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[Erprobungsmodell hat sich bewährt - Arbeitsgruppe legt noch im Juli Zwischenbericht vor. ]

Die Freie Universität praktiziert seit Januar 1999 neue Formen der Leitung und Kooperation in den Organen und Gremien der akademischen Selbstverwaltung. Das Erprobungsmodell, das in der Teilgrundordnung verankert ist, verfolgt das Ziel, Entscheidungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen. Es basiert auf § 7 a BerlHG, der sogenannten Erprobungsklausel. Sie ermöglicht den Hochschulen, befristet abweichende Regelungen vom geltenden Hochschulgesetz zu erproben. Eine vom Akademischen Senat einberufene Arbeitsgruppe von externen Sachverständigen ist der Frage nachgegangen, ob das Erprobungsmodell die damit verbundenen Erwartungen erfüllt hat. Der Vorsitzende dieser Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Müller-Böling, kommt in seinem nachfolgenden Beitrag für die FU-Nachrichten zu einem deutlich positiven Urteil

An der Fr.eien Universität ist eine Vielzahl von Reformen im Gange. Und für den Beobachter ist gar nicht immer so leicht ersichtlich, welche Aktivität zu welcher Reform gehört. Hochschulverträge, die Weiterentwicklung der leistungsorientierten Mittelvergabe, Budgetierung, die Einführung von Zielvereinbarungen, Dezentralisierung und Neuordnung der Fachbereiche, Neugliederung der Bibliothekssystems, Kosten- und Leistungsrechnung – all das gleichzeitig und dazu auch noch unter den Rahmenbedingungen eines Sparhaushaltes und bei vorgegebenem Personalabbau.

Was ist Sparmaßnahme, was ist Reform; was ist von staatlicher Seite auferlegt, was ist eine proaktive Maßnahme der Hochschule, um sich Luft und Handlungsfähigkeit zu verschaffen? Auch das ist im Hochschulalltag der Freien Universität nicht immer leicht ersichtlich.

Echte Reform – keine Sparmaßnahme

Und mitten drin das Erprobungsmodell. Das Erprobungsmodell ist eindeutig eine echte Reform, keine Sparmaßnahme, es ist vom Konzil der Freien Universität im Oktober 1998 beschlossen worden. Und es ist eine proaktive Maßnahme der Hochschule, um sich Luft und Handlungsspielraum zu verschaffen. Kern des Erprobungsmodells ist die Teilgrundordnung, die seit Januar 1999 in Kraft und zunächst auf eine vierjährige Laufzeit befristet ist. Darin sind die Aufgaben zwischen Präsidium, Akademischem Senat, Kuratorium, Dekanaten und Fachbereichsräten teilweise neu verteilt, anders als im geltenden Berliner Hochschulgesetz. Erprobt werden also mit dem Erprobungsmodell neue Leitungsstrukturen, die im Rahmen des § 7 a BerlHG von den Vorgaben des Gesetzgebers abweichen.

Die Freie Universität verfolgt damit im Kern das Ziel, die Hochschulautonomie zu stärken, die Entscheidungsprozesse zu vereinfachen und die Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Dazu sind die Aufgaben zwischen den Organen und Gremien so umverteilt, dass mehr Exekutivkompetenzen bei den Leitungsorganen Präsidium und Dekanat liegen, während der Akademische Senat und die Fachbereichsräte eine Kontrollfunktion ausüben sollen. Konkrete Entscheidungsabläufe, wie der Erlass und die Änderung von Studien- und Prüfungsordnungen und die Entscheidung über Berufungslisten und Zweckbestimmungen sind neu geordnet. Es gibt jetzt weniger Verfahrensschritte, Stellungnahmen des Akademischen Senats entfallen. Wichtig ist auch das neue Kuratorium der Freien Universität, das im Vergleich zum nun „schlafenden“ alten Kuratorium um die Hälfte verkleinert ist und ein echtes Gremium der Hochschule ist. Es ist mit fünf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, vier Mitgliedern der Hochschule und der Senatorin für Wissenschaft und Forschung qua Amt besetzt. Es berät das Präsidium in grundlegenden Planungsangelegenheiten und strategischen Fragen.

Erprobung im Test

Die Arbeitsgruppe zur Evaluation des Erprobungsmodells hat vom Akademischen Senat den Auftrag bekommen, die Konzeption und Umsetzung der Ziele des Erprobungsmodells zu bewerten. Dazu hat die Arbeitsgruppe die gesetzlichen Änderungen analysiert, Inhalt und Umfang der Gremienbefassung vor und nach Einführung der Teilgrundordnung verglichen und Erfahrungsberichte von Mitgliedern der Universität eingeholt.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind vom Akademischen Senat ausgewählt worden: Dr. Jürgen Ederleh von der HIS GmbH, Dr. Axel Horstmann von der VolkswagenStiftung, Prof. Dr. Gerhard Maeß von der Universität Rostock, Prof. Dr. Ayla Neusel von der Internationalen Frauenuniversität und der Universität Gesamthochschule Kassel, Dr. Ekkehard Winter vom Stifterverband und ich selbst, Leiter des Centrums für Hochschulentwicklung.

Die Arbeitsgruppe hat es sich mit der Evaluation nicht leicht gemacht. Um der Komplexität der Zielvorstellungen gerecht zu werden, die mit dem Erprobungsmodell verfolgt werden, hat sie nicht nur ihre eigenen Bewertungsmaßstäbe angelegt, sondern zu allererst die Erreichung der Ziele geprüft, die die Freie Universität selbst und der Berliner Senat mit dem Erprobungsmodell verfolgen.

Im Juli wird die Arbeitsgruppe dem Akademischen Senat einen Zwischenbericht vorlegen, die abschließende Evaluation wird zum Sommer 2002 erfolgen.

Schon heute kristallisiert sich eine im Gesamturteil deutlich positive Einschätzung des Erprobungsmodells heraus. Anhand der Analyse der Gremienbefassung vor und nach Einführung der Erprobungsregeln konnte die Arbeitsgruppe nachweisen, dass das vom Berliner Senat mit der Erprobungsklausel verfolgte Ziel, eine Vereinfachung der Entscheidungsprozesse zu ermöglichen, erreicht worden ist. In den zentralen Gremien (Kuratorium, ehem. Konzil und Akademischer Senat) hat die Arbeitsgruppe eine Verringerung des Sitzungsaufwandes um insgesamt 1,5 Personenjahre feststellen können.

Die Zielsetzungen der Hochschule, namentlich die Stärkung der Hochschulautonomie und die Erhöhung der Handlungsfähigkeit, werden von der Arbeitsgruppe geteilt. Die Arbeitsgruppe hält auch den von der Hochschule verfolgten Ansatz für richtig, zu diesem Zweck das Präsidium zu einem klaren Exekutivorgan zu entwickeln, das seine Legitimation durch die Wahl der Mitglieder der Hochschule im Zusammenwirken von Akademischem Senat und Kuratorium erhält und vom Akademischen Senat und Kuratorium sowohl kontrolliert als auch beraten wird. Hierin sieht die Arbeitsgruppe keine „Entdemokratisierung“ der Hochschule, wie von manchen Mitgliedern des Akademischen Senates in den Anhörungen vorgetragen wurde, sondern eine sachgerechte Aufgabenverteilung im Hinblick auf den Leistungsauftrag der Freien Universität in Forschung, Lehre und Studium. Wichtige strategische Entscheidungen, die das Präsidium im Erprobungszeitraum getroffen hat, weisen auf eine weitsichtige und verantwortungsvolle Aufgabenwahrnehmung hin. Dazu gehört die Leistung, trotz drastischer Sparauflagen und auferlegten Personalabbaus einen Korridor für Neuberufungen aufrecht zu erhalten ebenso wie die Entscheidung für eine Zusammenführung der Freien Universität auf dem Campus Dahlem.

Kooperation der Gremien funktioniert gut

Die Arbeitsgruppe hat auch aus den Anhörungen und Berichten von Universitätsangehörigen den Eindruck gewonnen, dass die sachgemäße und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Präsidium und Kuratorium zur Qualität der getroffenen Entscheidungen beiträgt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Rollenfindung hat das neue Kuratorium eine wichtige und positive Funktion für die Freie Universität eingenommen. Auch die Zusammenarbeit des Präsidiums mit den Dekanaten funktioniert gut. An der Freien Universität ist ein neues Aufgabenverständnis wahrnehmbar, bei dem den Fachbereichen mehr Entscheidungskompetenz in Fachfragen zugestanden wird und diese mehr Verantwortung übernehmen. Aber es bestehen auch noch Fragen. So scheint der Akademische Senat seine neue Rolle noch nicht ganz gefunden zu haben Er sollte aus Sicht der Arbeitsgruppe sein neues Aufgabenprofil dazu nutzen, stärker als bisher den hochschulweiten Dialog über die grundsätzliche Ausrichtung in akademischen Fragen zu führen.
Die Arbeitsgruppe wird im Zwischenbericht für eine Fortsetzung des Erprobungsmodells plädieren und zum Sommer 2002 Empfehlungen für eine mögliche Weiterentwicklung vorlegen.

Prof. Dr. Detlef Müller-Böling
Leiter des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE)
Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Evaluation des Erprobungsmodells

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