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Breitbandkabelnetze

Zu den medienpolitisch interessantesten Punkten des Gesetzentwurfes zählt ex negativo ein Bereich, den es gar nicht ausdrücklich regelt: Das prominenteste Beispiel für medienpolitisch relevante telekommunikationspolitische Hoheitsentscheidungen der Vergangenheit war die Verkabelungspolitik der Bundesregierung Kohl. Der vorliegende Gesetzentwurf verzichtet im Gegensatz zu den de-jure-Monopolbereichen beim weitreichenden de-facto-Monopolgif des TV-Kabelnetzes auf eine eigenständige Regulierung. Doch mittels des Regulierungsinstruments Universaldienst ließe sich auch die Frage der Breitbandverkabelung telekommunikationspolitisch thematisieren. Auf dem Wege einer Universaldienstverordnung könnte nicht nur über die flächendeckende Verkabelung selbst, sondern auch über die Nutzung für Telekommunikationsdienstleistungen entschieden werden.

Der Verband Privater Kabelnetzbetreiber (ANGA) hat jüngst eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht und eine Prüfung gefordert, ob die Deutsche Telekom ihr TV-Kabelnetz verkaufen muß. In der Begründung wird darauf verwiesen, daß die Telekom nicht nur das Kabelnetz, sondern auch das größte Telefonnetz in Deutschland besitze. Diese Situation sei ,,wettbewerbsdiskriminierend und innovationshemmend``. Der postpolitische Sprecher der CDU, Elmar Müller, fordert ebenfalls einen Verkauf und rechnet mit Erlösen in Höhe von 30 Milliarden Markgif.

Damit sind die beiden kabelpolitischen Konfliktfelder absehbar: Neben den eher wirtschaftspolitischen Eigentums- und Konkurrenzfragen dürfte die Frage der Nutzung an Bedeutung gewinnen. Die Bundesregierung bekommt hier ein Instrument, mit dem sie darüber (mit-)bestimmen kann, wie die Kabelnetz-Bandbreite unter konkurrierenden Nutzungsmöglichkeiten vom herkömmlichen über digitales Fernsehen zu Sprachtelefondienst, ,,neuen`` Medien und Internet verteilt wird. Es ist jedenfalls fraglich, ob dieses Instrumentarium ausreicht, die zukünftigen Konflikte um Bandbreite (vgl. Kapitel 3.1.2) zu bearbeiten. Das neue Telekommunikationsrecht als sektorgebundenes Spezialrecht erscheint dazu zu eng; hinzu kommt, daß die Kabelkanalbelegung bislang Sache der Landesmedienanstalten ist. Wo der Netzzugang für Medienanbieter, bislang Domäne des Medienrechts, in den Bereich des Telekommunikationsrechts fällt, besteht die Gefahr, daß die damit verbundenen medienspezifischen Regulierungsfragen (siehe Kapitel 3.2.1) systematisch aus dem Blick geraten. Im Wechselspiel von Landes-Medienrecht und Bundes-Telekommunikationsrecht bahnen sich zudem neue Bund-Länder-Konflikte an.

Diese besonderen Länderkompetenzen dürften der Hauptgrund dafür sein, daß die Breitbandkabelnetze im Gesetzentwurf nicht eigens erwähnt werden. Doch lassen sich Kompetenzkonflikte nicht dadurch ausrämen, daß man sie ignoriert. Die Netzkonkurrenz zwischen Breitband- und Telefonnetzen, die jeweils Dienste des anderen Systems anbieten, erscheint mit dem Gesetzentwurf nicht hinreichend geregelt. An dieser Stelle läßt sich auch die medienpolitische Reichweite des europäischen Telekommunikationsrechts ablesengif. Die kommende Telekommunikationsgesetzgebung setzt auf weiten Strecken europäisches Recht in nationales um.

Bereits die EU-Richtlinie über den offenen Netzzuganggif von 1990 greift zwar nicht direkt auf TV-Kabelnetze zu, nennt den Zugang zum Breitbandnetz jedoch als Bereich, für den ONP-Bedingungen ausgearbeitet werden können . Das Grünbuch über die Liberalisierung der Telekommunikationsinfrastruktur und der Kabelfernsehnetze von 1994 macht die Freigabe der alternativen Netze und der Breitbandkabelnetze explizit zum Ziel. Seit Anfang 1996 erlaubt eine EU-Richtlinie das Angebot aller bereits liberalisierten Dienste über Kabelfernsehnetzegif. Für die Regulierung des Netzbetriebes muß also eine ,,Schnittstelle zwischen Telekommunikationsrecht und Medienrecht``gif entwickelt werden.


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Martin Recke
Fri May 17 20:40:57 MET DST 1996