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Bericht aus dem Akademischen Senat (April 2004)


Das Präsidium, der AS und der ganze Rest*

Ich bin wichtig. Hm. Auf jeden Fall aber ist der Akademische Senat (AS) wichtig. Sehr wichtig sogar; Very Important sozusagen. Oder nicht? Zumindestens kam man sich bei einigen Sitzungen desselben genau so vor; angesichts massiven Schutzes durch Sicherheitsfirmen und eines nicht geringen Polizeiaufgebots muß man einfach VIP gewesen sein. Oder ist es einfach nur das Präsidium, was VIP ist und beschützt werden wollte?

Fakt ist, daß der AS einige seiner Sitzungen wegen verschiedener Störaktionen teilweise verlegte und teilweise ganz ausfallen ließ. Fakt ist auch, daß Sicherheitspersonal auf teilweise unerträgliche Art und Weise mit den Studierenden umging, die lediglich den öffentlichen Sitzungen beiwohnen wollten, und daß eine Sitzung sogar weit außerhalb der Universität unter beträchtlichem Polizeischutz und ohne Öffentlichkeit abgehalten wurde.

Ganz gleich, ob nun das Präsidium zu Recht oder Unrecht entsprechende Befürchtungen hatte, oder ob gewisse Störungen einfach nur studentische Provokationen sein sollten oder aber selbst Ergebnis von Provokationen durch die Universitätsleitung waren; irgendwas stimmt auf jeden Fall nicht, wenn solche Maßnahmen für notwendig erachtet werden. Es ist mitunter auch ein Zeichen dafür, daß irgendwo zwischen der Leitung der FU, seinen Gremien und der (zahlenmäßigen) Basis der FU, nämlich den Studierenden, einiges im Argen liegt.

Auf der vorletzten Sitzung jedenfalls zogen die Vertreter der Liste "FSIs Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften" ihre Konsequenzen. Sie traten geschlossen zurück.

"Die Reaktionen des Akademischen Senats der Freien Universität Berlin auf die hochschulpolitischen Entwicklungen der vergangenen Wochen und Monate haben deutlich gemacht, dass dieses Gremium nicht mehr in der Lage ist, nur im entferntesten parlamentarische Kontrollfunktionen innerhalb der Universität auszuüben. Bereits seit einigen Jahren ist der Akademische Senat durch das Erprobungsmodel erheblich in seinen politischen Kompetenzen eingeschränkt, doch auch die dem Gremium noch verbliebenen hochschulpolitischen Mitwirkungsmöglichkeiten hat dieses in seiner momentanen Zusammensetzung nur unzureichend wahrgenommen. Wiederholt wurden in den vergangenen Sitzungen Anträge des Präsidiums der FU unter Verweis auf einen angeblich unabänderlichen Sachzwang beschlossen ohne zuvor ernsthafte Grundsatzdebatten über ihren Inhalt und ihre Implikationen zu führen.
In Fällen, in denen ein gewisses Maß an Opposition gegen diese Vorgehensweise von Seiten der StudierendenvertreterInnen in Form eines Gruppenvetos geleistet wurde, wurde dies als "formalistische Spielerei" abgetan und wie im Fall des Beschlusses über die Zulassungsordnung unverhohlen missachtet. So hat die FU seit Ende Dezember eine Zulassungsordnung, die weder vom AS noch vom Präsidium offiziell verabschiedet bzw. verfügt worden ist, sondern lediglich Produkt verwaltungsinterner Erwägungen ist.
In den letzten Sitzungen hat sich zudem zusehends offenbart, dass die Umgangsformen und die Atmosphäre im Akademischen Senat ein Maß an Unerträglichkeit erreicht haben, über das wir nicht mehr hinweggesehen wollen und können.
In diesen Zusammenhang gehört unter anderem, die seit dem Ende des vergangenen Jahres anhaltende Tendenz, die studentische Öffentlichkeit konsequent (durch den Wachschutz der FU oder mit Hilfe der Berliner Polizei) von den AS-Sitzungen auszuschließen und damit Studierenden bereits im Vorhinein kollektiv als UnruhstifterInnen zu verurteilen. (Im Gegensatz dazu entschloss sich der Akademische Senat der Technischen Universität in aller Öffentlichkeit auf dem Wittenbergplatz zu tagen.) [...]
Auch im Verlauf der jüngsten Studierendenproteste, die von einem Teil der Lehrenden der FU mitgetragen wurden, ließ der AS keinerlei Interesse an den Forderungen und Vorschlägen der Studierendenschaft erkennen.
Die mangelnde Dialogbereitschaft mit der Studierendenschaft und anderen Interessengruppen, innerhalb des Akademischen Senats und der Freien Universität, sowie die Tatsache, dass sich der AS zusehends selbst entmündigt, sind unserem Ermessen nach Kennzeichen einer zunehmenden Entdemokratisierung der Hochschulpolitik an der FU. Aus diesem Grund können wir es weder den uns unterstützenden Studierenden gegenüber verantworten noch mit unserem Gewissen vereinbaren, durch unsere Mitwirkung im Akademischen Senat diese politische Entwicklung weiterhin zu sanktionieren. Daher erklären wir hiermit unseren sofortigen Rücktritt vom Mandat im Akademischen Senat. [...]"

Auch wenn ich diesen Schritt für mich und das DEFO nicht für den richtigen halte, kann und möchte ich ihn dennoch nicht bewerten: Ob er richtig oder falsch war, muß die entsprechende Gruppe für sich entscheiden. Allerdings kann ich den Schritt bzw. die Gründe für ihn leider durchaus in den Grundzügen nachvollziehen; ganz von der Hand zu weisen sind die Überlegungen nicht.

Bisher ist der Rücktritt jedoch noch nicht vom Präsidenten genehmigt worden, solange sind wir übrige studentischen Vertreter in der unangenehmen Lage, kein Gruppenveto einlegen zu können. Man wird abwarten müssen, was passiert.


Der Berliner Senat, Giftlisten und der ganze Rest

Etwas ganz anderes ist allerdings schon passiert, und dennoch gilt es abzuwarten. Die Sarrazinschen Einsparvorgaben wurden vom Präsidium in konkrete Zahlen für die FU umgewandelt. Und um das Heft des Handelns nicht völlig aus der Hand zu geben und etwa wieder unter die direkte Finanzkontrolle der Berliner Regierung zu fallen, hat sich der AS den Ausarbeitungen unseres Präsidiums angeschlossen und die sog. Giftliste verabschiedet. Das heißt konkret vor allem Stellenabbau in allen Bereichen, quer durch alle Statusgruppen und Einsparungen bei Sachmitteln oder Bibliotheksöffnungszeiten. Das heißt aber in Einzelfällen auch die komplette Abwicklung ganzer Studiengänge, für die der AS konsequenterweise im kommenden Semester auch schon einen vollständigen Zulassungsstop für neue Studierende erlassen hat.

Und dennoch, vorbei ist das alles noch nicht; die bisher beschlossenen Strukturpläne müssen noch weiter ausgearbeitet und konkretisiert werden - eine Aufgabe, die im kommenden Semester ansteht und sicher ebenfalls nicht einfach wird.


Modularisierung, Bachelor / Master und ... na Ihr wißt schon

Nachdem um den Jahreswechsel herum die Grundsätze und Richtlinien für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge auf den neuesten Stand gebracht wurden, hat der AS in seiner letzten Sitzung - trotz teilweiser schwerwiegender Bedenken seiner studentischen Mitglieder gegen einzelne Studienordnungen - den ersten Schwung neuer Bacherlorstudiengänge eingerichtet. Damit wurde insbesondere auch der wichtige Schritt getan, um ab dem Wintersemester gemäß dem Beschluß des Berliner Abgeordnetenhauses http://www.fu-berlin.de/einrichtungen/verwaltung/zuv/abt-2/2bmsla/doku/lehrer.pdf die bisherigen Lehramtsstudiengänge auf das BA/MA-System umzustellen. Ich sage "wichtiger Schritt", ob er aber auch gut ist, bleibt noch abzuwarten: Denn auch für die sog. lehramtsbezogenen BA/MAs gilt "Der Bachelor ist der Regelabschluß". Somit wird also ein Großteil der Studienanfänger ihr Berufsziel "Lehramt" niemals erreichen können; die Berliner Politik nennt es euphemistisch "Die dreijährigen Bachelor-Studiengänge führen zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss für bestehende und noch zu entwickelnde Berufsfelder außerhalb des Lehramts." Mit anderen Worten "Die Umstellung auf BA/MA ist wichtig und gut, aber denkt bitte nicht, daß wir BA-Absolventen nehmen würden!"

Dieses Problem stellt sich im übrigen auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes, wo meines Wissens nach gemäß aktueller Rechtslage ein Hochschulstudium - und zwar eines von mindestens vier(!) Jahren - Eingangsvoraussetzung ist. Der Bachelor dauert aber leider nur drei Jahre!


Und nun wirklich der ganze Rest oder "was sonst noch geschah"

Der AS hat sich, was nach Jahrzehnten auch wirklich mal notwendig war, eine neue Geschäftsordnung gegeben. Allerdings konnte nur durch ein studentisches Gruppenveto u.a. verhindert werden, daß sich der AS fortan (entgegen geltenden Gesetzen!) von der Öffentlichkeit abschottet und nur noch Universitätsmitglieder als Zuhörer zugelassen sind. Auf der auf das Veto folgenden Sitzung konnte dies und noch einige andere Problempunkte des präsidialen Vorschlages dann durch entsprechende, von mir eingebrachte Anträge korrigiert werden.

Was hingegen leider nicht verhindert werden konnte, war die Fortschreibung des nahezu flächendeckenden NCs an der FU, einer Maßnahme, die angesichts ihrer drastisch einschneidenden Wirkung in dieser Form schlicht unverhältnismäßig ist und deshalb nachwievor von uns abgelehnt wird.

Ach ja, wer sich jetzt noch mehr für die Sitzungen des AS interessiert: Aus dem Uni-Netz sind dank unserem Bemühen neuerlich die Protokolle des AS unter http://www.fu-berlin.de/service/zuvdocs/senat/protokolle/ als pdf zu erhalten. Wie gesagt, nur aus dem Uni-Netz (vor allzu großer Öffentlichkeit fürchtet man sich offenbar), aber immerhin.

*frei nach Douglas Adams

Stephan Manske

(erschienen im DEFO-Info Nr. 49 vom SS 2004)



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