oder ihrer unmittelbaren Nachbarschaft in Kontakt zu bringen. Von diesem Angebot ist nicht nur in überraschend großer Zahl, sondern auch sehr interessiert und sehr konzentriert Gebrauch gemacht worden. Weit davon entfernt, nur einmal kurz unverbindlich reinschauen zu wollen, haben sich die Besucher mit den dargebotenen Inhalten intensiv auseinandergesetzt und bei unseren Veranstaltungen im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft eine lebendige Diskussion geführt. Gefreut haben wir uns natürlich auch über den Besuch der Wirtschaftssenatorin Freifrau von Friesen, die an der Veranstaltung „Unternehmenstheater und betriebliche Veränderungsprozesse“ teilgenommen hat.

Prof. Dr. Georg Schreyögg

Zum Anfang des Artikels...