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FU-N 5/2000
Hochschule
   

Auf ein Wort

FU-Präsident Prof. Dr. Peter Gaehtgens
Foto: Kundel-Saro

Ich möchte Sie herzlich um Unterstützung in einer Sache bitten, die jeden Einzelnen von uns und die Freie Universität insgesamt angeht: Ein entschiedenes Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit. Die Freie Universität ist eine internationale Hochschule. Schon ihre Gründung 1948 gelang nur mit Hilfe der Amerikaner und nur durch moralische und materielle Unterstützung amerikanischer Behörden und Universitäten konnte sie am Leben gehalten werden. Die FU kann heute stolz darauf sein, über 80 Partnerschaften mit Universitäten in allen Erdteilen zu haben und einen regen internationalen Studentenaustausch zu unterhalten. Mit München und Heidelberg können wir seit Jahren die höchste Zahl von Gastwissenschaftlern aus aller Welt vorweisen und mit rund 11% einen sehr hohen Ausländeranteil unter den Studierenden.

Gründungsgeschichte und internationale Attraktivität verpflichten uns zu besonderer Weltoffenheit. Und so macht es uns in besonderer Weise betroffen, wenn Menschen, die hier zu Gast sind, diskriminiert, benachteiligt, in der Öffentlichkeit angepöbelt oder angegriffen werden: Erst Anfang dieses Jahres wurde ein afghanischer Doktorand unserer Universität in einem östlichen Stadtteil Berlins brutal zusammengeschlagen. Solche Ereignisse sind selten, aber die nicht so offenkundigen Formen von Diskriminierung sind es keineswegs – auch der Campus der Freien Universität ist nur oberflächlich betrachtet eine Insel der Toleranz: Der tägliche Umgang mit ausländischen Mitarbeiter/innen, Studierenden oder Gastwissenschaftlern ist auch hier nicht frei von ausgrenzenden Redeweisen oder Handlungen, die vielleicht nicht einmal in böser Absicht, sondern aus Nachlässigkeit geschehen. Vergessen wir nicht: Was unsere Gäste hier erleben, wird ihr Urteil und das ihrer Landsleute über uns bestimmen. Sich daher unseren ausländischen Gästen gegenüber als freundliche und hilfreiche Gastgeber zu verhalten, ist ein Gebot von Fairness und Menschlichkeit, aber auch von Vernunft. Wollen wir in anderen Ländern nicht auch freundlich behandelt werden?

Ausländerfeindliche Vorkommnisse sind nur die eine Seite der betrüblichen Bilanz. Die andere, fast noch betrüblichere, sind die vielen stummen Beobachter, die nicht den Mut haben einzugreifen, aufzuklären oder Hilfe zu leisten. Es genügt nicht, selbst Toleranz und Liberalität zu üben, ebenso wichtig ist es, denjenigen aktiv entgegenzutreten, die dies nicht sind. Es ist erschreckend zu hören, dass im Ausland Studierenden, die ein Studium in Deutschland erwägen, wegen angeblicher oder tatsächlicher Ausländerfeindlichkeit in Deutschland abgeraten wird. Wenn solche Warnungen auch unberechtigt sind und auf oft übertreibenden Presseberichten beruhen – es sollte unser aller Bemühen sein, bewusst wahrzunehmen, was um uns herum geschieht und aktiv einzuschreiten. Helfen Sie mit, das Bewusstsein dafür zu stärken, dass es für Ausbildung, Bildung und Wissenschaft weder nationale noch ethnische Grenzen gibt. In diesem Sinne bitte ich alle Mitglieder der Freien Universität, entschiedene und überzeugende Botschafter von Liberalität und Toleranz zu sein – in der Universität wie in der Öffentlichkeit.

Prof. Dr. Peter Gaehtgens