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Studiengebühren gegen Langzeitstudenten


Die Kultusministerkonferenz hat's beschlossen

Das Thema Studiengebühren ist ebenso wenig erfreulich wie neu. Seit längerem spukt es durch die Köpfe der deutschen Bildungspolitiker und belastet das Verhältnis Student - Hochschule - Politik. Auf der 290. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) wurden erste Nägel mit Köpfen gemacht. So wurde zum einen vereinbart, daß das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und bei konsekutiven Studiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss grundsätzlich gebührenfrei bleiben soll. Richtig aufatmen läßt uns dies jedoch nicht, zum einen weil das studentische Vertrauen in die Politik inzwischen nahe Null liegt, zum anderen weil diese Klausel vor allem wirkt, als solle sie die nachfolgenden schönen. Da heißt es dann zusammengefaßt: Um dem Studenten einen Anreiz zu geben, sich an die Regelstudienzeit zu halten und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Studienangebot zu bewegen, können Länder ab einer gewissen Semesterzahl Studiengebühren einführen (wie in Baden-Württemberg bereits geschehen).

Für die FU scheint hierzu zwar noch eine gewisse Galgenfrist zu bestehen, denn der Akademische Senat lehnte am 19. Januar unter den zur Zeit gegebenen Umständen die Einführung von allgemeinen Studiengebühren ab. Zum einem, weil deren Sozialverträglichkeit nicht geregelt sei, zum anderen, weil nicht klar sei, ob die eingenommenen Gebühren in den Haushalt der Universität eingestellt würden.

Die Intention der KMK ist deutlich. Eine Reduzierung der Studiendauer auf die Regelstudienzeit ist das Ziel, wir dürfen wohl guten Gewissens davon ausgehen, daß dahinter das alte Lied vom Sparen und vom Senken der Studentenzahlen steht. Es stellen sich daher zwei Fragen: Warum soll die Einhaltung der Regelstudienzeit das Ziel sein und warum soll dies durch Abschreckung mit Gebühren bewirkt werden? Das Studium dient hauptsächlich der Berufsausbildung (auch wenn dies unter anderem von der Mehrheit im Studentenparlament der FU anders gesehen wird). Daran knüpft die Argumentation der Befürworter von Studiengebühren an. Der Student soll zügig seine Ausbildung beenden und ins Berufsleben eintreten und nicht Semester für Semester an der Universität Selbstverwirklichung und -findung betreiben - schließlich wird diese schöne Zeit vom ohnehin finanziell klammen Staat bezahlt. (Von dem Umstand, das ein anderer schon ungeduldig auf einen freien Studienplatz wartet, einmal abgesehen.) Die Ansicht, Bildung sei ein hohes Gut (und gemäß Artikel 5 Grundgesetz sind Forschung und Lehre frei) - mit der Folge, daß man den Studenten zugestehen müsse, daß sie sich ihr Studium selbst einteilen - tritt dahinter zurück. Auch die Angst vor Fachidioten, die in ihrer Ausbildung keinen einzigen Blick nach rechts oder links des Weges geworfen haben, ist wohl nicht so groß.

Doch müssen sich die Gebührenfreunde die Frage gefallen lassen, ab wann jemand ein "Langzeitstudierender" ist. Zum Beispiel wären da diejenigen, die ihr Studienfach wechseln. Sollen sie, nachdem sie schon ihren BAföG-Anspruch verloren haben, nun auch noch Gebühren zahlen? Was ist zum Beispiel mit denjenigen, deren Studium sich verzögert, weil sie es sich mit zahlreichen Nebentätigkeiten finanzieren müssen? Wie intensiv darf sich ein Student mit Themen aufhalten, die nicht unmittelbar zum Prüfungsstoff gehören, die ihm aber dennoch spät er nutzen könnten? Was ist mit alleinerziehenden Müttern und Vätern? Die Studiendauer als Kriterium erscheint mir ungeeignet. Zudem ist der ökonomische Druck auf den Studenten, sein Studium möglichs t schnell zu beenden, ohnehin vorhanden.

Während Gleichaltrige bereits ihr erstes Gehalt verdienen, sitzen wir tagsüber noch im Hörsaal und jobben abends in der Kneipe. So ein Studium kostet ohnehin viel Geld und auch die Geduld und die Möglichkeiten der meisten Eltern sind nicht unbegrenzt. Wie viele Studenten wollen schon ewig an der Uni bleiben? Wenn das Ziel das Senken der Studierendenzahlen ist, so könnte man dies doch wohl besser an der Leistungsfähigkeit als an den materiellen Möglichkeiten des Studenten festmachen. Denkbar wäre eine Verschärfung des NC, stärkeres Aussieben während des Studiums oder gar eine Anhebung des Abiturniveaus. (Obgleich dies von meinen Freunden im AStA sicher anders gesehen wird.)

Insofern erscheint es weder notwendig, übertrieben auf die Einhaltung der Regelstudienzeit zu drängen, noch dies mit Hilfe von Studiengebühren zu tun. Bleibt die Frage, was mit den Studiengebühren eigentlich passieren soll. Den Hochschulen werden sie wenig nützen, denn der gewonnene Beitrag zum Haushalt ginge sicherlich durch die weitere Streichung staatlicher Zuwendungen verloren - wie es bereits bei der Rückmeldegebühr der Fall war (Der Zweck der Gebühren ist schließlich das Sparen, nicht die Verbesserung der Qualität der Lehre!). Diesen Umstand hat der Akademische Senat am 19. Januar wohl auch erkannt (siehe oben). Wenn die Gebühren also nicht einmal zu einer Verbesserung unserer Ausbildung führen, warum sollten wir sie dann eigentlich zahlen? Trägt nicht gerade auch das immer knapper werdende Angebot an Lehrveranstaltungen zu längeren Studienzeiten bei? Ständige DCberschneidungen in den Magisterstudiengängen (Haupt- und Nebenfach müssen erst einmal koordiniert werden!), gähnende Leere in den Regalen der Bibliotheken, wenig Kleingruppenveranstaltungen - angesichts der katastrophalen Lage frage ich mich, woher die Unis den Mut nehmen, auf die Einhaltung der Regelstudienzeiten zu drängen. Studiengebühren sind für mich daher keine vernünftige Option zur Lösung der bildungspolitischen Probleme - auch nicht solche für Langzeitstudenten. Und all diejenigen, die dies genauso sehen, können am 7. Juni 2000 an einer Demonstration für ein gebührenfreies Studium teilnehmen, die gleichzeitig in Köln, Stuttgart und Berlin stattfindet (Es lebe die Versammlungsfreiheit! / Mittwoch, 7. Juni, 14.30 Uhr am Alexanderplatz).

René Richardt



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