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Einführung |
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Lage der Grabung |
Diese Seiten der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie in München stellen die exotische Wirbeltierfauna der äußerst reichhaltigen Fossillagerstätte Sandelzhausen bei Mainburg (Bayern) vor, die beispielhaft für den Lebensraum Zentral-Europa vor 16 Millionen Jahren ist. Wir zeigen Ihnen hier eine repräsentative Auswahl der wertvollsten bisher gefundenen Wirbeltierfossilien der 16 Millionen Jahre alten Fauna von Sandelzhausen. Erläuterungen vermitteln durch den Vergleich mit heute lebenden Verwandten einen Eindruck der Fremdartigkeit dieser Fauna für unsere Breiten. Nebenbei wird der Besucher kurz mit den Bildungsmechanismen einer Fossillagerstätte in Ablagerungsräumen von Fließgewässern bekannt gemacht und in die angewendeten päparativen Methoden im Gelände sowie im Labor eingeführt. | ||
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Die Ausgrabung |
Festländische Ablagerungen der jüngeren Erdgeschichte, die pflanzliche und tierische Überreste enthalten, sind, verglichen mit der Ausdehnung mariner fossilhaltiger Ablagerungen, selten. Dennoch kennt man inzwischen zahlreiche Fossilfundstellen, die allerdings nicht alle ein umfangreiches Material geliefert haben. In der Oberen Süßwassermolasse Süddeutschlands gehört die Fossillagerstätte Sandelzhausen zu den reichhaltigsten. | ||
eines Lebensraumes |
Die Fundschicht |
Während des Tertiärs türmten
sich in Europa die Alpen, unter zunehmendem Druck der aufeinanderprallenden
Afrikanischen und Europäischen Kontinentalplatten, verstärkt
auf. Der massenhaft anfallende Verwitterungsschutt wurde durch Flüsse
aus dem Gebirge heraustransportiert und von sogenannten Molassetrögen,
die sich den Alpen im Norden und Süden anschlossen, aufgefangen. Zeitweise
standen diese Tröge unter Meeresbedeckung, zeitweise handelte es sich
um Festlandsgebiete.
Im süddeutschen Raum war der Bereich zwischen Alpen und Donau über Millionen von Jahren ein solches Auffangbecken. Dort befindet sich heute eine typische Abfolge von marinen und festländischen Molassesedimenten. Ein großer Teil des Tertiären Hügellandes in Süddeutschland wird von den Kiesen, Sanden, Mergeln und Tonen der Oberen Süßwassermolasse aufgebaut, dem jüngsten Abschnitt der Molassebildungen (17 bis 11 Millionen Jahre). Sie sind Zeugen einer miozänen Flußlandschaft, deren mäandrierende Flußläufe sich durch weitläufige Auewälder schlängelten, beladen mit reichlich Sedimentfracht. Überreste der Lebewelt wurden mancherorts gemeinsam mit dem Sediment abgelagert und unter Sauerstoffabschluß eingebettet. Sie sind heute als Fossilien überliefert, mit deren Hilfe sich die miozäne Lebewelt zu Zeiten der Oberen Süßwassermolasse in Süddeutschland rekonstruieren läßt. |
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Rekonstruktion
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Nashornschädel Krönchengeweih des "Hasenhirschen" Ein Fund wird geborgen |
1959 wurde in der ehemaligen Kiesgrube
von Sandelzhausen bei Mainburg in einer 2 bis 3 Meter mächtigen mergeligen
Sedimentabfolge Fossilien entdeckt. In den folgenden Jahren bestätigte
sich eine außergewöhnliche Reichhaltigkeit dieser Fundstelle.
Dies rechtfertigte systematische Grabungen mit großem Personalaufwand
in den Jahren 1969 - 75 und 1994 - 98. Bis heute konnten mehr als 10.000
paläontologisch verwertbare Objekte geborgen werden. Neben wenigen
Planzenresten und wirbellosen Tieren sind vor allem Wirbeltiere mit allen
fünf Klassen und ca. 150 Arten vertreten. Der größte Anteil
wird dabei von den Säugetieren gestellt und zwar von der Maus bis
zum Elefanten. Zähne und Knochen liegen in der Regel einzeln und auch
häufig zerbrochen vor. Vollständige Skelette sind nicht erhalten,
bestenfalls wenige benachbarte Knochen im Verband. Wegen der großen
Fundhäufigkeit der verschiedenen Skelettelemente ist dennoch der Skelettbau
der meisten Tiere weitgehend bekannt.
Die fossile Wirbeltierfauna von Sandelzhausen beinhaltet ausschließlich heute ausgestorbene Arten. Fast alle sind Vertreter gegenwärtig noch existierender Tiergruppen, deren Verbreitungsräume auf der Erde größtenteils von jenen ihrer Vorfahren deutlich abweichen. Die meisten dieser Tiergruppen sind Indikatoren für wärmere, näher am Äquator gelegene Ökosysteme, die ein mindestens warmgemäßigtes Klima und eine deutlich südlicher gelegene paläogeographische Position Europas im Miozän anzeigen. Auffallend exotische Formen sind Elefanten (Gomphotherium), Nashörner (Plesiaceratherium, Lartetotherium, Prosantorhinus), GiraffenartigeWiederkäuer (Palaeomeryx), Hirschferkel (Dorcatherium), Krokodile(Diplocynodon), Riesenschildkröten (Geochelone) und Chamäleons (Chamaeleo). Dreizehige laubfressende Pferde (Anchitherium) repräsentieren ein mittleres Stadium der Perdeevolution, das typisch ist für die warmgemäßigten Wälder des Mittleren Miozäns. Hirsche (Heteropox), Schweine (Hyotherium), Marder (Ischyrictis, Martes), katzen- (Pseudailurus) und hundeartige Raubtiere (Hemicyon) sind für unsere Breiten heute ebenfalls typisch, doch diese miozänen Vorläufer zogen offensichtlich wärmere Regionen vor. Völlig ohne moderne Nachkommen sind die Krallentiere (Metaschizotherium), Pferdegroße Unpaarhufer mit kräftigen Krallen an den verlängerten Vorderextremitäten. Namengebend für diese Darstellung waren ein kleiner Hirsch und ein gewaltiges Raubtier. Beide besitzen keine heute lebenden direkten Nachkommen mehr. Lagomeryx, der kleine Hirsch, hielt sich vermutlich bevorzugt im Unterholz auf. Er besaß lediglich die Körpergröße eines Hasen und dennoch ein kleines Geweih, dessen krönchenförmiges Ende damals schon abgeworfen wurde. Äußerst selten sind die fossil überlieferten Reste des mindestens tigergroßen Amphicyon, der sowohl hundeartige, als auch bärenartige Merkmale im Skelettbau zeigt und deshalb weder der einen noch der anderen Gruppe zugeordnet werden kann. |
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(erstellt von S. Goetz, 1998, vormals Paläontologie München)