Das Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) kämpft um seine Existenz. In einem politischen Willkür-Akt hat die neue SPD/PDS-Koalition des Berliner Senats
kurz vor Weihnachten beschlossen, den Fachbereich Humanmedizin der FU Berlin aufzugeben und das UKBF vom Lehr- und Forschungsklinikum in ein Krankenhaus
der Regionalversorgung umzuwandeln. Der Beschluss hat in der Universität und der gesamten Wissenschaftslandschaft wie ein Schock gewirkt und binnen kurzem eine breite Front des Widerstands mobilisiert. Die große Solidarität der Berliner Bevölkerung und die Stichhaltigkeit der Fakten machen zuversichtlich, dass der unsinnige Koalitionsbeschluss keinen Bestand und das UKBF eine Zukunft haben wird. Der Dekan des Fachbereichs Humanmedizin, Prof. Dr. Martin Paul, erläutert in seinem nachfolgenden Artikel, weshalb die Abwicklung der FU-Medizin unvernünftig wäre und im Interesse Berlins verhindert werden muss.
Die Aufgabe des UKBF als Universitätsklinikum ist nicht nur ein Affront gegen die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit eines Leuchtturms der Hochleistungsmedizin in Berlin, wie der Wissenschaftsrat in jüngsten Äußerungen mehrfach bestätigt hat. Hochschulpolitisch wird damit die Axt an die Freie Universität gelegt, die ohne medizinischen Fachbereich keine vollgültige Universität mehr wäre. Mit diesem massiven Verstoß gegen die Hochschulverträge können sich auch die anderen Hochschulen ihrer Zukunft nicht mehr sicher sein. Somit kämpft das UKBF auch für die FU und die Berliner Wissenschaftslandschaft.
Wirtschaftspolitisch wird massiv in die Innovationsfelder Medizintechnik und Biotechnologie eingeschnitten, in denen Berlin bisher gut aufgestellt war. Neben den 5.000 Arbeitsplätzen des Klinikums sind viele innovative Start-ups und mittelständische Unternehmen in Dahlem und darüber hinaus betroffen. Wer neue Arbeitsplätze in Berlin schaffen will, muss in diesen Bereich investieren, statt ihn kaputt zu sparen.
Diese und viele weitere Argumente gegen die Abwicklung der FU-Medizin haben wir der Politik vorgetragen und der Bevölkerung und den Medien nahe gebracht, mit unterschiedlichem Erfolg. Während die Po-litik formell weiter auf dem Schließungsbeschluss der Koalitionsvereinbarung beharrt, wachsen in PDS und SPD die Zweifel, ob es sinnvoll gewesen ist, der im Sommer vereinbarten Expertenkommission für die Berliner Hochschulmedizin vorab ein negatives Beratungsergebnis vorzugeben.
Vollends beeindruckend ist der offene Protest der UKBF-Beschäftigten: vom Professor und Studenten bis zum technischen und pflegerischen Personal. Auch viele Patienten, wie uns in vielen Briefen und Telefonaten bestätigt wird. Das UKBF steht wie ein Mann und wie eine Frau gegen seine Abwicklung ein enorm positiver Schub für das Wir-Gefühl unseres Klinikums, der uns noch leistungsfähiger machen wird.
Auch die Bevölkerung und Medien unterstützen unseren Widerstand vorbildlich. Binnen weniger Wochen wurden über 100.000 Protest-Unterschriften gesammelt. Der neue Berliner Senat hat sich eine neue außerparlamentarische Opposition geschaffen. Wir sind mit Demonstrationen auf der Straße, unser Protest ist kreativ und findet Aufmerksamkeit.
Richtig ist, dass die Hochschulmedizin in Berlin noch Optimierungspotenziale besitzt. Wir treten nicht gegen das Sparen an sich an. Wo es sinnvoll ist, sollte es geschehen. Das UKBF wehrt sich nur gegen eine unsinnige Sparaktion, die mehr kostet als sie einbringt. Der Protest ist auch deshalb so engagiert, weil sich das UKBF ungerecht behandelt fühlt. Der Veränderungsprozess des UKBF, der in den letzten Jahre viele Früchte getragen hat, ist ein positives Turn-around-Modell für Berlin insgesamt.
Netzwerk darf nicht zerstört werden
Ganz wesentlich für diesen Erfolg ist die 1995 durch das Universitätsmedizingesetz initiierte Fusion von Klinikum, vorklinischen Institutionen und Zahnmedizin, die zu positiven Synergieeffekten und einer massiven Leistungssteigerung der FU-Medizin geführt haben. Dieses komplexe Netzwerk, das sich hinter dem Kürzel UKBF verbirgt, darf nicht durch neue Sparmaßnahmen zerstört werden; es ist nicht einfach in andere Institutionen transplantierbar oder teilbar. Innovation und Gerechtigkeit, so der letzte SPD-Wahlslogan, kann sich dieser Senat nicht ans Revers heften.
Die strukturellen Maßnahmen des Fachbereichs Humanmedizin zur Verbesserung und Profilbildung in der Forschung haben rasch Erfolge gezeitigt: Hatte der Wissenschaftsrat Anfang der 90er Jahre der FU-Medizin deutlichen Nachholbedarf in der Forschung attestiert, so konnte sich die FU-Medizin innerhalb weniger Jahre in diesem Bereich an eine führende Position im Bun-desvergleich setzen. Stimuliert durch eine leistungsbezogene Mittelvergabe aus den staatlichen Zuschüssen im Fachbereich entwickelte sich ein kollegialer Wettstreit um die Verbesserung der Publikationsleistung und die Einwerbung der Drittmittel, deren Volumen in der Wissenschaft allgemein als Indikator für Leistungsfähigkeit gilt. Hier konnten Forscher des Fachbereichs Humanmedizin neben einer Vielzahl von Einzelprojekten federführend zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Sonderforschungsbereiche, zwei Forschergruppen sowie drei Graduiertenkollegs begründen. Darüber hinaus sind sie an allen weiteren wesentlichen derartigen Einrichtungen der Berliner Hochschulmedizin und der naturwissenschaftlichen Fachbereiche der FU beteiligt. Die Humanmediziner der Freien Universität scheuen nicht den Leistungsvergleich mit anderen. Im Gegenteil: Sie suchen den Wettbewerb ebenso wie die fachliche Kooperation!
Wie kann der politische Konflikt um das UKBF gelöst werden? Wir setzen auf die Vermittlungstätigkeit des Wissenschaftsrates, das Votum der Expertenkommission und stellen uns einer umfassenden Evaluation. Am wichtigsten ist, dass Wissenschaftspolitik in Berlin zu einer Lageeinschätzung zurückkehrt, die auf Fakten basiert und die Konsequenzen in einem ergebnisoffenen Dialog zieht. Wenn sich Leistung lohnen soll so ein anderer Polit-Slogan dann hat das UKBF nichts zu fürchten.
Prof. Dr. Martin Paul
Dekan des Fachbereichs Humanmedizin
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