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Soziolinguisten ergründen unbewusste Veränderungen der sprachlichen Normen
Jenseits von Broiler und Positionierung

   
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Soziolinguisten ergründen unbewusste
Veränderungen der sprachlichen Normen


Jenseits von Broiler und Positionierung

Wie schlagen sich die sprachlichen Differenzen von Ost- und Westdeutschen in der gemeinsamen Verständigung nieder? In welcher Geschwindigkeit und in welche Richtungen vollzieht sich Sprachwandel? Im Vordergrund der meisten sprachwissenschaftlichen Untersuchungen der Nachwendezeit stehen die lexikalischen Anpassungsleistungen von Ostdeutschen an situationstypische westliche Sprachkonventionen.

Der Soziolinguist Prof. Dr. Norbert Dittmar von der Freien Universität Berlin wählte einen anderen Weg. 1993/94 verfolgte er mit einem studentischen Team – finanziell unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft – die unbewußten Spuren der Veränderungen im Sprachgebrauch der Ostdeutschen nach der Wende (Manifestierung des Umbruchs in der Sprache). Sein Forschungsinteresse galt vorrangig den Veränderungen der syntaktischen Strukturen, die der bewussten Kontrolle der Sprechenden weitgehend entzogen sind. Fündig wurde er auf der Ebene des Partikel- und Konjunktionengebrauchs. So wertet Dittmar die nachgewiesene Übernahme der Modalpartikel "halt" in den Ostdeutschen Sprachgebrauch, die heute neben der früher allein üblichen Modalpartikel "eben" verwandt wird, als klares Indiz für eine unbewusste Anpassung syntaktischer Planungsmuster an den westlichen Stil. Auch der zunehmende Ersatz der nebenordnenden Konjunktion "denn" durch "weil" (in Verbindung mit Verbzweitstellung) und die umbruchspezifische Verwendung von "eigentlich" sind nach Auffassung des Wissenschaftlers typische Beispiele für einen fortschreitenden Sprachwandel. Darüber hinaus werden typische kommunikative Muster des Umbruchdiskurses analysiert.

Diese Phänomene beschreibt Dittmar u.a. in seinem neuen Buch mit dem Titel "Die Sprachmauer", das im November im Weidler-Verlag erschienen ist. Der Band ist ein sprachsoziologischer und diskursanalytischer Streifzug durch 60 Gespräche mit Menschen aus Ost- und Westberlin über den Mauerfall, die tagespolitischen Ereignisse zur Wendezeit, über Ossi- und Wessi-Identitäten, Erfahrungen mit Vergangenheit und Gegenwart sowie über Mode und Markt.

fup