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Bayerns Tierwelt vor 16 Mio. Jahren |
Tierwelt vor Rekonstruktion
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Nahezu vollständiger Rücken- und Bauchpanzer einer 12 cm langen Sumpfschildkröte Clemmydopsis, die in wenig bewegtem Wasser in Uferregionen oder Verlandungsbereichen von Seen lebte. Der Panzer dieses Tieres konnte aus zahlreichen Einzelteilen zusammengesetzt werden. |
Trotz des bereits erwähnten
unvollständigen Zustands lassen viele der geborgenen Fossilreste doch
gesicherte Aussagen über ihre Zugehörigkeit, ihre verwandtschaftlichen
Beziehungen und in gewissem Ausmaß auch zu ihrer Lebensweise und
dem Lebensraum machen. Bei einer ersten Durchsicht fällt bereits auf,
daß wir es mit Organismen zu tun haben, die aus sehr verschiedenen
Lebensräumen stammen.
Zuerst sind jene Formen zu nennen, welche belegen, daß die Fundschicht großenteils unter Wasserbedeckung abgelagert wurde, wahrscheinlich in einem Süßwassersee oder Altwasseram, teilweise vielleicht auf einer Überschwemmungsebene in der Nähe eines größeren Flußsystems. Wirbel und Schlundzähne von Süßwasserfischen, Wasser- und Sumpfschildkröten (Trionyx und Clemmydopsis), Süßwasserschnecken (14 verschiedene Arten, manchen heutigen noch recht ähnlich), Schalenklappen von winzigen Schalenkrebsen (Ostracoden), und dazu als pflanzliche Reste die mit bloßem Auge kaum erkennbaren kalkigen Überreste (Oogonien) der Armleuchteralge Chara. Genauere Untersuchungen, z. B. an manchen Schnecken, lassen sogar feststellen, daß es sich zeitweilig um stärker fließendes Wasser, zu anderen Zeiten um stilles Altwasser gehandelt haben muß. |
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Das Unterkieferbruchstück und Hautknochenplatten belegen das Vorkommen von Krokodilen aus der Verwandtschaft heutiger Alligatoren: Diplocynodon. Häufige Funde von einzelnen Zähnen bestätigen, daß diese Tiere nicht selten waren, obgleich vollständigere Funde bis jetzt noch fehlen.
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Eine zweite Gruppe von
Tieren deutet ebenfalls auf die Existenz von Gewässern hin, in welchen
sie zumindest zeitweise gelebt habe. Hierzu gehören Krokodile aus
der Verwandtschaft heutiger Alligatoren (Diplocynodon), Biber-Verwandte
(Steneofiber) und manche Insektenfresser. - Für die bisher
genannten Formen kann man annehmen, daß der Ort ihrer Einbettung
in das Sediment und Fossilisation etwa ihrem ehemaligen Lebensraum entspricht.
Eine dritte Gruppe, und das ist zugleich die weitaus größte, setzt sich aus Arten zusammen, die wohl aus einer näheren bis weiteren Umgebung an die Stelle der heutigen Fundstelle eingeschwemmt worden sind. Von diesen sprechen die zahlreichen Reste von Schweine-Verwandten (Hyotherium) ebenfalls für eine feuchte Umgebung. Aus verschiedenen Landschnecken (10 Arten) sind ganz unterschiedliche, überwiegend aber feuchte Standorte des Uferbereichs und seiner näheren Umgebung zu rekonstruieren. Die meisten Wirbeltiere (Landschildkröten und der größere Teil der Säugetiere) und viele Schnecken (etwa 20 Arten) stammen aus lichten, nicht zu trockenen, üppigen Laubwäldern mit reichem, buschigem Unterholz. Hierzu gehören die drei Arten von Nashörnern, eine davon gänzlich ohne Horn (Plesiaceratherium), die wohl in größeren Herden in der Umgebung gelebt haben. Sie gehören zu den häufigsten Säugetieren in der Sandelzhausener Fauna. Nicht selten dürften auch laubfressende Ponygroße Pferde-Vorläufer mit drei Zehen an jedem Fuß gewesen sein. Zu den eigentümlichsten und recht seltenen Vertretern gehören die Krallentiere: Pferdegroße Unpaarhufer mit kräftigen Krallen an den verlängerten Vorderbeinen, die Gattung Metaschizotheri um eine Gruppe von Säugetieren, von denen es keine Nachkommen mehr gibt. |
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Oben: Lebensbild des „Hundebären“ Amphicyon, der größer als ein heutiger Löwe wurde und in der Körpergestalt einem Bären ähnelte. Unten: Umriß des Schädels. Heute ist diese Tiergruppe ausgestorben. Lebensbild und Unterkiefer von Ischyrictis. Dieses häufigste Raubtier in Sandelzhausen entsprach in Größe, Aussehen und Ernährungsweise etwa dem heutigen Vielfraß. |
Bei den vielfältigen Paarhufern erreichte
Palaeomeryx aus der Vorfahrenschaft der Giraffen etwa die Größe
heutiger Hirsche. Gabel- und Spießergeweihe mit zugehörigen
Gebißresten sind von Verwandten heutiger Rehe bekannt, außerdem
nicht selten Gebißreste und Knochen von Verwandten der geweihlosen,
heute im afrikanischen Urwald lebenden Hirschferkel. Zu den besonders kostbaren
Objekten gehört neben wenigen Gebißresten ein bisher einziges
Geweih einer Gruppe von ausgestorbenen, kleinen, weitläufig den Hirschen
verwandten Tieren (Lagomeryx, in der deutschen Übersetzung
„Hasenhirsch“): sie hatten die Größe heutiger Hasen und ähnelten
auch in der Körpergestalt mit gekrümmtem Rücken und niedriger
Haltung eher einem Hasen als einem Reh oder Hirsch, trugen aber über
der Augenöffnung beiderseits ein kleines zierliches Krönchengeweih.
- Als weit verbreiteter Vertreter der Elefanten-Verwandten ist Gomphotherium,
wie auch sonst in der süddeutschen Molasse, in Sandelzhausen durch
Backenzähne und einen Unterkiefer belegt; besonders sind von hier
die häufigen Milchzähne zu erwähnen, so z.B. ein winziger
Milchstoßzahn eines Baby’s, welche sonst nur selten gefunden werden.
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Lebensbild und Unterkiefer von Pseudarctos, einem Verwandten des "Hundebären". Seine Zähne deuten auf gemischte Kost als Hauptnahrung. Lebensbild und Unterkiefer von Pseudailurus: Wie alle echten Katzen war auch dieses Raubtier von der Größe eines Pumas ein reiner Fleischfresser. |
Zu den großen und mittelgroßen
Säugetieren gesellt sich in Sandelzhausen eine artenreiche Kleinfauna.
Hiervon sind überwiegend die isolierten Zähnchen überliefert,
die aber eine meist sichere Bestimmung ermöglichen. Die Insektenfresser
sind durch jeweils drei verschiedene Vertre-ter der Igelartigen, der Spitzmäuse
und der Maulwurfs-Verwandten belegt. Außerdem kommt eine ausgestorbene
Gruppe von Insektenfressern (Dimylidae) vor, deren Hauptnahrung aus Schnecken
bestand. Hierzu erfuhr das Gebiß dieser Dimyliden eine entsprechende
Umgestaltung der Zähne zum Zerknacken der Schneckenschalen. Mannigfaltig
und häufiger als die Insektenfresser sind die Reste von Hasenartigen
und Nagetieren überliefert. Bei den Hasenartigen sind es die Verwandten
heutiger Pfeifhasen, die an ihren Zähnen leicht zu erkennen sind.
Häufig sind ferner mehrere Arten von Zwerghamstern (Cricetidae), unter
denen eine Art von Eumyarion erstmals in Sandelzhausen gefunden wurde.
Formenreich sind weiterhin die Angehörigen der Schlafmäuse (Gliridae)
und auch mehrere Verwandte heutiger Eichhörnchen, teils baumlebend,
teils bodenbe-wohnend. Hervorzuheben sind Angehörige von Gleithörnchen,
die mit Flughäuten zwischen den Beinen in der Lage waren, weitere
Entfernungen zwischen den Bäumen im Gleitflug zu überqueren.
Auch unter den Nagetieren sind schließlich Gruppen vertreten (z.B.
Eomyidae), von denen es keine Nachkommen mehr gibt.
Zum Schluß sind kleine, meist noch unbearbeitete Knochenreste zu nennen, die von Singvögeln, Schlangen, Eidechsen, Fröschen und Lurchen stammen. Unter ihnen fanden sich Kieferstücke von Verwandten heutiger Chamäleons, einer für das heutige Südbayern wahrhaftig exotischen Tiergruppe. Die endgültige Gesamtzahl der Arten von Wirbeltieren kann vor Abschluß der langwierigen Detailbearbeitung aller Gruppen, welche noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird, nicht angegeben werden. Aber sie wird sicher zwischen 60 und 80 Arten umfassen und damit einigermaßen dem Faunenspektrum entsprechen, das für einen reich differenzierten Lebensraum dieses Landschaftstyps erwartet werden kann. Zum Schluß ein Wort über die Pflanzenwelt: Bedingt durch die Art des Sediments der Sandelzhausener Fundschicht sind pflanzliche Reste dort kaum oder nur in schlechter Erhaltung überliefert. Außer völlig unbestimmbaren Holzresten und den bereits erwähnten Oogonien von Armleuchteralgen (Chara) sind die Früchte des Zürgelbaumes (Celtis) häufiger zu finden, die nur knapp die Größe von Kirschkernen erreichen. Ansonsten wurden nur ganz vereinzelt Abdrücke kleiner Blättchen von Podogonium entdeckt. Diese Reste reichen nicht aus, um die in der Umgebung zu erwartende reiche Pflanzenwelt zu rekonstruieren. Aber die Kenntnisse aus Vorkommen in der weiteren Umgebung von Mainburg-Sandelzhausen werden es erlauben, ein ungefähres Bild von der Vegetation zu entwerfen. Für Sandelzhausen selbst sind wir vorläufig auf die Überlieferung allein der Tierwelt angewiesen. |
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