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[Immatrikulationsfeier: Carola Stern begrüsst  Erstsemester]

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„Schriftsteller und Politik in Deutschland – ein Rückblick auf das 20. Jahrhundert“, lautet das Thema mit dem die Publizistin Carola Stern feierlich das Sommersemester 2003 eröffnen wird. Wer außer der Mitbegründerin der deutschen Sektion von amnesty international wäre hierzu berufener, spiegeln sich doch in ihrem bewegten Leben die Brüche und Katastrophen des 20. Jahrhunderts wider, aus denen die Publizistin gestärkt hervorgegangen ist. Als eine der wenigen politischen Publizistinnen hat sie jahrelang mit spitzer Feder für die Demokratiefähigkeit der Bundesrepublik gekämpft.

Aufgewachsen in der „Welt der Ja-Sager“ auf der Insel Usedom, arbeitet die einstige Jungmädelführerin Erika Assmus nach Ende des zweiten Weltkriegs in einem russischen Raketenforschungsinstitut als Bibliothekarin. Als die Russen in die Sowjetunion zurückkehren, bleibt die spätere Carola Stern in der SBZ und beschließt, Lehrerin zu werden. Ein gewisser Mr. Becker vom amerikanischen Geheimdienst bietet ihr an, Medikamente für ihre kranke Mutter zu besorgen, wenn sie dafür in die SED eintritt. 1950 wird sie als hoffnungsvoller kommunistischer Nachwuchs auf die SED-Parteihochschule in Kleinmachnow geschickt und übt sich in kommunistischen Phrasen, ohne an die Ideologie zu glauben. Ein Jahr später hat das Doppelleben ein abruptes Ende: Eine Denunziation zwingt sie zur Flucht nach West-Berlin, wo sie sich als Studentin bald den Ruf einer DDR-Expertin erwirbt. „Ich fand mich nicht zurecht in jener fremden, wirren Welt, in die ich hineingeraten war“, schreibt sie in ihren Memoiren „Doppelleben“, die im Jahr 2001 für einen großen Medienwirbel sorgten.

Sie beginnt unter dem Pseudonym Carola Stern zu schreiben und arbeitet als Assistentin am Institut für Politische Wissenschaft der Freien Universität Berlin. In dieser Zeit entgeht sie nur knapp zwei Entführungsversuchen der Stasi. Gewachsen an einer schweren Lebenskrise, verlässt sie Berlin und beginnt mit dem Umzug 1960 ihr „drittes“ und nach eigenem Bekunden „glückliches Leben“. Zunächst arbeitet sie als politische Lektorin bei Kiepenheuer & Witsch, später wird sie Redakteurin beim WDR. Mit Gerd Ruge gründet sie gemeinsam die deutsche Sektion von amnesty international, mit Heinrich Böll und Günther Grass die Zeitschrift „L 76“. Vielen ist Carola Stern als Biographin von bemerkenswerten Frauen wie Rahel Varnhagen, Helene Weigel, Dorothea Schlegel oder Fritzi Massary bekannt. „Umsetzung von Angst in Energie ist immer auch ein Stück Selbstverwirklichung“, sagt Carola Stern.

Die Feier im Auditorium Maximum im Henry-Ford-Bau, Garystr. 35, in Berlin-Dahlem, beginnt um 10.00 Uhr. Schon ab 9.00 Uhr präsentieren sich wieder viele universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen auf einer kleinen Informationsmesse im Foyer des Gebäudes. Der 16. April ist dies academicus, an dem vormittags keine Lehrveranstaltungen stattfinden, damit alle Universitätsangehörigen an der Immatrikulationsfeier teilnehmen können.

Felicitas von Aretin

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