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[Kofi Annan erhält Ehrendoktorwürde]

Prof. Dr. Thomas Wiegel ist seit Januar 2001 Professor für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie an der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums Benjamin Franklin. Er ist nicht neu an der Freien Universität. Bereits seit 1994 war er an der Klinik für Strahlentherapie tätig, zuletzt als Leitender Oberarzt. Wiegel ist Spezialist für die Strahlentherapie bei Prostatakarzinomen, der häufigsten Krebsart älterer Männer. Für eine besonders vielversprechende Therapieform hält er die dreidimensional geplante Bestrahlung solcher Krebsgeschwüre. Diese Methode erlaubt eine präzisere Planung der Bestrahlung, die durch geringe Nebenwirkungen besticht und den Einsatz von höheren Strahlungsdosen zulässt. Die FU-Nachrichten sprachen mit ihm über seinen Forschungsschwerpunkt.

Was fasziniert Sie an der Strahlentherapie?

Die Strahlentherapie ist die entscheidende Säule der Tumortherapie, denn die meisten Patienten mit bösartigen Erkrankungen werden im Laufe ihrer Erkrankung bestrahlt, sei es, um sie zu heilen, oder um ihre Lebensqualität durch die Linderung von Symptomen zu verbessern. In den letzten Jahren haben große technische Fortschritte in der Planung und Umsetzung der Präzision der Bestrahlung nicht nur zu besseren Ergebnissen geführt, auch die Nebenwirkungsrate konnte gesenkt werden. Diese Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende. Zusätzlich hat man einen sehr engen Patientenkontakt. Es ist also eine Therapieform, die hohe technische Anforderungen mit persönlicher Patientenbetreuung verbindet. Das ist fazinierend.

Warum haben Sie sich für dieses Fach entschieden?

Bei meiner Berufswahl konnte man erkennen, dass die Strahlentherapie ein aufstrebendes Fach ist, das aber in Deutschland damals noch nicht die Bedeutung hatte wie in anderen Ländern.

Wie kam es zu Ihrer Spezialisierung auf Prostatakrebs?

Als ich begonnen habe, wurden in den Vereinigten Staaten erste Tendenzen sichtbar, dass die Strahlentherapie beim Prostatakarzinom zunehmend an Bedeutung gewinnen würde. In Deutschland wurde sie von den Urologen zu diesem Zeitpunkt fast einhellig abgelehnt – von einigen Ausnahmen abgesehen. Dieser Widerspruch hat mich fasziniert und mein Interesse geweckt.

Warum ist Prostatakrebs so häufig?
Warum nimmt er so eine Sonderstellung ein?

Prostatakrebs ist der häufigste Tumor des älteren Mannes. Er ist der einzige Tumor, für den es einen spezifischen Tumormarker gibt – das prostataspezifische Antigen PSA. Mit ihm kann der Erkrankungsverlauf gut eingeschätzt werden. Die Sonderstellung besteht darin, dass es zwei konkurrierende Therapieverfahren gibt: Strahlentherapie und Operation. Beide haben ähnliche Ergebnisse, aber unterschiedliche Nebenwirkungen.

Was verbirgt sich hinter der dreidimensionalen Bestrahlungsplanung?

Die dreidimensionale Bestrahlungsplanung erlaubt, den Strahl wesentlich besser als früher auf das Zielorgan zu konzentrieren und gleichzeitig damit die Nebenwirkungen an den gesunden Geweben zu verringern. Damit ergibt sich auch die Möglichkeit, die Bestrahlungsdosis kontrolliert zu erhöhen und so eine bessere Tumorkontrolle zu erzielen.

Die Behandlung von Krebs wird immer mehr zum Thema in der Biochemie. Chemotherapeutika und Gentherapie versprechen neue Chancen auf Heilung. Ist die Strahlentherapie ein Auslaufmodell in der Onkologie?

Mitnichten. Sie ist die tragende, verbindende Säule der Tumortherapie. Alle diese Verfahren werden in der Zukunft, teils in Kombination, teils sequentiell, in die interdisziplinäre Therapie eingebaut. Es gibt nicht den Hauch eines Hinweises, dass man in der Zukunft auf die Strahlentherapie verzichten kann.

Was haben Sie in Zukunft vor, auf welche Gebiete werden Sie ihre Forschungsschwerpunkte legen?

Vorrangiges Ziel ist die weitere Verbesserung der Therapie und damit der Überlebensraten beim Prostatakarzinom. Wir eröffnen gerade erstmals in Deutschland ein Prostatakrebszentrum, an dem Patienten gemeinsam von einem Strahlentherapeuten und einem Urologen aufgeklärt werden. Es ist das erste Mal der Fall, dass konkurrierende Fächer einen gemeinsam getragenen Therapievorschlag dem Patienten unterbreiten werden. Darüberhinaus soll die klinische Forschung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebshilfe, die eine große Studie fördert, weiter intensiviert werden.

Das Klinikum Steglitz steht im Kreuzfeuer der Politik. Vor kurzem wurden sogar Gerüchte laut, dass es ganz geschlossen werden sollte. Sehen Sie Ihre Zukunft an der FU?

In Berlin soll in periodischen Abständen immer alles geschlossen werden – zur Zeit wird auch die Schließung der Charité als Uniklinikum diskutiert. Die FU ist eine junge Universität, aber sie hat für Berlin und seine Geschichte eine besondere Bedeutung, sie ist nicht wegzudenken. Mich beunruhigt diese Diskussion nicht.

Das Interview führte Dietrich von Richthofen

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