FU|Nachrichten 10/99 Hochschule Die FU diskutiert über ihr Leitbild Ringvorlesungen Marketing und Sponsoring an der Freien Universität |
Ringvorlesungen
VON ANNE SCHILLO Sylvester kurz vor Mitternacht: In Deutschland und in Frankreich halten vorsichtshalber die Züge an. Die Frage, wie weltweit Computer auf den bevorstehenden Jahrtausendwechsel reagieren werden und mit welchen Folgen, beschäftigt seit langem nicht nur die Medien. Da geht zwar auch eine reale Angst um, kombiniert ist sie aber durchaus mit den Endzeitvisionen, die noch jeden Jahrhundert- bzw. Jahrtausendübergang begleitet haben. Mit diesen Geschichten, Spekulationen, Visionen und Erwartungen beschäftigt sich eine der Universitätsvorlesungen der FU im kommenden Wintersemester. Tröstlich, dass sie auch nach der Zeitenwende weitergeht (bis zum 8. Februar 2000). Die Konzeptionen von Geschichte, die das europäische Denken beherrschen, sind alle im jüdisch-alttestamentarischen Denken begründet und auf ein Ende der Welt als Pendant zu ihrer Schöpfung ausgerichtet, auf Verdammnis oder Errettung. Die Zukunft und das Reden darüber haben "wie die Geschichte der europäischen Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) zeigt, Strukturen und Konfigurationen hervorgebracht, die sich seit der Frühzeit des apokalyptischen Denkens in der jüdischen Religion und in der alten Geschichte über die millenaristischen Visionen des Mittelalters bis in die Gegenwart nachweisen lassen", meinen die Organisator(inn)en, allesamt aus dem Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften. Beteiligt sind: Prof. Dr. Ingrid Kasten (Deutsche Philologie), Prof. Dr. Sebastian Neumeister (Romanische Philologie), Prof. Dr. Schmidt-Biggemann (Philosophie) und Prof. Dr. Ursula Schulze (Deutsche Philologie). Sie haben dazu eine Reihe von Wissenschaftler/innen aus den Fachgebieten Theologie, Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte, Literatur- und Musikwissenschaft gewonnen, die endzeitliches Denken unter inhaltlichen und ästhetischen Gesichtspunkten analysieren. Für die Beteiligten wird deutlich, dass "Prophetien, die nicht eintreten, dennoch das Denken beherrschen, dass Hoffnungen, die enttäuscht werden, dennoch das Erwartete nicht aufheben, dass der Endkampf, der nicht stattfindet, dennoch immer wieder vorausgesagt wird und insbesondere, dass die Denkfigur der Apokalypse in der europäischen Aufklärung nur scheinbar verlischt".
Der Countdown läuft: Die "Endzeit" beginnt am 26. Oktober 1999 um 18.00 Uhr. Die weiteren Veranstaltungen folgen an jedem Dienstag von 18.00 20.00 Uhr. Veranstaltungsort ist der Hörsaal B des Henry-Ford-Baus, Garystr. 35.
Universitätsvorlesungen sind vom Akademischen Senat (AS) der FU beschlossene Ergänzungen zum Lehrangebot mit dem Ziel, neuere auch kontrovers diskutierte Forschungsergebnisse, fachspezifische und fächerübergreifende Entwicklungen sowie inneruniversitäre Zusammenarbeit nicht nur darzustellen, sondern auch anzuregen. Sie richten sich an Studierende, Wissenschaftler/innen und an interessierte Berliner/innen. Zwar sind sie im Gesamtzusammenhang konzipiert, müssen aber auch als Einzelvorträge zu verstehen sein. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Voranmeldung ist nicht erforderlich. Neben den Endzeitvisionen stehen im Wintersemester 99/00 noch zwei weitere Universitätsvorlesungen auf dem Programm: Südostasiatische Weltbilder Konzeption Prof. Dr. Georg Pfeffer (Fachbereich Politik und Sozialwissenschaften). Die Vorlesung bezieht sich auf antike und moderne Weltbilder und will einen Einblick in bedeutende Entwürfe klassischer Literaten und Künstler des Subkontinents bieten. Computer- und Informationstechnik im 21. Jahrhundert Konzeption: Prof. Dr. Raúl Rojas, Prof. Dr. Klaus-Peter Löhr (Fachbereich Mathematik und Informatik) Hier wird ein Rückblick auf die rasante Entwicklung der Computertechnologie der letzten Jahrzehnte geboten, aber auch über die zu erwartenden Fortschritte in den nächsten zehn Jahren berichtet. Internationale Experten analysieren die Zukunft der Mikroprozessoren, der halbleiterchips, der Multimedia-Technologie und der lokalen und globlalen Netze.
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