FU Berlin
FU-Nachrichten
 
Navigationsbalken

FU-N 3-4/2000
Leute

Neuer Biophysiker:
Prof. Holger Dau

Was macht eigentlich...
Elisabeth Wunderl

Neu an der FU
Romanist Guido Mensching

Neu an der FU
Radiochemiker Ulrich Abram

Ehrungen für Prof. Alfred Hecht und Prof. Richard Preston

Prof. Dr. Ursula Vogt geht in den Ruhestand

Heinz Dürr übernimmt Lehrauftrag an der FU

Zum Tode von Hans-Joachim Torke

Personalien

   
  Vorheriger Artikel
Neu an der FU: der Romanist Guido Mensching
Romanistik und neue Medien

"Was trägt man denn so in den FU-Nachrichten? Mit Schlips oder ohne?", fragt Prof. Dr. Guido Mensching den Fotografen. Der zuckt mit den Schultern. "Ach, ein wenig Seriosität kann nicht schaden", meint Mensching schließlich, lächelt und bindet sich die Krawatte um. Ganz so neu, wie man meinen könnte, ist der Siebenunddreißigjährige an der FU allerdings nicht. Im Wintersemester hatte er bereits eine Vertretungsprofessur, im Sommersemester wird Mensching eine C 4-Professur für Romanistische Sprachwissenschaft im Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften besetzen.

Seine Leidenschaft für romanische Sprachen entwickelte Mensching sehr früh: Angefangen habe alles mit einer Italienreise, mit 16 Jahren habe sein Studienwunsch festgestanden. "Während andere Jungs Fußball spielten, habe ich Sprachen gelernt." Und mit einem Schmunzeln fügt er hinzu: "Deshalb bin ich auch ein schlechter Fuballspieler." Mittlerweile spricht der Wissenschaftler nicht nur die Weltsprachen wie Spanisch, Französisch, Portugiesisch und Italienisch, sondern auch kleinere romanische Sprachen wie Sardisch, Surselvisch (ein rätoromanischer Dialekt) oder Rumänisch, daneben besitzt er auch einschlägige Kenntnisse in nicht-romanischen Sprachen wie Arabisch, Hebräisch oder Tigrigna (Eritrea).

Sein Studium der Spanischen, Italienischen und Deutschen Philologie an der Universität Köln schloss Mensching 1990 ab. Zwei Jahre später promovierte er mit einer kritischen Edition des ältesten altkastilischen medizinisch-botanischen Wörterbuchs aus dem 14. Jahrhundert. 1997 habilitierte er sich mit einer Arbeit über "Explizite Subjekte in romanischen Infinitivkonstruktionen" im Rahmen der Sprachtheorie des amerikanischen Sprachwissenschaftlers und Philosophen Noam Chomsky. Während seiner Promotion und Habilitation war Mensching wissenschaftlicher Assistent am Kölner Institut für Sprachliche Informationsverarbeitung und übernahm dort anschließend eine Professurvertretung für historisch kulturwissenschafliche Informationsverarbeitung. Im Sommersemester 1999 ging er nach Konstanz, wo er eine C3-Professur für romanistische Sprachwissenschaft vertrat. Mensching forschte und lehrte in Spanien und Italien und nahm an Gemeinschaftsprojekten mit Frankreich und den USA teil. Er publizierte eine beachtliche Anzahl an Büchern und Aufsätzen und nahm außerdem Aufgaben außerhalb des regulären Universitätsbetriebs wahr, beispielsweise die Durchführung von Internet-Schulungen für die Wirtschaft. Die Verbindung zwischen Sprache, Sprachwissenschaft und den neuen Medien prägt die Arbeit des Romanisten, so auch bei seinem Steckenpferd, der sardischen Sprache. "Das ist nicht etwa ein italienischer Dialekt", schwärmt Mensching, "sondern eine Regionalsprache, die sich nach romanistischer Schulmeinung aus einer archaischeren Form des gesprochenen Lateins entwickelte und später Elemente aus dem Spanischen, Katalanischen sowie dem Italienischen aufnahm. Aufgrund zahlreicher Fremdherrschaften gibt es bis heute keine Hochsprache, sondern es entwickelte sich eine starke Zersplitterung der Sprache in viele Dialekte." Zusammen mit Mitarbeitern der Universität zu Köln hat Mensching eine sardische Internet-Textdatenbank aufgebaut. "Daneben gibt es eine Mailing-Liste sowie ein interaktives Wörterbuch", erläutert er. "Interessierte können auf die Daten nicht nur zugreifen, sondern auch eigene Eintragungen machen." Auch in Berlin wird er in Kooperation mit seinen Kölner Kollegen das Internet-Projekt weiterführen. An der FU wird Mensching neben seinen Forschungsschwerpunkten Romanische Syntax, Lexikologie und Lexikographie, Sprachgeschichte und Etymologie sowie romanische Minderheitensprachen vor allem auf dem Gebiet der Computerlinguistik arbeiten. "Dieses Arbeitsgebiet erforscht, wie Sprache im menschlichen kognitiven System funktioniert, und entwickelt daraus sprachverarbeitende Systeme, zum Beispiel für die maschinelle Übersetzung von Texten", erklärt er. Trotz der technischen und wissenschaftlichen Fortschritte sei die Computerlinguistik noch immer eine Herausforderung. "Aber wir arbeiten dran", verspricht Mensching und lobt in diesem Zusammenhang die personelle und technische Ausstattung, welche die FU bereitstellt. Außerdem sei Berlin ein hervorragender Standort, um seine Forschungen beispielsweise bei Messen oder Ausstellungen nach außen tragen, Kontakte zu den Botschaften zu knüpfen und Kooperationen mit der Wirtschaft aufbauen zu können.

Iris Kampf