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Elmar Sallen?

Durch Elmar Sallen wird ein einfaches Buch
erst zum richtigen FU 'ler, Foto: Dahl

Im Eingang zur Erwerbungsabteilung der Universitätsbibliothek hängt ein Pappschild: "Lieferanten bitte läuten". Die Lieferungen bestehen aus zunächst noch ganz normalen Büchern, die Elmar Sallen den Firmenboten abnimmt. Die Begrüßung ist kollegial. "Man kennt die Leute", sagt er. Seit 15 Jahren tut er hinter den Kulissen einer der größten deutschen Universitätsbibliotheken eine wichtige Arbeit.

Wenn die Pakete ausgepackt, die Folien abgerissen, die Bücher an den richtigen Platz geschleppt sind und Elmar Sallen geprüft hat, ob die Lieferung in Ordnung ist, versehen die Kolleginnen Bibliothekarinnen die Neulinge mit einer Signatur. Und dann kommt der Vorgang, der das Ding, das bis dahin nur irgendein Buch war, zu einem echten FU'ler macht. Elmar Sallen nimmt das einfache Buch mit zwei Stempeln – einem runden und einem ovalen – für die Freie Universität in Besitz. Dieser hoheitliche Akt der Aneignung geschah früher mit schwerem Gerät. Inzwischen ist der Stahl- dem Gummistempel gewichen – das erleichtert die Arbeit. Die besseren Leute unter den Büchern werden – ganz wie im richtigen Leben – auch besser behandelt. Rara, Kunstbände und anderes feine Volk bekommt von Sallen keinen Jedermann-Stempel, sondern eine Prägung – der kleine Unterschied eben. Eine andere Art Vorzugsbehandlung lässt er den Kandidaten für die Lehrbuchsammlung angedeihen. Die bekommen ihr Hoheitszeichen immer als erste, damit den Studierenden der neueste Stoff auch schnell zur Verfügung steht.

Nachdem dann die Neuen beim Signaturendrucker waren, also ihren "Ausweis" auf dem Rücken tragen, werden sie auf die jeweiligen Standorte verteilt.

"Ich bin ein Praktiker," sagt Elmar Sallen von sich selber. Eine gute Voraussetzung für den frischgebackenen Sicherheitsbeauftragten. Der gelernte Möbeleinzelhandelskaufmann packt gerne an, baut, wenn es sein muss, auch schon mal ein Regal auf, versieht einen Rollwagen mit Seitenteilen, damit die Bücher bei zu schneller Fahrt nicht herausstürzen oder hilft Schreibtischmenschen bei handwerklichen Problemen aller Art. "Handwerk ist für mich das A und O." Computer sind nicht seine Welt. Nur montags holt er die Devisenkurse aus dem Internet, schließlich gibt es auch Lieferungen aus dem Ausland, die überprüft werden müssen. Das ist aber schon alles, was er damit zu tun haben will, denn Computer kann man nicht schrauben, nicht dübeln, und man kann nicht hineinsehen.

Für Elmar Sallen ist die reine Stempelarbeit weniger geworden. Nur noch selten gibt es Ausnahmetage mit rund 300 Büchern, die in den Bestand der FU aufgenommen werden wollen. Aber auch wenn ein Buch seinen Dienst getan hat, erweist Elmar Sallen ihm den letzten Stempel: "Defektes Exemplar – nicht mehr benutzbar". So mit der letzten Tinte versehen, tritt es eine Reise ohne Wiederkehr an – auf den "Friedhof" oder – mit einer kleinen Chance auf Wiederauferstehung – ins "Lazarett".

Welchen Weg ein Buch auch ging, es ging bestimmt durch die Hände von Elmar Sallen.

Susanne Weiss