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Erster verfassungsrechtlicher Moot Court an der FU oder vom Mut-Court zum Moot Court

Am 17.02.2000 fand an unserem Fachbereich der erste verfassungsrechtliche Moot Court statt. Ins Leben berufen wurde die Veranstaltung durch das Engagement von vier AG Leitern des Ö-Rechts. Dabei handelte es sich um eine fiktive Gerichtsverhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht setzte sich aus Berufsrichtern, Anwälten und wissenschaftlichen Assistent zusammen. Die Adressaten waren Studenten des 2. Semesters. Durch zukünftiges Engagement in Form von Beteiligung und Interesse besteht die Möglichkeit, den Moot Court zu einer festen Institution der FU werden zu lassen. Dieser Erfahrungsbericht möchte daher alle Interessierten ermutigen, sich am nächsten Moot Court zu beteiligen.


Die Vorbereitung

Der Sachverhalt wurde ca. sechs Wochen vorher ausgegeben, so daß ausreichend Zeit bestand, sich parallel zum laufenden Studium vorzubereiten. Im Fall ging es darum, ob eine Berliner Lehrerin in ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt ist, wenn ihr durch die Senatsschulbehörde das Tragen eines Kopftuches während der Unterrichtszeit untersagt ist. Der Sachverhalt knüpfte an den authentischen Fall von Frau Ludin an, der am VG Stuttgart noch anhängig ist. Die insgesamt 14 beteiligten Studenten und Studentinnen wurden z.T. per Los in vier Gruppen aufgeteilt, die sich auf ihre jeweilige Position (Behörde bzw. Beschwerdeführer) intensiv vorbereiteten. Dabei konnte auf ausreichend Aufsätze, Anhaltspunkte im Kommentaren und Rechtsprechung vom Bundesver-fassungsgericht zurückgegriffen werden, um die ersten Argumente zu sammeln. Die eigentliche Arbeit bestand erstmal darin, die Argumente auf den Fall zu übertragen und entsprechend zu erweitern. Der "ausgeschmückte " Fall bot in dieser Hinsicht ausreichend Stoff, so daß eine Schwierigkeit auch darin bestand, Schwerpunkte setzten.

Um nach internen Proben ein besseres Gefühl für den bevorstehenden Auftritt zu bekommen, wurde das Plädoyer den AG-Leitern vorgetragen. Sie gaben noch Tips zur Verbesserung, ohne dabei zu stark auf Inhalte einzugehen. Da die Redezeit für das Plädoyer auf 20 Minuten begrenzt war, kam es vor allem darauf an, die Argumentation bei Zwischenfragen straffen zu können. So merkten doch alle Beteiligten nach dem ersten Durchlauf, wie kurz die Zeit sein kann. Zudem wurde auch deutlich, daß Argumente, die erst zu einem späteren Zeitpunkt angeführt werden sollten, vorgezogen werden mußten. Die notwendige Flexibilität der Argumentation schien schon zu diesem Zeitpunkt die größte Herausforderung für das Gelingen. Zuletzt wurde dann auf Formalia wie Auftreten, Kleidung etc. hingewiesen, um dem Moot Court den angemessen Rahmen zu geben.


Der Tag der Argumente

Aufgebaute Tische und Namensschilder der Richter und Richterinnen, ließen den Lesesaal der Bibliothek im ersten Stock eine entsprechende Atmosphäre ausstrahlen. Nachdem wohl jede Gruppe für sich mit ihren letzten Problemen zu kämpfen hatte, (bis hin zur Autopanne auf dem Hinweg) begann die erste Runde.

Die zwischenzeitlich bis zu 40 Zuschauer übrigen Beteiligten erhoben sich beim Eintritt des Gerichtes und folgten nach kurzen einführenden Worten dem ersten Plädoyer seitens der Beschwerdeführer. Wie die meisten anderen Gruppen auch, teilten sich zwei Redner die Zeit in jeweils zehn Minuten auf. Schon früh war dabei deutlich, daß die Beantwortung der Zwischenfragen mehr Zeit in Anspruch nahm als erwartet. So kamen bestimmte Argumente aus Sicht der Gruppe zu kurz oder konnten nicht mehr angesprochen werden. Danach folgte Plädoyer der Behörde. Die Behördenseite hatte den Vorteil, daß sie nicht in der Nervosität steckte, das erste Wort ergreifen zu müssen. So wurde die Redesicherheit auch dadurch unterstützt, daß die anwesenden Richter und Richterinnen, trotz der Form einen sehr wohlwollenden Eindruck vermittelten. Nachdem das zweite Plädoyer beendet war, konnte das Beschwerdefüherteam in Form der Replik in fünf Minuten auf Argumente der Gegner eingehen. Die Behörde versuchte in der Duplik die Replik zu entkräften. Die Richter und Richterinnen zogen sich anschließend für die Punktwertung zurück. Dabei wurden Punkte für Auftreten, Argumentation und juristische Durchdringung der Thematik verteilt. Nachdem das Gercht den Saal verlassen hatte, applaudierte das Publikum. Erleichertung und Entspannung war deutlich in den Gesichtern der Redner abzulesen. In der 15 minütigen Pause wurde zwischen Teams und den Zuschauern diskutiert. Dieser Austausch zeigte, daß auch den anwesenden Nichtjuristen die Schwierigkeiten des Falls verdeutlicht werden konnte.

Die Tams, die in der zweiten Runde antraten, durften aus verständlichen Gründen nicht während der ersten Runde anwesend sein. Hierbei zeigte sich auch die unterschideliche Schwerpunktsetzung undschiedliche Vorbereitung. So hatte eine Team das Plädoyer als ausgearbeiteten Text vorzuleigen uund vermochte es flüssig vorzutragen. Anhand der Punktwertung wurden auch diese Runde bewertet, so daß sich das aus Sicht der Richter und Richterinnen beste Team der Behörde und der Beschwerdeführung für das Finale qualifizierten. Das Finale unterschied sich von den Vorrunden dadurch, daß deutlich mehr Fragen zu bestimmten Bereichen gestellt wurden. Für die Anwesenden wurde durch die gezielten Fragen der dogmatische Ansatz deutlich, der sich hinter den Argumentationen verbarg.

Nach mehr als vier Stunden wurde das erste Beschwerdeführerteam als Gewinner des Moot Courts benannt. Bei der Siegerbenennung wurde betont, daß der Punkteabstand zwischen dem letzten und dem ersten Team sehr gering war.


Preise und mehr ...

Die Siegerehrung war durch einen im Laufe der Zeit entwickelten Gemeinsinn überlagert. Neben Urkunden, Moot Court-Kaffeetassen ( für einige Jurastudenten gerade während der Hausarbeitszeit unentbehrlich....), Büchern wurden den Gewinner Praktikumsplätze beim BDI angeboten. Zudem wurde ein Einzelpreis für das beste Plädoyer vergeben. Nach Stunden der Konzentration feierten die Beteiligten das Ende des ersten, erfolgreichen Moot Courts und zugleich das eingeläutete Semesterende...


Mehr als ein Fazit

Wer erstmal den Mut aufgebracht hat, sich zu beteiligen, merkt schnell, welche Sogwirkung vom Moot Court ausgeht.Trotz der Belastungen, wurde im Rückblick klar, das er eine außergewöhnliche Veranstaltung ist. Neben dem im Jurastudium hergebrachten Einzelkämpfertum, bietet gerade diese Art der Zusammenarbeit ungewöhnlich viel Platz für gemeinsame Erlebnisse. Selten genug wird ein Thema so intensiv diskutiert.

Auch wenn nicht immer die eigene Position vertreten werden kann, so ist auch im Hinblick auf die Praxis anzumerken, daß gerade die Auseinandersetzung mit der anderen Ansicht notwendig ist. Weiterhin besteht die einmalige Möglickeit, die eigene Rhetorik auf den Prüfstein zu stellen. Wer trotz der Lust die Angst verspürt hat reden zu müssen, konnte sich auch im Form der Recherche einbringen. Im Laufe der Bearbeitung, änderten sogar einige Beteiligte ihre persönliche Ansicht . Das das zeigt, wie offen und intensiv Argumente ausgetauscht wurden. Und der Reiz der Praxis wurde ebenfalls erkennbar.

Wenn der Fall in Karlsruhe entschieden sein wird, bietet sich durchaus eine Möglichkeit, die Entscheidung wegen der Hintergrundsinformationen besser nachvollziehen zu können. Vielleicht entsteht auch einen erneute Diskussion der Beteiligten über das Urteil bzw. den Beschluß. Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals für die Initiative der AG-Leiter bedanken, die mit viel zusätzlicher Arbeit das Projekt betreut haben.


Ein Ausblick

Die HU bietet bereits jetzt im Rahmen anderer Moot Courts Scheine an. Wenn Studierende der FU ihr Engagement dahingehend einsetzen, sollte auch für uns mittelfristig die Möglichkeit bestehen, Scheine im Rahmen einer Moot Court-Beteiligung erwerben zu können. Wer also interessiert ist, sollte die Chance nicht verpassen.

Die letzten Zweifel werden vielleicht dadurch ausgeräumt, daß sich einige Beteiligte weiteren Fragen stellen: Herr Dr. Oliver Dörr (838-56432), Herr Dr. Andreas von Arnauld (838-55595), Herr Ulrich Forsthoff (838-56433) und Frau Julia Platter (838-55212).

Michael Mai

(erschienen im DEFO-Info-Nr. 41 vom SS 2000)



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