Die Beiträge wurden als Referate auf dem Symposium anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr. Ludger Schiffler gehalten und diskutiert.
Klicken Sie die Namen an, um zu einer kurzen Zusammenfassung des jeweiligen Aufsatzes/Vortrags sowie der anschließenden Diskussion zu gelangen.
Die folgenden Zusammenfassungen der Vorträge sind in leicht
veränderter Form dem Vorwort des Buches zum Symposion (Neveling,
Christiane (2002) (Hrsg.): Perspektiven für die zukünftige
Fremdsprachendidaktik.Tübingen: Gunter Narr Verlag.) entnommen.
In Bezug auf die Diskussionsbeiträge ist drauf hinzuweisen, dass
versucht wurde, sich auf das Wesentliche zu beschränken.
Richtigstellungen werden gerne entgegengenommen: juliasek@zedat.fu-berlin.de
1.Prof. Dr. Wolfgang Butzkamm: Sprachlehrmethodik auf dem Wege zur Wissenschaft
Wolfgang Butzkamm äußert in seinem Vortrag die Forderung, fremdsprachendidaktische Theorien in Form von kleinschrittigen, detailgenauen und evidenzbasierten Lehrtechniken zu konkretisieren. So kann vermieden werden, dass “Kunstfehler“ auftreten und dass alt gediente, erfolgreiche Lehr- und Lerntechniken und wissenschaftliche Erkenntnisse ohne empirische Überprüfungen durch didaktische “Modeströmungen“ ersetzen werden. Der Autor demonstriert dies anhand eines Anwendungsbeispiels für eine Textrezeption mit anschließender szenischer Darstellung im Französischen und nennt als Endziel das Variieren, Inszenieren und Improvisieren von Dialogen.
Diskussionspunkt 1: Wie erfolgreich ist bilingualer Unterricht, wenn sich die Klassen
heutzutage aus Schülern unterschiedlichster Nationalität und Muttersprache
zusammensetzen? Müsste dann nicht multilingual unterrichtet werden? (Christ)
Antwort: In der Schule hat sich dies bisher nicht als Problem herausgestellt. Anders ist es
beispielsweise im DaF (Deutsch als Fremdsprache) Unterricht an der
Universität. Hier müsste in der Tat im Idealfall multilingual
unterrichtet werden. Dies wäre z.B. dadurch zu realisieren, dass
die Texte einmal von bi- oder multilingualen Teilnehmern in ihre
Muttersprache übersetzt würden und dann immer zur
Verfügung stünden. (Butzkamm)
Diskussionspunkt 2: Die PISA-Studie ist ein Beispiel für eine Untersuchung, der es an
Empirie mangelt. Denn es wurde nicht berücksichtigt, mit welcher
didaktischen Methode jeweils unterrichtet wurde. Nach wie vor stehen
dem empirischen Forschen
in der Didaktik nicht genügend finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung. (Brandt)
Antwort: Es gibt Möglichkeiten, an finanzielle Mittel heranzukommen, wie z.B. offizielle Ausschreibungen, für die man sich bewerben kann. Außerdem besteht immer die Möglichkeit, Studierende mit in die Schule zu nehmen oder umgekehrt eine Schulklasse exemplarisch auf einem Kongress zu unterrichten, was bisher nur auf dem Aachener Kongress praktiziert wurde und bedauerlicherweise keine Nachahmer gefunden hat. (Butzkamm)
Diskussionspunkt 3: Bei dem Vortag blieb offen, welche Ziele die Sprachlehrmethodik des
21. Jahrhunderts verfolgt. (Zydatiß)
Antwort: Die Ziele sind in den vergangenen Jahren ausreichend diskutiert und formuliert worden, so dass es müßig wäre, diese Diskussion in diesem Rahmen erneut aufzugreifen. (Butzkamm)
Diskussionspunkt 4: Was die Notwendigkeit der Bestandssicherung angeht, stellt sich die
Frage, was diesen Bestand ausmacht und wie weit man dafür in der Geschichte
zurückgehen muss bzw. ab wann und wo von Innovation gesprochen werden kann.
(Leupold)
Antwort: Ein Beispiel für eine sinnvolle Weiterentwicklung ist das generative Prinzip, d.h.
Sprache als das Phänomen zu begreifen, mit endlichen Mitteln unendlich kombinieren
zu können. (Butzkamm)
Herbert Christ zeigt nach einer Charakterisierung des Status quo der Sprachlehr- und -lernforschung sechs aktuelle und prospektive Dimensionen auf, die für das Fremdsprachenlehren und -lernen künftig eine zentrale Rolle spielen werden: das Lebens-alter, die “Sprachigkeit“, Biographie, die Kulturalität, die Lernräume und Lernaufgaben. Als Konsequenz mahnt der Autor, trotz der vielen verschiedenen Strömungen in der Fremdsprachendidaktik den Überblick über die gesamte Disziplin zu behalten. Gefordert wird ferner, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen, in denen Lehre und Forschung von Fremdsprachendidaktik stattfindet, zu verbessern und die Sprachlehrforschung als einen Teil eines Verbundsystems zu betrachten, welches aus Sprachenlernen und -lehren, den genannten Institutionen und den Kultur- und Sozialwissenschaften besteht.
Diskussionspunkt 1: Sind im europäischen Referenzrahmen Spuren deutscher
Fremdsprachendidaktik zu finden? (Leupold)
Antwort: Nein, vor allem, weil fast keine deutschen Fremdsprachendidaktiker an der
Erstellung des Referenzrahmens beteiligt waren. Außerdem wird die östliche Literatur,
die deutsche eingeschlossen, schon aus sprachlichen Gründen oftmals kaum zur
Kenntnis genommen. Dies ist bedauerlich, denn zumindest das Konzept der
Mehrsprachigkeitsdidaktik sowie das des interkulturellen Lernens hätten
berücksichtigt werden sollen. (Hr. Christ)
Antwort: Außerdem hätte die handlungsorientierte Dimension im Sinne von „Ich habe
...getan“ statt wie bisher „Ich kann...“ aufgenommen werden sollen. (Bergfelder-
Bohm)
Antwort: Die deutsche Perspektive hat immerhin im Portfolio in Form des
Sprachenpasses und der Sprachlernbiographie Eingang gefunden. (Fr. Christ)
Reinhold Freudenstein nennt drei in der Vergangenheit verpasste Chancen in der Fremdsprachendidaktik, die sich auf die reale Kommunikationsorientierung, die Straffung der Lehrgänge und das Lehrbuch als Hauptunterrichtsmaterial beziehen. Als Ursachen für dieses Scheitern sieht er vor allem den mangelnden Reformwillen der Pädagogen sowie die Zurückhaltung der Ministerien bei der Einführung von neuen Modellen. Fünf Aufgaben erachtet der Autor für die Zukunft als elementar: die Verstärkung des Frühbeginns und folgerichtig den bilingualen Unterricht, das Finden von Alternativen zum Lehrbuch, die Einführung von “Sprachenpässen“ anstelle von Noten und schließlich das Aufgeben des traditionellen Grammatiklernens.
Diskussionspunkt 1: Die Frage ist, wie man den Schülern Lust zum Fremdsprachenlernen
machen kann? Meiner Meinung nach stellt die Grundschule als pressionsfreier Raum, in
dem die Schüler Sprache als etwas zu Entdeckendes kennen lernen könnten, ein wichtiges
und bisher nicht ausreichend genutztes Feld dar.
Ich wende mich gegen Ihre negative Einschätzung des Literaturunterrichts. In
fortgeschritteneren Lernjahren kann gerade auch Literatur Lust an der Sprache
wecken. Es kommt dabei nur auf die richtige Herangehensweise an, bei der man von
abstrakten und komplexen Analyseverfahren absieht, evtl. auf Literatur, die in
Alltagssprache verfasst ist, zurückgereift oder die Schüler selbst Literatur produzieren
lässt. (Rück)
Diskussionspunkt 2: Muttersprachler können die Schwierigkeiten der Schüler oftmals
nicht ausreichend nachempfinden und neigen deshalb dazu, sie zu überfordern.
(Rück)
Bei der Forderung nach einem vermehrt von Muttersprachlern durchgeführten
Fremdsprachenunterricht ist zu berücksichtigen, dass Umfragen gezeigt haben, dass
diese von Schülern weder als kompetenter noch als didaktisch besser eingestuft
werden. (Butzkamm)
Antwort: Diese Einschätzung beruht darauf, dass den muttersprachigen Lehrern oftmals
nicht die passende Ausbildung zuteil wurde. (Freudenstein)
Diskussionspunkt 3: Notengebung ist durchaus sinnvoll, sie muss nur richtig, d.h. gerecht
stattfinden. (Brandt)
Diskussionspunkt 4: Ein grammatikfreier Unterricht überzeugt mich nicht. Grammatik ist
wichtig und hilfreich, solange sie richtig eingesetzt wird. (Brandt)
Eynar Leupold schlägt vor auf Grund der modifizierten
äußeren Bedingungen des Lernfeldes
“Fremdsprachen“ das Marketing als neue Bezugswissenschaft
für die Fremdsprachendidaktik zu nutzen. Da aus der Marktanalyse
der Fremdsprachen eine zunehmende Konkurrenz der außerschulischen
Angebote resultiere, entwirft der Autor nach den gängigen
Marketingtheorien ein Vermarktungskonzept für das Lernen von
Fremdsprachen in der Schule. Im Rahmen der Kategorien product, place,
promotion und price legt er die Marktvorteile dar und drängt auf
eine rasche Umsetzung der Vermarktungsstrategien, um die Situation des
schulischen Fremdsprachenunterrichts, insbesondere im Fach
Französisch, zu verbessern.
Diskussionspunkt 1: Man kann den Wunsch zum Erlernen eine Fremdsprache nicht mit dem
Wunsch, ein Auto zu kaufen, vergleichen.
Die Schüler, die VHS- und Ferienkurse besuchen, sind ohnehin
motivierte und begabte Fremdsprachenlerner. Das Problem sind die
weniger begabten Fremdsprachenlerner. Die Frage ist immer wieder: Ist
unsere didaktische Ausbildung gut genug? (Brandt)
Das Marketing-Konzept auf die Schule zu übertragen ist zwar interessant, aber wenig hilfreich, da hier vor allem die Person des Lehrers und wie er sein Fach unterrichtet zählt. (Butzkamm)
Antwort: Genau aus diesem Grunde ist eine Personal- und Unterrichtsanalyse an jeder Schule nötig. Denn Innovationsprozesse scheitern oft an Personen. (Leupold)
Günther Zimmermann verdeutlicht die Notwendigkeit eines professionellen Wissensmanagements sowohl für den Fremdsprachenerwerb (Lernerperspektive) als auch für die Fremdsprachenforschung und –didaktik. Nach einer Analyse der Begriffe “Wissen“ und “Wissensmanagement“ erörtert der Autor in Anlehnung an Erfahrungen aus der Wirtschaft die Möglichkeiten, im Fremdsprachenunterricht vom Wissens-erwerb zur Wissensanwendung zu gelangen. Er plädiert dabei für eine Balance zwischen Lerner-Konstruktion und Lehrer-Instruktion und entwirft nach dem Konzept des cognitive apprenticeship ein Beispiel für den Grammatikunterricht. Für die Ebene der Fremdsprachenforschung und -didaktik wird ein optimiertes Wissensmanagement vorgeschlagen, bei dem das IFS als zentrale Dokumentations- und Informationsstelle ausgebaut werden könnte.
Diskussionspunkt 1: Es reicht nicht aus, lediglich festzustellen, dass Französisch unbeliebt ist.
Viel wichtiger ist es zu fragen, warum dies der Fall ist und warum umgekehrt
französische Schüler nicht gerne Deutsch lernen. Spielen dabei nicht auch Emotionen
eine große Rolle? (Lück-Hildebrandt)
Antwort: Französisch ist vor allem wegen der grammatikzentrierten Methodik, mit der es
unterrichtet wird, so unbeliebt.
Selbstverständlich spielen bei der Frage nach der Motivation auch Emotionen eine
entscheidende Rolle. So reagierten bei einer Umfrage 75% der Schüler emotional
negativ auf die Frage bezüglich ihrer Haltung zu Grammatik. (Zimmermann)
Diskussionspunkt 2: Die Methode des cognitive apprenticeship klingt zunächst plausibel,
müsste allerdings noch in Vergleich zu anderen Methoden gesetzt werden, um ihre
Überlegenheit zu beweisen. (Butzkamm)
Die Frage ist, ob man diese Methode auf alle Bereiche übertragen kann oder ob nicht
je nach grammatischem Thema unterschiedliche Methoden angewandt werden sollten.
(Franke)
Ungeklärt ist, welchen Vorteil diese Methode dem Fremdsprachenlerner und –lehrer bringt? (Christ)
Antwort: Die Methode des cognitive apprenticeship ist als ein Vorschlag von Experten zu
verstehen, auf den Schüler und Lehrer nicht alleine kommen, und der durch
andere Methoden ergänzt werden kann. (Zimmermann)
Diskussionspunkt 3: Worin besteht der Unterschied zwischen cognitive apprenticeship und
der Methode des induktiven Lernens? (Franke)
Antwort: Der Vorteil des cognitive apprenticeship besteht in der Bewusstmachung des
Lernprozesses, der Lernstrategien und Lernstile auf Seiten des Schülers.
(Zimmermann)
Jean-Pol Martin demonstriert anhand konkreter Projekte, wie er Schüler und Studenten auf die Wissensgesellschaft vorbereitet. Dabei betrachtet er den Fremdsprachenunterricht zunehmend als Ort, an dem Wissen nicht mehr vom Lehrer geordnet und linear aufgenommen werde, sondern die Lerner selbst erst den Lernstoff zusammentragen und a posteriori organisieren. Laut Martin wird die zukünftige Wissenskonstruktion durch Unterricht am besten in einer vierphasiger Projektform initiiert und gefördert. Der Autor stellt zwei Fälle erfolgreicher Wissenskonstruktion mit Hilfe eigens aufgebauter online communities vor: ein Diskussionsforum einer 9. Klasse und eine vom Verfasser selbst durchgeführte Reise nach New York. Für die von einer online community getragene Wissensbeschaffung und -organisation zu einem konkreten Thema schlägt er den Begriff “Wissenscontainer“ vor.
Der Vortrag fiel wegen Krankheit aus.
Franz-Joseph Meißner deckt die Lücken der derzeitigen Fremdsprachenausbildung auf, aus denen die Notwendigkeit erwächst, eine adäquate Didaktik für den universitären Fremdsprachenunterricht zu entwickeln. Professioneller Fremdsprachenunterricht an der Hochschule sei gerade für angehende Fremdsprachenlehrer wichtig, weil Lehrer bekanntlich eher ihr eigenes Unterrichtserlebnis reproduzieren als ihre erworbenen Lehrfertigkeiten anzuwenden. Insbesondere müssten eigene, nach den unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen, Studiengängen und differenzierte Curricula erstellt werden. Ferner diskutiert der Autor alternative Prüfungsmodi und schlägt fünf relevante Faktoren zu deren Qualitätsverbesserung vor.
Der Vortrag fiel wegen Abwesenheit aus. Herr Schiffler schlug vor,
den folgenden Vortrag unvorbereitet einzuschieben.
Herr Schiffler zeigt in seinem Vortrag die Bedeutsamkeit neuerer
neurophysiologischer Untersuchungen des Gehirns für das
Fremdsprachenlernen auf. PET-Untersuchungen, die er auf Video zeigt,
haben ergeben, dass einige der Verbindungen zwischen Broca- und
Wernicke-Zentrum interhemisphärisch verlaufen, so dass nicht nur
das links gelegene Sprachzentrum, sondern auch der
rechtshemisphärisch gelegene Temporalkortex, der für
visuelles Erkennen verantwortlich ist, aktiviert wird. Herr Schiffler
zeigt anhand eines weiteren Videos, welche Gehirnregionen bei
Gehörlosen aktiviert werden und extrapoliert, dass die
gleichzeitige Aktivierung von Broca- und Wernicke-Zentrum zu einer
besseren Behaltensleistung beim Fremdsprachenlernen führt. Er
verweist darauf, dass diese Überlegungen 2001 unter dem Titel
„Recent neuro-physiological studies of the brain and its
relations to foreign language learning“ in IRAL 40/4, 327-332,
veröffentlicht wurden.
In einem weiteren Video zeigte er, mit welchen Strategien er bei
Schülern einer Klasse 10 mit Französisch als 3. Fremdsprache
hohe Lernleistungen erzielte. Die Schüler lernten in einer
Zeitstunde im Durchschnitt 83 neue Vokabeln in 55 Sätzen, wie die
deutsch-französische Kontrollphase zeigte. Anschließend
erfanden sie mit den gelernten Vokabeln eigene Geschichten und
hörten die Lektion auf Tonträger, wobei sie die neuen
Vokabeln in einen Lückentext einsetzten mussten. Die angewendeten
Lernstrategien werden in dem 2002 erscheinenden Buch Schifflers
Fremdsprachen effektiver lehren und lernen – Beide
Gehirnhälften aktivieren bei Auer veröffentlicht.
Diskussionspunkt 1: Die Vorschläge sind vor allem gut für lernschwache Schüler. Was ist mit
den Sprachbegabten? Wie ist das limbische System einzuordnen? (Rück)
Antwort: Durch den hohen Input, d.h. die hohe Anzahl der zu lernenden kontextuellen
Wörter, werden gerade die lernstarken Schüler gefordert. Die Lernschwachen werden
durch andere Lerntechniken wie Körperlernen, helfende Partnerarbeit, Chorsprechen
etc. in den Unterricht mit einbezogen. Werden diese Vorgehensweisen richtig
eingesetzt, steigt das Selbstvertrauen des Schülers, was wiederum die Motivation
fördert. Das limbische System wird ferner durch den Einsatz der „helfender
Partnerarbeit“ berücksichtigt. Dadurch wird nämlich die „Lageorientierung“, die
Zimmermann durch Introspektion bei Lernschwachen festgestellt hat, vermieden.
(Schiffler)
Diskussionspunkt 2: Die Frage ist, ob die Lokalisationsforschung tatsächlich eine Hilfe für die
Fremdsprachendidaktik darstellt, oder ob es sich dabei nicht um rein biologische
Prozesse handelt, die man nicht kausal mit Lernen in Verbindung bringen kann.
(Wendt)
Antwort: Zugegebenermaßen beruhen die Experimente auf meiner Extrapolation
neurophysiologischer Forschungsergebnisse. Aus diesem
Grunde wäre es sehr zu befürworten, dass andere Fremdsprachenlernmethoden ebenso
unter dem Aspekt neurophysiologischer Forschungsergebnisse untersucht würden.
Diskussionspunkt 1: Es gibt viele Eltern und Schüler, unter ihnen auch gerade solche, die sich
in ihrer Freizeit gerne mit Computern beschäftigen, die sich gegen den Gebrauch von
PCs im Unterricht aussprechen.
Antwort: Innovationen wird zunächst immer eine gewisse Skepsis entgegengebracht. Diese
Einstellung kann sich jedoch ändern, wenn der Computer richtig, das heißt
handlungsorientiert eingesetzt wird. (Hr. Schiffler)
Antwort: Ich habe eine Schule in North Carolina besucht, in der nicht nur das Lehrerzimmer
sowie jeder Klassenraum mit Computern, an denen die Schüler regelmäßig Aufgaben
lösen mussten, ausgestattet war, sondern sogar die Hausaufgaben und sonstige
Mitteilungen den Schülern per e-mail übermittelt wurden. Computer waren dort eine
Selbstverständlichkeit, die wie die Tafel zum Schulalltag gehörte. (Fr. Schiffler)
Diskussionspunkt 2: Die Gefahr beim häufigen Gebrauch von Computern in der Schule
besteht darin, dass deren Einsatz ähnlich wie oftmals die Verwendung von
Lehrbüchern („Dann schlagt mal das Lehrbuch auf...“) dazu missbraucht wird, einen
eintönigen und für den Lehrer wenig aufwendigen Unterricht durchzuführen.
Antwort: Auf diese Gefahr weisen Sie völlig zu Recht hin. Wenn wir den Computer nicht mit
einem auf interaktive Kommunikation in der Lerngruppe ausgerichteten Unterricht
koppeln oder ihn nicht zu Projekten nutzen, wie ich sie gerade mit Hilfe des Internets
dargestellt habe, tritt genau das ein, was Sie befürchten. (Hr. Schiffler)
Volker Raddatz zeigt, dass sich Theorie und Praxis in der Schulpolitik sowie in der Fremdsprachendidaktik zwar in den letzten Jahren angenähert haben, darüber hinaus jedoch weiter zu verknüpfen sind. So müssten sich die Fachwissenschaft und die Fachdidaktik gemeinsam an den Praxisbedürfnissen orientieren. Der Autor prüft, welche Kategorien als schulische Lernziele zukunftstauglich sind, und kommt zu dem Schluss, dass insbesondere die Fähigkeit zum interkulturellen Lernen (d.h. zur kritischen Selbstreferenz, Empathie und Stereotypenbehandlung) und zur Selbststeuerung der Lernprozesse für heutige Lerner zentral seien. Die praktische Umsetzung dieser Lernziele könne durch offene Unterrichtsformen, eine konstruktive Fehlerbehandlung, den Anspruch auf Authentizität sowie das Einrichten von Fremdsprachen-Portfolios sinnvoll realisiert werden.
Diskussionspunkt 1: Die Konzepte des interkulturellen Lernens werde zu verkürzt dargestellt.
Wo werden beispielsweise affektive Lernziele berücksichtigt?
Antwort: Selbstverständlich sind neben kognitiven und prozeduralen auch die
affektiven Lernziele zu berücksichtigen. Beispiele wären ein gutes Sozialverhalten
sowie Toleranz und Sensibilisierung für das Fremde schlechthin oder ein gut
ausgeprägtes Kooperationsverhalten. (Raddatz)
Diskussionspunkt 2: Ist die Anfertigung von Lerntagebüchern nur der Selbstreflexion der
Schüler dienlich oder kann sie auch aus fachdidaktischer Sicht interessant sein?
Antwort: In einem Seminar, in dem Lerntagebücher untersucht wurden, stellte sich heraus,
dass diese durchaus auch qualitativ hochwertige und somit für die Fachdidaktik
interessante Einträge enthielten. (Raddatz)
Antwort: Wenn Innovationen wie Lerntagebücher vorgestellt werden, sollte man nicht an
erster Stelle nach empirischem Material fragen, dass deren Erfolg belegt, da dies die
Anwendung innovativer Methoden bremst. In der Praxis werden Lerntagebücher
schon relativ lange genutzt, so dass man seine Fragen viel mehr an die Schulpraxis
richten sollte. (Lück-Hildebrandt)
Heribert Rück plädiert für einen Beginn des Fremdsprachenlernens im Vorschulalter oder ab Klasse 1. Der Autor beschreibt die Entwicklung des Konzepts “Frühbeginn“, angefangen von der Grundidee Steiners bis hin zu den Projekten der siebziger Jahre in Deutschland. Einer ausführlichen Darstellung und Bewertung der wichtigsten praktizierten Ansätze (grundschulpädagogischer und interkultureller Ansatz, bilinguales Modell) folgt die Analyse der gegenwärtigen Situation, die durch eine große Vielfalt einerseits und ein Bedürfnis nach Konsens und Richtlinien andererseits gekennzeichnet ist. Für die Zukunft des Unternehmens “Frühbeginn“ hält der Autor es für ein dringliches Desiderat, die Lehrerausbildung – gerade für angehende Lehrende im Frühbeginn – zu professionalisieren und dabei insbesondere den sprachlichen Zugewinn zu verstärken. Auch für die frühbeginnenden Kinder soll ein erkennbarer sprachlicher Zuwachs im Zentrum stehen.
Diskussionspunkt 1: Anstatt den Versuch des Fremdsprachenfrühbeginns im Keim zu
ersticken, wünsche ich mir mehr Unterstützung auf Seiten der Universität. (Lück-
Hildebrandt)
Diskussionspunkt 2: Worin bestehen die Vorteile des Begegnungsunterrichts mit seinem
spielerischen Ansatz gegenüber einem systematischen Unterricht? (Brandt)
Antwort: Ich wünsche mir die Verbindung eines spielerischen Ansatzes mit einer gewissen
Systematik im Sinne einer progressiven Kommunikation mit impliziter
Grammatikvermittlung durch einen gezielten Input. Ein Unterricht nach dem
Muster der klassischen Progression lässt sich in der Grundschule allerdings nicht
realisieren. (Rück)
Diskussionspunkt 3: Das Problem bei der Umsetzung bilingualen Lernens besteht darin, dass
ein Konzept fehlt – vor allem was die Weiterführung bilingualer
Grundschüler in die Sekundarstufe I angeht – und zum anderen darin, dass
hervorragend qualifizierte ausländische Lehrer wegen Unterbezahlung zunehmend
abwandern.
Roman Lewicki plädiert für eine rezeptive Mehrsprachigkeit in Europa. An der Universität Breslau wurde unter seiner Leitung ein neues Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache entwickelt, in dem aktuelle (Spracherwerbs-)Theorien (Mehrsprachigkeit, Nutzen der L1, language and cultural awareness, Konstruktivismus) und didaktische Prinzipien (Handlungs- und Problemorientierung, ganzheitliches Lernen) umgesetzt worden sind. Der Autor stellt in seinem Beitrag die vierstufige Konzeption des Lehrwerks vor, die u.a. eine kognitionspsychologisch fundierte Grammatikvermittlung und ein Programm zur Vermittlung von Lernstrategien enthält.
Der Vortrag fiel wegen Krankheit aus.
Wolfgang Zydatiß sieht derzeit eine doppelte Gefahr für die Qualität des Fremdsprachenunterrichts. Zum einen befürchtet er, dass sich das “materielle Substrat“ des Fremdsprachenunterrichts derart verschlechtere, dass gute Reformideen nicht realisiert werden könnten, zum anderen, dass sowohl in der fachdidaktischen Theorie als auch in der Unterrichtspraxis das funktionale Sprachkönnen unterbewertet wird. Im einzelnen enthüllt der Autor zwölf derzeit vorherrschende, gravierende Fehleinschätzungen (“Mythen“), die sich in den folgenden Problembereichen ansiedeln: Sprachkönnen der Kinder nicht-deutscher Herkunft, Einschulungsalter, Differenzierung in der Grundschule u.a. für die Einführung der 1. Fremdsprache, Strukturenlernen beim Frühbeginn und beim immersiven Zweitsprachenerwerb, Notwendigkeit von Grammatikvermittlung, Bewusstmachung im Fremdsprachenunterricht, Fachunterricht in einer fremden Arbeitssprache, gezielte Sprachvermittlung und Testverfahren im Fortgeschrittenenunterricht, Notwendigkeit einer dialogisch-interaktiven Kommunikation.
Diskussionspunkt 1: Strukturen sollten nicht in Form von Instruktion, sondern als Hilfe zur
Konstruktion eingesetzt werden. Das Schriftbild ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel.
(Rück)
Antwort: Genau deshalb ist die gelegentlich geäußerte Forderung, die Schrift erst ab Klasse 3
einzuführen „schwachsinnig“. „Immersionskinder“ zeigten einen riesigen
Motivationsschub, sobald sie mit dem Schriftbild vertraut gemacht wurden. (Zydatiß)
Diskussionspunkt 2: Die Hauptursache für die Entstehung eines Großteils dieser Mythen ist in
der „Softpädagogik“, die vor allem in den 60er und 70er Jahren propagiert wurde, zu
sehen. (Brandt)
Antwort: Die Faktoren, die zu dieser Mythenbildung führten, sind zu komplex, um sie allein
auf die Pädagogik der 60er und 70er Jahre zu reduzieren. (Zydatiß)
Diskussionspunkt 3: Welche Motivierungstechniken sind Ihrer Meinung nach überzeugend?
(Zimmermann)
Antwort: Motivation findet vor allem durch den Vollzug des Unterrichts statt. (Zydatiß)