(Klick hierauf sprengt evtl. Frame)

vorherige Seite

(2. von 7 Seiten)


Tourismus

Urlaubsreisen sind ein Luxus, den sich fast ausschließlich Bewohner reicher Länder oder die Reichsten der Bewohner armer Länder leisten können. Allerdings darf man daraus nicht ableiten, daß beim Verschwinden von Riffen eben nur diese Touristen betroffen wären. Die wichtigste Einnahmequelle von Entwicklungsländern ist heute der Tourismus, insbesondere der Küstentourismus. Viele Riffe befinden sich in Entwicklungsländern. Die Einnahmen im Küstentourismus allein in der Karibik, einem der klassischen Riffgebiete belaufen sich jährlich auf mindestens 10 Milliarden US $; Tendenz steigend. Werden die Riffe zerstört, bleiben nicht nur die Rifftouristen weg. Wie wir bereits geschildert haben, gibt es ohne Riffe keine flachen, ruhigen, grünblauen Lagunen, fallen ohne schützendes Riffbollwerk viele idyllische Sandstrände der Abtragung der Wellen zum Opfer und viele Küstenressorts wären den häufigen Stürmen schutzlos überlassen (Taf. 1/5). Damit würden nicht nur die Rifftouristen, sondern auch die 'nur' tropische Idylle und Strände suchenden, zahlenmäßig überwiegenden Normaltouristen wegbleiben und viele Entwicklungsländer vor dem Bankrott stehen. Aktive Sporttaucher gibt es weltweit etwa 7 Millionen, wobei die Deutschen wahrscheinlich die größte Gruppe stellen. Schnorcheltouristen belaufen sich auf ein Vielfaches davon und die Zahl von Touristen, die Riffe nicht selbst besuchen, jedoch in Riffländern Urlaub machen, liegt noch um eine Potenz höher.

Taf.1/5: Von Küstentourismus leben viele Länder, und auch in Europa wird viel Geld damit verdient. Viele traumhafte Sandstrände würden sich ohne Riffe überhaupt nicht bilden bzw. wären schnell fortgespült, wären sie nicht wie in der Abbildung durch Riffe geschützt.

 

Aber auch in den Industrieländern wären merkliche Wirtschaftseinbußen spürbar. Der Tourismus in Riffgebiete stellt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor auch in den Standorten Deutschland, Österreich und der Schweiz dar; man denke nur an die Reiseveranstalter, Tauchausrüster, Tauchschulen und sonstige Wassersportgerätehersteller. Nicht ohne Grund ist eine der weltgrößten Messen für Wassersport, die "boot" in Deutschland (Düsseldorf) angesiedelt und zieht jährlich fast eine halbe Million Besucher an.

 

Pharmazeutische Ressourcen

Erst in letzter Zeit erkannt wird die Bedeutung von Riffen hinsichtlich der vielfältigen biologisch wertvollen Substanzen, die Rifforganismen produzieren. Diese Organismen - allen voran Schwämme, Weichkorallen, Algen, Seegurken und Seescheiden - stellen ein unbezahlbares und derzeit unüberschaubares Reservoir medizinisch bedeutsamer Stoffe dar, deren Erforschung gerade erst begonnen hat (Taf. 1/4). Die genetischen Ressourcen haben nach Schätzungen einen Wert in der Größenordung von vielen Milliarden von Mark. Prostaglandin etwa regt glatte Muskeln an und wird unter anderem in der Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen, Asthmaleiden, Magengeschwüren und zur Geburtserleichterung eingesetzt. Es fand sich früher nur in winzigsten Mengen in bestimmten Blättern und den Harnblasen von Schafen und war deshalb etwa hundertmal teurer als Gold. Inzwischen kann man es aus Hornkorallen gleich grammweise extrahieren. Korallenskelette werden inzwischen auch als Knochenersatz verwendet, da der Körper dagegen weniger Abstoßreaktionen zeigt, als bei künstlichen Prothesen. Gegen viele üblicherweise verwendeten Antibiotika sind die Erreger bereits resistent geworden. Es gibt Hoffnung, daß die Rifforganismen neue Substanzen produzieren, die der Mensch entdeckt und nutzen kann. Wir haben bereits aus Rifforganismen gewonnene Stoffe, die den Verlauf von Krebs und Aids abmildern, vielleicht kann ja das Riff sogar einmal die Substanzen zur vollständigen Heilung liefern. Natürlich erfordert dies eine ökologisch vertretbare und nachhaltige Nutzung der Riffressourcen. Raubbau muß auch hier in jedem Fall vermieden werden.

Taf.1/4: Rifforganismen wie Hornkorallen, Algen, Seegurken, Seescheiden oder die abgebildeten Schwämme stellen ein gewaltiges Reservoir medizinisch bedeutsamer Stoffe dar, deren Erforschung gerade erst begonnen hat.

 

Riffe als Frühwarn- und Aufzeichnungssystem von Umweltveränderungen

Riffe stellen wichtige Frühwarnsysteme für den Zustand bzw. die Änderung lokaler, regionaler und wohl auch globaler Umweltänderungen dar. Sterben Riffe in einem bestimmten Areal ab, bekommt man damit häufig einen wichtigen Hinweis auf einen neuen Umweltverschmutzer und kann gegebenenfalls noch rechtzeitig einschreiten. Anwendungen ergeben sich etwa bei übermäßiger Dünger- und Pestizideinleitung, aber auch zum Nachweis fehlender Filteranlagen etwa bei Schwermetallen. Dies erfordert natürlich die ständige Überwachung ausgewählter, nach einem bestimmten Plan verteilter Riffgebiete. Auch nachträglich kann man noch derartige Verschmutzungen rekonstruieren. Steinkorallen wachsen mehrere Millimeter bis Zentimeter pro Jahr und bilden in ihrem Skelett Jahreszuwachsstreifen ab, die man mit den Jahresringen von Bäumen vergleichen kann (Taf. 1/6). Bohrt man in eine lebende Koralle vorsichtig ein Loch und entnimmt einen Skelettkern, kann man die Jahre rückwärts abzählen und hat so in manchen Fällen eine Überlieferung bis zu 1000 Jahren. Einleitung von Schadstoffen, z.B. von Schwermetallen, hinterlassen Anreicherungen dieser Elemente im Kalkskelett, sofern die Koralle das Ereignis überlebt hat. Die Schadensquelle kann man so auch noch nach Jahrzehnten ausfindig machen. Schwermetalleinleitungen gehen häufig auf fehlende Filterung von Schadwässern bzw. Schadensfälle aus dem Erzbergbau zurück. Die beschriebene Methode kann auf eine verunreinigte Flußmündung hinweisen. Auch nach Jahren kann so die Häufigkeit von Schadensfällen in Erzminen nachgewiesen werden, selbst wenn diese am Oberlauf der Flüsse angesiedelt sind.

 

 

Während des Wachstums von Korallenriffen werden auch die Wassertemperaturen sehr detailliert aufgezeichnet. Das Verhältnis der natürlich vorkommenden Sauerstoffisotopen O16 und O18 ist temperaturabhängig und wird entsprechend im Korallenskelett überliefert. Wiederum kann man die Jahre zurückzählen oder mit der C14-Methode das Alter der Korallen radiometrisch bestimmen. Man erhält so wertvolle Hinweise, wie sehr die Temperaturen über die Jahre geschwankt haben und ob sich seit Beginn der Industriellen Revolution vor etwa 100 Jahren Änderungen ergeben haben. Riffe können damit entsprechende Aufzeichnungen im polaren Gletschereis für den tropisch/ subtropischen Bereich ergänzen und stellen somit eine wertvolle Datenbasis dar, um unser zukünftiges Klima langfristig vorherzusagen. Während von manchen noch diskutiert wird, ob sich die Welt tatsächlich in den letzten Jahrzehnten erwärmt hat, sprechen die Riffe hier eine recht klare Sprache. Sie vermitteln dabei ein differenziertes Bild, in denen natürliche Klimaschwankungen, wie etwa die El Niño-Ereignisse und anthropogene Änderungen gleichermaßen aufgezeichnet werden.

Taf. 1/ 6: Jahresringe eines angebrochenen Korallenskelettes in starker Vergrößerung. Die chemische Zusammensetzung der Jahresringe erlaubt Rückschlüsse auf frühere Wassertemperaturen und Wasserverunreinigungen. Korallen werden damit zu einem wichtigen Überwachungsinstrument für den Zustand der Meere sowie zu einer Datenbasis zur Vorhersage zukünftiger Klimaentwicklungen

 



nächste Seite

Bedeutung von Riffen | Angriff auf die Riffe | Ein Ausweg aus dem Dilemma?

Riffressourcen-Server | Virtuelle Hochschule