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FU-Nachrichten 6-2000
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Michael Ehret

Electronic Commerce (E-Commerce) heißt Kaufen und Verkaufen übers Internet. Allerdings geht es weniger ums Surfen durch digitale Läden und Einkaufen per Mausklick als vielmehr um den Handel von Unternehmen. Vom Sog des E-Commerce erfasst sind inzwischen nicht nur die KfZ-Industrie, sondern auch die Zuliefermärkte rund ums Auto bis hin zumRohstoffbereich. Dr. Michael Ehret, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbreich Wirtschaftswissenschaft, ist Initiator des Projekts "technischervertrieb online", dem Internet-Dienst für Vertriebs- und Marketing-Professionals im Business-to-Business-Bereich, das in einer Kooperation zwischen dem VDI Verlag (Hrsg. d. VDI Nachrichten) und dem Weiterbildenden Studium Technischer Vertrieb an der Freien Universität Berlin betrieben wird.

Der Business-to-Business- (B2B-)Bereich gilt als derzeit wachstumsträchtigstes Feld der Internet-Entwicklung. Die großen Industrie-Unternehmen verhelfen hier derzeit dem E-Business zum Durchbruch: Die Ankündigung von General Motors, Ford und Daimler-Chrysler, eine gemeinsame Internet-Plattform für ihre Beschaffung zu etablieren, hat eine Katalysatorwirkung für die Entstehung von Business-to-Business-Märkten entwikkelt. Da diese Plattformen auch den Automobilzulieferern zur Verfügung stehen sollen, werden auch Märkte jenseits der KFZ- Industrie bis zum Rohstoffbereich von dem digitalen Sog erfasst. So prognostiziert die Technologie- Beratungs-Agentur "Forrester Research" allein für die USA bis zum Jahr 2003 eine Verzwölffachung des digital abgewickelten Business-to-Business-Volumens gegenüber 1999 auf dann 1330 Mrd. US-Dollar.

Bei aller Vorsicht, die immer gegenüber solchen Prognosen geboten ist, sprechen einige Tatsachen für ein rasantes Wachstum und folgende Faktoren sind dabei ausschlaggebend für den Erfolg des virtuellen Business-to-Business-Bereichs:

E-Commerce-Angebote an Endkonsumenten werden erst durch eine leistungsfähige Supply-Chain (leistungsfähige Logistik) attraktiv: Zur Reduzierung von Lieferzeiten gehört nicht nur die Bestellfunktion per Mausklick, sondern eine effiziente Auftragssteuerung, in die auch die Zulieferer und die Logistik-Systeme eingebunden sind. Individuelle Kundenwünsche können erst dann effizient befriedigt werden, wenn der Hersteller über flexible Fertigungs- und Zuliefersysteme verfügt. Der E-Commerce entfaltet also seine ökonomischen Potenziale erst dann, wenn dieser Engpass im Business-to-Business-Bereich durch entsprechende Investitionen beseitigt ist.

Die ökonomisch attraktivsten Einsatzpotenziale liegen in der Beschaffung – nicht im Vertrieb: Derzeit bieten sich offenkundige Rationalisierungspotenziale bei einfachen Beschaffungsprozessen für die sogenannten B- und C-Teile. So kann die Bestellung eines Bleistiftes, rechnet man die Prozesskosten für Bedarfsanforderungen, Einkauf, Wareneingang, interne Zustellung und Fakturierung durchaus an die 300 DM kosten. Durch den Abschluss von Rahmenverträgen, die Zuteilung von Mitarbeiterbud-gets und die Bestellung per Mausklick aus einem elektronischen Katalog lassen sich die Kosten eines Bestellvorgangs leicht auf ein Zehntel dieses Betrags reduzieren.

Die Entwicklung der Internet-Technologien ermöglicht eine verbesserte Steuerung des Kapitaleinsatzes: Der entscheidende Schritt besteht derzeit in der Anbindung der Internetschnittstellen an die Informationssysteme zur Ressourcensteuerung (sogenannte "Enterprise Ressource Planning-Systems"). Dadurch können Zulieferer- und Beschaffungsmarktinformationen besser für Unternehmensentscheidungen genutzt werden. Unternehmen können sich so besser auf ihren eigenen Leistungsbeitrag zur Wertschöpfung konzentrieren.

Mit Hilfe von Venture-Capital und den Technologiebörsen wurde inzwischen eine leistungsfähige Innovationsinfrastruktur für innovative Business-to-Business-Anbieter entwickelt: Traditionelle F&E-Abteilungen können das komplexe Management der ökonomischen Aspekte des Innovationsprozesses oftmals nicht bewältigen. Das Ergebnis waren in der Vergangenheit technische Lösungen, denen keine Probleme gegenüberstanden. Auch traditionelle Marketingansätze reproduzierten lediglich Kundenäußerungen, ohne innovative Problemstellungen zu erkennen. Venture Capital-Konzepte ermöglichen aufgrund der engen Verzahnung des Technologieentwicklungs- mit dem Problemlösungsprozess eine zielgerichtete Entwicklung unternehmerischen Wissens für die Entdeckung und Erschließung von Wachstumsmärkten.

Der Erfolg der Internet-Modelle basiert auf einem neuen Innovationsmodell, das nicht die Technologie, sondern die Gestaltung des Kapitaleinsatzes zum Zentrum hat. Traditionell wurden Innovationen in den Forschungsabteilungen entwickelt, von Entwicklungsabteilungen zur Anwendungsreife gebracht, für die entwickelten Prototypen Produktionsstrukturen aufgebaut und schließlich für die neuen Produkte Markteinführungskonzepte geplant. Am Ende dieses aufwendigen Prozesses bestand stets Ungewissheit, ob die neu entworfenen Produkte auch einen Kundennutzen bringen würden und ob die tatsächlich erschlossenen Märkte den Innovationsaufwand rechtfertigen würden.

Moderne Innovationsprozesse, die nach ökonomischen Kriterien geführt werden, berücksichtigen solche Fragen bereits in den frühen Phasen des Innovationsprozesses. Hier arbeiten Anwender, Technologieentwickler und Kapitalgeber gemeinsam an der Identifizierung eines Investitionsbedarfs.

Die Integration der Nutzer in einem Lead-User-Projekt dient der Erstellung einer modellhaften Problemlösung. Die Integration von Investoren, z.B. in Form einer Venture Capital- Gesellschaft, erzwingt die Identifizierung von wachstumsträchtigen Anwendungen. So wird die Entwicklung neuer Technologien von Beginn an auf tragfähige Problemlösungen und Wachstumsmärkte ausgerichtet.

 
 
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