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Von gestern:
Kleidung, die es heute nicht mehr gibt

Seit dem Entstehen modischer Entwicklungen in Europa im Hochmittelalter ist, die Kleidung der Menschen betreffend, eine Vielzahl von Variationen entstanden. Manche Kleidungsstücke blieben in Abwandlungen bis heute erhalten. Andere kamen nicht nur aus der Mode, sondern verschwanden völlig und sind heute nur noch in Museen zu bewundern. Oder auf Bildern.
Auch die Vier Jahreszeiten Joos de Mompers zeigen manches Kleidungsstück, das im Laufe der Jahrhunderte völlig aus dem Alltagsbild verschwunden ist.

Hauben
Krägen
Schürzen
Hosen

Hauben
Die Haube, entstanden aus dem einfachen Kopftuch, hielt sich als vornehmlich weibliches Kleidungsstück vom 14. bis zum 17. Jahrhundert. Lange gehörte sie zur "Standardausstattung" einer jeden Frau. Am weitesten verbreitet war sie als flache, weiße Leinenhaube: [S]
Wohlhabendere Damen aus den oberen Ständen verzierten ihre Hauben, wie zum Beispiel die junge Frau rechts im Bild, die ihre Haube mit Perlen geschmückt hat: [S]

Krägen
Dieser Kragen, die sogenannte "Kröse" (auch Dutten- oder Mühlsteinkragen genannt), fand in Europa mit dem Siegeszug der spanischen Tracht seit etwa 1560 weite Verbreitung. Die Kröse hatte sich aus dem Kragen des ansonsten völlig durch darüberliegende Oberbekleidung verdeckten Hemdes entwickelt. Der ursprüngliche, einfachen Kragen wurde zu einer dichten, steifen Rüsche umgebildet. Hierbei wurde das feine Linnen mit der Brennschere getollt, um ihm seine dicht gewellte Form zu geben. Die Kröse wurde im Laufe der Jahrzehnte zunehmend verkleinert und kam Mitte des 16. Jahrhunderts ganz aus der Mode, überlebte aber regional in der Amtstracht protestantischer Geistlicher. Gerade in den Niederlanden hielt sie sich lange Zeit [Bruhn / Tilke, 22]. Die Männer gewannen durch den Wegfall der Kröse Platz für längere, vollere Bärte und längeres Haar. [S]

Auch beliebt war im Holland Joos de Mompers offensichtlich der offene, hochstehende Spitzenkragen, der uns auf den Bildern der Vier Jahreszeiten häufig begegnet:
[S] [S] [S]

Später fiel der Kragen wieder auf die Schultern herab und wurde weniger auffällig.

Es scheint, als hätte der Kragen als das Gesicht umrahmender und betonender Teil der Kleidung damals weit größere Bedeutung gehabt als heute.

Schürzen
Die Schürze wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einem repräsentativen Bestandteil vor allem der bürgerlichen Tracht. In Adelskreisen zunächst weniger beliebt, erlangte sie bei Bürgerinnen und Bäuerinnen große Beliebtheit, wie auch die Bilder Mompers bezeugen. Es finden sich Schürzen zu allen Jahreszeiten. Aus der häuslichen Arbeitskleidung hervorgegangen, lag ihre Symbolik in der "Beziehung zur souverän wirtschaftenden Ehefrau und arbeitsamen Bürgerin" [Brost, 98] . Die Schürze repräsentierte die "häusliche Gewalt über Küche und Keller" [Brost, 98]. Der Stellenwert, den die Schürze als modisches Accessoire seit der Renaissance eingenommen hatte, zeugt von den engen Beziehungen zwischen Mode und Arbeitstracht [Thiel, 175].
Auffällig auf den Vier Jahreszeiten ist die sich oft wiederholende Farbkombination von rotem Unterrock und blauer Schürze bei einfachen, hart arbeitenden Frauen oder Bediensteten:
[S] [F] [W]
Teils wurde die Schürze als zweckmäßiges Kleidungsstück bei der Arbeit benutzt, um beispielsweise gesammelte Früchte zu tragen: [H]
Bürgerliche Damen setzten sich farblich deutlich von der "gewöhnlichen" Tracht ab, indem sie zartere Farben bevorzugten: [S]
Die Schürze hielt sich in der bäuerlichen Tracht bis ins 20. Jahrhundert. Heute ist sie auf ihre Funktion als Arbeitskleidung reduziert, sei es in Garten, Küche oder Werkstatt.

Hosen
Seit Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Hose "geteilt": den oberen Teil bildete die Oberschenkelhose, den unteren Teil ersetzten enganliegende Strümpfe:
[S] [H] [H]
Diesen recht schlichten Kniehosen war ein weit interessanteres, abenteuerliches Beinkleid vorausgegangen: die Pluderhose (von plodern = rauschen) [Bruhn / Tilke, 23]. Dieses faszinierende Kleidungstück findet sich auf den Vier Jahreszeiten nur ein einziges Mal. Um größere Bewegungsfreiheit (nicht zuletzt im Kampf) zu ermöglichen, hatten die Landsknechte im 16. Jahrhundert den Oberstoff der Hosen zerschlitzt. Zunächst wurden die Schlitze mit dekorativen Stoffen unternäht. Um diese dekorative Wirkung noch zu erhöhen, wurde das Futter später bauschig zwischen den Schlitzen hervorgezogen, so daß es hervorquoll und, oft noch zusätzlich verziert, weit herabhing. Die Hose war kaum mehr als solche zu erkennen . Mit einem solch bizarren Beinkleid ist der Trommler vor dem Stadttor auf dem Winter-Bild ausgestattet.
Die Pluderhose wurde von vielen Zeitgenossen als grobe Unzüchtigkeit angesehen, und es entbrannte ein heftiger Streit. Dennoch blieb die Kleidung gerade der höheren Stände vom Einfallsreichtum der Landsknechte nicht unberührt, wenn sie die Landsknechtmode auch nur in abgeschwächter Form übernahm.
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