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Probleme durch Tourismus

Während im indonesisch/philippinischen Bereich Riffe insbesondere durch Raubbau und Umweltverschmutzung geschädigt werden, sind es auf den Malediven und im Roten Meer vor allem die Touristen, die den Riffen zu schaffen machen. In der Karibik sind die Riffe von beiden Problemen sowie von generellen Klimaauswirkungen betroffen.

 

Rifftouristen

Tourismus soll und darf hier nicht verteufelt werden. Er ist nicht nur de-facto Entwicklungshilfe für Entwicklungsländer, sondern er kann auch zum Riffschutz beitragen (siehe unten): Nach dem großen Verhaltensforscher Konrad Lorenz kann man nur schützen, was man kennen und lieben gelernt hat. Dies gilt auch für Riffe. Taucher und andere Rifftouristen können dazu beitragen, auf Gefährdungen aufmerksam zu machen und die nachhaltige Nutzung von Riffen zu verbessern. Tatsächlich waren es Sporttaucher, die die Wissenschaftler auf die in den letzten Jahren rapide Verschlechterung des Zustands der Riffe aufmerksam machten, was letztendlich zur oben erwähnten globalen ReefCheck-Aktion 1997 führte. Man muß jedoch die Gefahren kennen, die von umweltunverträglichem Tourismus ausgehenkönnen:

Riffe werden durch Ankerwerfen (Taf. 3/2) und unvorsichtige Taucher und Schnorchler direkt geschädigt. In vielen Riffgebieten werden in großem Maßstab Ausflüge zu Riffen organisiert. Aus eigener Anschauung kennen die Autoren Riffe vom Roten Meer, zu denen täglich mindestens 20 Boote, oftmals bedeutend mehr fahren, jedes vollgepackt mit Zehnerschaften von Schnorchlern oder Tauchern. Alle diese Boote ankern direkt in den Riffen, häufig erst nach mehreren ergebnislosen Versuchen. Jedesmal werden große Korallenstöcke dabei umgerissen und sterben ab. Ist das Riff touristisch nicht mehr interessant, fährt man eben zum nächsten.

Taf. 3/2: Ankerschäden im Riff. Auch hier werden die Anker vielfach täglich geworfen und ein Riff ist schnell zerstört. Ankerbojen können Abhilfe schaffen.

 

Viele Taucher stützen sich oft direkt im Riff ab, etwa um ein ruhiges Foto zu schießen (Taf. 3/1), ja sie setzen sich regelrecht ins Riff und beschädigen mit ihrem Körper und ihrer Ausrüstung die Riffe. Schnorchler haben oftmals weit mehr Probleme, unter Wasser zu posieren und halten sich gerne an Geweihkorallen fest. Unter den Schnorcheltouristen gibt es viele, die nicht einmal richtig schwimmen können, das Salzwasser trägt ja und zur Not kann man sich auf die Riffe stellen, was leider häufig genug geschieht. Stellt man sich nicht auf eine Koralle, sondern auf ein Sandareal, wird durch die Flossen viel Sediment aufgewirbelt, wiederum schädlich für die Riffe, wenn es laufend passiert.

Taf.3 / 1: Korallen dürfen nicht berührt werden. Die Gefährdung kommt hier durch die Masse der Besucher zustande. An einer Geweihkoralle wie dieser posieren täglich viele Hunderte von Besuchern für ein Foto; die Koralle wird dies nicht lange überleben.

 

Um Riffische anzulocken, werden zum Teil große Mengen von Futter eingebracht. Algenabgrasende Fische können ihre Futtergewohnheiten umstellen und ihre wichtige Aufgabe, Algen im Riff abzuweiden, vernachlässigen. Außerdem ist das in der Regel aus altem Brot bestehende Fischfutter ungesund und macht die Fische anfälliger für Krankheiten. Scheue Fische werden sich nicht füttern lassen, aber die weniger scheuen werden bevorzugt, so daß sich ökologische Gleichgewichte verschieben können, Fische können aggressiv werden, wenn sie einem Taucher begegnen, der sie nicht füttert. Genug Gründe, Fischfütterungen zu unterlassen.

Auch das Abbrechen von Korallen als Souvenirs ist beliebt, oftmals mit der Begründung, daß ein Hurrikan ja weitaus größere Verwüstungen anrichtet. Tropische Wirbelstürme treten aber in manchen Riffgebieten, wie etwa dem Roten Meer gar nicht auf; dort wo sie auftreten, sind die Riffe daran angepaßt. Ein Wirbelsturm schädigt die Korallen im Flachwasser mehr oder weniger gleichmäßig, so daß alle wieder gleiche Ausgangschancen für den weiteren Fortbestand haben, also fast ein Jungbrunnen-Ereignis, sofern nicht gleich wieder der nächste Wirbelsturm auftritt. Durch Tauchtouristen werden aber besonders ansprechende Formen, wie die Pilzkorallen bevorzugt und dauernd aufgesammelt. Dadurch entsteht ein schädigender Dauerstreß sowie eine Gleichgewichtsverschiebung. Pilzkorallen etwa wagen sich als eine von wenigen Steinkorallen in Sandareale vor. Abgestorbene Skelette können von weiteren Korallen besiedelt werden, so daß sich das Riff zur Seite vergrößern kann und insgesamt stabiler wird.

Rifftouristen, die vorziehen, nicht ins Wasser zu gehen, nehmen lieber an Ebbwanderungen über das Riffdach teil (Taf. 3/3). Geschieht dies unkoordiniert und nicht auf einem vorgegebenen Pfad, entstehen dem Riff ebenfalls empfindliche Schäden.

Taf. 3/3: Riffe als mißbrauchte Erlebniswelt. Wanderungen, Fischfütterung und 'laissez faire' für Groß und Klein direkt auf dem Riffdach schädigen die Riffe enorm. Paradoxerweise ist im abgebildeten Fall der Tourismus das kleinere Übel, da ansonsten diese Riffe zur Zementherstellung mißbraucht würden. So werden wenigstens die umliegenden, nicht touristisch erschlossenen Riffe geschützt.

 

Sonstiger Tourismus

Viele Menschen fahren zwar zum Urlaub in Riffgebiete, sie sind jedoch weniger an Riffen interessiert als vielmehr am warmen Klima und an den kristallklaren, ruhigen und schneeweißen Lagunenstränden, die ja ohne Riffwachstum oft nicht vorhanden wären. Touristenresorts liegen damit häufig unmittelbar in der Nähe von Riffen oder gar auf Riffinseln. Auch hier gelangen, bei übertriebener bzw. ungeregelter touristischer Erschließung Abwässer auf direktestem Weg zum Riff. Um Bootszufahrten zu schaffen, werden Durchlässe in das Riff gesprengt. Durch aufgewirbelten Schlamm werden auch die Nachbarriffe geschädigt, außerdem können die Durchlässe Erosion von der Riffrückseite bewirken. Motorisierter Wassersport kann durch lecke Motoren und Treibstofftanks sowie durch Ankern Riffe schädigen. Müll wird oft in direkter Nachbarschaft der Ressorts deponiert (Taf. 3/4). In ariden Riffgebieten, speziell im Roten Meer wird oft ein unsinniger Süßwasserverbrauch betrieben. In vielen Hotels werden zweimal täglich Handtücher, ja sogar die Bettwäsche gewechselt. Zu hoher punktueller Süßwassereintrag aus Brauchwasserabflüssen hat schädigende Folgen. Wo Meerwasserentsalzungsanlagen verwendet werden, schädigt die ausfließende konzentrierte Salzlauge die Rifforganismen.

Taf.3/4: Müll durch Rifftouristen.

 

Enorme Mengen von Muscheln, Schnecken und Riffkorallen, die allesamt wichtige Aufgaben bei der Erhaltung eines Riffes haben, werden aus den Riffen systematisch und großmaßstäblich geräubert (Taf. 3/5,6). Besonders verwerflich ist es, wenn, wie in etlichen Staaten üblich, zwar das direkte Aufsammeln unter empfindlichen Strafen steht, die "Souvenirs" jedoch um die Straßenecke, meist importiert aus anderen Ländern zu einem Spottpreis gekauft werden können. Sie können derartige "Souvenirs" sogar am Mittelmeer oder in Mitteleuropa kaufen (Taf. 3/7), wo die Tiere nie gelebt haben und unterstützen damit unbewußt durch erhöhte Nachfrage die Zerstörung von Riffen.

Taf.3 / 5 und 6: Korallen und andere Rifftiere werden in vielen Ländern im großen Maßstab zu "Souvenir"-Zwecken geplündert.

 

Umweltkatastrophen

Tankerunglücke, leckende küstennahe Raffinerien, die nicht nur während des Golfkriegs vorhanden waren, leckende Ölplattformen oder Atombombenversuche in Riffatollen schädigen die Riffe ebenfalls ganz erheblich.

 

Der menschengemachte Anteil des Treibhauseffekts

Riffe sind an hohe Wassertemperaturen angepaßt, was das Tauchen und Schwimmen in Riffgebieten so angenehm macht. In manchen Jahren sind diese Temperaturen aber besonders erhöht und sogenanntes Korallenbleichen (Bleaching) setzt ein (da die farbegebenden, im Korallengewebe mit den Korallen in Symbiose lebenden und für die Korallen lebensnotwendigen Algen durch Temperaturerhöhung absterben bzw. ausgestoßen werden) (Taf. 3/9). Ursache dafür sind oft natürliche Klimaschwankungen, wie insbesondere die El Niño-Ereignisse. Davon erholen sich die Korallen aber in der Regel wieder, sofern sie nicht bereits vorgeschädigt sind und in den darauffolgenden Sommern nicht wieder ähnliche Temperaturspitzen auftreten. Es hat jedoch den Anschein, daß wegen der globalen Temperaturerhöhung diese Bleichungsereignisse zunehmend häufiger auftreten, so daß sich viele Korallen nicht mehr davon erholen können. In wenigen Jahren starben so in der Karibik die wichtigsten Riffkorallen ab und es ist äußerst zweifelhalft, ob sie sich wieder davon erholen können. Auch die dünner werdende Ozonschicht schädigt die Algensymbionten der Riffkorallen in zunehmendem Maße. Korallen des flachsten Wassers, die grundsätzlich an die erhöhte UV-Strahlungsintensität in diesem Bereich angepaßt sind, starben in vielen Gebieten in den letzten Jahren wegen der ansteigenden UV-Werte ebenfalls ab.

Taf. 3/9: Diese Elchgeweihkoralle lebt noch, zeigt jedoch schon helle Bleichungsflecken, während alle anderen umgebenden Korallen bereits dem berüchtigten Korallenbleichen zum Opfer gefallen sind. Das Korallenbleichen wird durch Temperaturspitzen sowie durch erhöhte ultraviolette Strahlung verursacht.

Zusatzbild 1: Hier sind alle Geweihkorallen bereits durch Bleaching abgestorben.

 

Zusatzbild 2: Hier hat sich durch Umwelteinflüsse das Korallenwachstum so verlangsamt, daß das Gleichgewicht zwischen Riffaufbau und Riffabbau stark gestört ist und das Riff von abbauenden Organismen 'bei lebendigem Leib' aufgefressen wird.

Durch den Treibhauseffekt steigt auch der Meeresspiegel langsam aber stetig an. Die Erdgeschichte zeigt, daß gesunde Riffe durchaus mit einem Meeresspiegelanstieg mitwachsen können und damit ihre Schutzfunktion für Küsten weiterhin aufrechterhalten könnten. Sind jedoch mit dem Meeresspiegelanstieg zusätzliche Probleme (wie z.B. Korallenbleichung wegen Temperaturerhöhung und zurückgehender UV-Filterung, Überdüngung durch Abwässer) verbunden, wird das Riffwachstum zurückgehen und tropische Wirbelstürme bei Wegfall des natürlichen Wellenbrechers Riffe verheerende Schäden anrichten. Dies wird wieder einmal vor allem die Entwicklungsländer betreffen....

 

 

 



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