Student Frederik Heinrich bei der Arbeit an einem der neuen Arbeitsplätze.
Am Institut für Anorganische Chemie sind von der Technischen Abteilung der Freien Universität die bundesweit ersten behindertengerechten Laborarbeitsplätze eingerichtet worden. Die Arbeitsplätze sind mit unterfahrbaren, auf Sitzhöhe absenkbaren Tischflächen ausgestattet. Bedienelemente sind an der Frontseite des Tisches installiert. Die neuen Arbeitsplätze sind für Rollstuhlfahrer, ebenso gut aber auch für Nichtbehinderte nutzbar. Den Anstoß für dieses innovative Konzept gab die Immatrikulation zweier behinderter Studienbewerber in der Biochemie. Trotz der sehr guten Erfahrungen, die an der Freien Universität in den letzten Jahren mit der Integration auf einen Rollstuhl angewiesener Studierender etwa in der Humanmedizin und der Veterinärmedizin gemacht wurden, machte der Fachbereich Sicherheitsbedenken gelten. Zweifel bestanden insbesondere wegen des erforderlichen Hantierens mit leicht brennbaren Lösungsmitteln. Hinzu kam, dass die Institute zwar über Rampen, Behindertentoiletten und Aufzüge verfügten, die Laborarbeitsplätze aber wegen der Höhe der Tischflächen und mangels Unterfahrbarkeit durchweg nur für ein Arbeiten im Stehen geeignet waren.
Behinderte Studierende sind an der FU nicht nur in den Geisteswissenschaften vertreten. Nach Untersuchungen des Deutschen Studentenwerks sind bundesweit 2 % aller Studierenden behindert, weitere 13 % sind chronisch krank. Jeweils 21 % dieser Studierenden geben an, durch ihre gesundheitliche Schädigung im Studium mittel oder stark beeinträchtigt zu sein. Dies entspricht an der FU einer Zahl von etwa 1.300 Studierenden, die wegen einer Behinderung oder chronischen Krankheit auf unsere besondere Unterstützung angewiesen sind. Der Anteil Behinderter und chronisch Kranker beträgt nach der Studie in der Mathematik und den Naturwissenschaften 17 %, in den Sozialwissenschaften
16 %, in den medizinischen Fächern 14 % und in den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften 13 % (Quelle: HIS/DSW, 16. Sozialerhebung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden in Deutschland, online unter www.his.de).
Das Berliner Hochschulgesetz verpflichtet die FU zur Integration behinderter Studierender in allen Bereichen und dazu, erforderlichenfalls individuelle Maßnahmen zu ergreifen, die eine Durchführung des Studiums und der Prüfungen ermöglichen (§§ 4, 9, 31 BerlHG).
Nicht alle Probleme ließen sich allerdings durch die behindertengerechten Laborarbeitsplätze lösen. Auch die Arbeitssicherheit und der Brandschutz mussten an die individuellen Anforderungen der behinderten Studierenden angepasst werden. Versuche im Bereich der organischen Chemie, die aus Sicherheitsgründen auch mit Hilfe behindertengerechter Laborarbeitsplätze nicht durchgeführt werden konnten, wurden deshalb in Gruppenarbeit oder mit Hilfe einer individuellen Arbeitsplatzassistenz realisiert.
Die FU will das Konzept bei der Einrichtung weiterer Laborarbeitsplätze berücksichtigen, etwa bei der Sanierung des Instituts für Pharmazie. Andere Hochschulen, darunter die TU Berlin, möchten das Konzept ebenfalls übernehmen.
Georg Classen,
Beauftragter für behinderte Studierende an der FU Berlin
Foto: Eckertz-Popp
Georg Classen
Beauftragter für behinderte Studierende
Thielallee 38, 14195 Berlin
Tel.: 838 55292; Fax: 838 54511
Sprechzeiten: Di.: 10.00 13.00 Uhr und nach Vereinbarung
www.fu-berlin.de/service/behinderung
|