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Kirchengrabung

Dorfkirche Thyrow
(Lkr. Teltow-Fläming)

Ältere Beschreibungen:

Spatz (1912): An der breiten weithingestreckten Dorfaue liegt die längliche rechteckige Kirche. Einige rundbogige Fenster, ein abgetrepptes, spitzbogiges Portal auf der Südseite, das aus Granitfindlingen errichtete Mauerwerk, die rechteckige Form des Schiffes und des eingezogenen Chores - alles weist auf das Mittelalter hin! In den ungedruckten Kollektaneen des Frankfurter Professors Bekmann aus dem Anfang der Regierung Friedrichs des Großen lesen wir: Seit 1713 ist in der Kirche zu Tyrow eben nichts veränderliches vorgefallen, außer daß 1719 eine neue Cantzel und Altar von Aswig Hahn, Tischler aus Trebbin, der aber wegen Diebstahl hernach vor Trebbin aufgehencket worden, ist erbauet worden; die große Glocke ist 1734 von Joh. Frieder. Thielen in Berlin umgegossen." Die Kanzel ist noch erhalten. Um 1850 fügte man leider auf der Westseite eine Vormauer aus Ziegeln hinzu. Die Kirche ist zu Trebbin eingepfarrt; im übrigen bestehen keine engeren Beziehungen nach dieser Stadt mehr, da das dortige Amt um 1820 aufgelöst wurde.



Pomplun (1960): Thyrow (Kr. Zossen) Der im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts entstandene Quaderbau hat denselben Grundriß wie Stahnsdorf, nur mit geradem Ostschluß. Alle alten Öffnungen sind rundbogig mit Ausnahme einer Spitzbogenpforte an der Südseite des Schiffs. Der Dachturm aus Fachwerk mit Backsteinfüllungen wurde 1883 auf die gleichzeitig völlig neu in Ziegeln aufgemauerte Westwand gebracht anstelle eines damals abgebrochenen aus "Bruchsteinen". Der Chorbogen im Innern hat spitzbogigen Umriß.



Mertens (1973): Thyrow, Kreis Zossen, Parochie Thyrow Feldsteinbau, bestehend aus einem Saal und einem eingezogenen Chor. Saal und Chor sind durch einen spitzen Triumphbogen voneinander getrennt. Der Triumphbogen besitzt einen Chorschrankenansatz. Von den Portalen scheint nur das spitzbogige, gestufte Südtor zum Saal ursprünglich erhalten zu sein. In der Nordwand des Saales haben sich zwei rundbogige Fenster erhalten. Die Westwand ist durch eine Ziegelwand ersetzt.



"Kunstführer durch die DDR": Thyrow (frühgotisch 2. H. 13.Jh.; Kanzelaltar 1719 von N. Hahn aus Beelitz)



Gericke, Schleif & Wendland (1974): Thyrow (Kr. Zossen) Der mittelalterliche Feldsteinsaal mit eingezogenem quadratischem Chor und aufgesetztem Fachwerkdachturm wurde 1962/63 erneuert. In der Westhälfte des Schiffes blieben die ursprünglichen hoch sitzenden schmalen Fenster erhalten. Die anderen wurden flachbogig oder rechteckig vergrößert. Die Südpforte am Schiff ist spitzbogig abgetreppt, die vermauerte Chorpforte konnte bei der Erneuerung rekonstruiert werden.



"Bau- und Kunstdenkmale in der DDR": Thyrow Dorfkirche Feldsteinbau mit eingezogenem quadratischem Chor 2. H. 13. Jh., der westliche Fachwerk-Dachturm barock. - Kelch, Zinn, um 1800. Taufschale, Zinn, 1780. Taufkanne, Zinn, um 1820. 3 Leuchterpaare: Messing, um 1600; Porzellan, A. 19. Jh.; Gußeisen bronziert, 2. H. 19. Jh. Glocke 1831.



"Dehio": Thyrow Bez. Potsdam, Ldkr. Zossen. - Inv. Prov. Brandenburg, Teltow Dorf-K. Rck. Feldsteinbau mit eingezogenem quadr. Chor um 13.Jh., bar. Fachwerk-Dachtürmchen über der in Backstein erneuerten WWand. Das stumpfe spitzbogige Stufenportal an der SSeite des Schiffes und schmale, hochsitzende Rundbogenfenster in der w Schiffshälfte in der urspr. Form erh. Die übrigen Öffnungen bar. Das Innere flachgedeckt mit spitzbogigem Triumphbogen; bar. WEmpore mit Orgelprospekt des 19.Jh.



Historisches Ortslexikon für Brandenburg (1976): FeldsteinK mit eingezogenem Chor aus 2. Hälfte 13. Jh. mit barockem w Dachturm.



Mehlhardt (1979): Thyrow Die alte Fernverkehrsstraße 101, bevor es Autobahnen gab wohl die bedeutendste Verkehrsverbindung zwischen Berlin  und Sachsen, verläuft mitten durch den Ort.. Die Durchreisenden allerdings haben den Eindruck, sie hätten das Dorf nur seitlich gestreift: denn das heutige Thyrow (Kirchenkreis Zossen) besteht aus zwei recht gegensätzlichen Ortsteilen. Das alte, eigentliche Dorf liegt westlich der Fernverkehrsstraße und die in unserem Jahrhundert entstandene weitläufige Siedlung östlich. Sie erstreckt sich über bewaldete Hänge bis zum Bahnhof und noch darüber hinaus. Die Straße war schon immer die Lebensader Thyrows, denn bis zum Chausseebau 1888 gab es an gleicher Stelle hier einen Damm über die sumpfige Nutheniederung, der schon im Mittelalter und früher wirtschaftlich und strategisch gleich große Bedeutung hatte. Damm und Ort werden in den frühesten Urkunden stets gemeinsam genannt: erstmals 1340, wo ein Heiso de Thure als Zeuge auftritt, 1346 dann der Ort "Thure" und am 27. September 1359, wo Nikolaus Falke erwähnt wird. Er hatte einen Wohnsitz auf einer zum Schutz des Dammes errichteten Befestigung. Von ihr hört man letztmalig 1414, und der Standort konnte bis heute durch Bodenfunde nicht belegt werden. Im Landbuch finden wir das Dorf mit 59 Hufen ausgestattet, von denen drei, später vier Hufen dem Pfarrer zustanden. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts gehörte Thyrow zur Vogtei Trebbin. Die einflußreiche Familie Voigt, der drei Höfe und zehn Hufen des Dorfes gehörten, besaß nach einer Urkunde von 1525 die "Gerechtigkeit des Thurer Dammes"; durfte von jedem Wagen einen Pfennig, von jedem Bräutigam aber 18 Pfennig erheben und hatte Fischerei- und Holzungsrechte, mußte dafür aber den Damm in gutem Zustand erhalten. 1529 verkaufte Marten Voigt seine Rechte der Stadt Trebbin. 1624 wohnten 24 Hüfner und drei Kossäten in "Thure". 1625 wurde nach einem Bericht im Gröbener Kirchenbuch der Hirt Balzer Schulz von Wallensteinschen Kürassieren im Krug erschlagen. Nur ein einziger Hüfner überlebte den Krieg. Die Stadt Trebbin und das Dorf werden Eigentum der Familie von Wilmersdorf. Wie gewohnt sind die älteren urkundlichen Nachrichten über die Kirche recht dünn: 1346 wird sie zwar erwähnt und dem Bistum Meißen zugeordnet, genauere Nachrichten fehlen aber. Nur die Struktur der heutigen Chorquadratkirche weist auf eine frühere Entstehungszeit hin. So war es ein glücklicher Umstand, daß 1964 bei der erforderlichen Renovierung  einige  Gemeindeglieder Interesse zeigten, durch Grabungen im Kircheninneren Fragen zu klären, die sowohl mit der Baugeschichte der Thyrower Kirche zusammenhängen wie auch allgemein mit der tatsächlichen Funktion einer dörflichen "Wehrkirche". Derartige Untersuchungen hatte man zwar wiederholt an großen Stadtkirchen durchgeführt, nicht aber in Dorfkirchen. Es interessierte die Thyrower, ob ihre Kirche wirklich eine Wehrkirche war oder "nur" als Flucht- und Verteidigungsraum bei möglichen feindlichen Überfällen auf das Dorf gedient hat. Die beteiligten kirchlichen und staatlichen Stellen erteilten auf Antrag der Gemeinde dem Schriftsteller Heinrich Alexander Stoll und dem Zossener Bodendenkmalspfleger Karl Fiedler eine Grabungsgenehmigung. Durch die Renovierungsarbeiten  mußten  ohnehin Gestühl und Fußboden aus dem Kircheninneren entfernt werden; dadurch ergab sich eine selten günstige Gelegenheit für derartige Untersuchungen.
Die Grabungen begannen am 25. Mai 1964 und wurden von zahlreichen freiwilligen Helfern aus der Gemeinde unterstützt.  Erdschicht  auf Erdschicht wurde dabei abgetragen und untersucht. Es floß so mancher Schweißtropfen, aber das Ergebnis war doch so gut, daß am 29. Juni Mitarbeiter des Potsdamer Museums für Ur- und Frühgeschichte die Arbeiten fortführten. Fassen wir gleich das Ergebnis zusammen: Die Kirche ist erst eine Reihe von Jahren nach Gründung des deutschen Dorfes in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts auf einem Friedhof erbaut worden. Zunächst bestand der romanische Bau aus dem turmlosen Kirchenschiff mit einer halbrunden Apsis. Diese Kirche hatte nur Sandfußboden. Um 1300 wurde ein Feldsteinpflaster eingebracht. Im 14. Jahrhundert wurde die Apsis bis auf die heute noch vorhandenen Steinfundamente abgerissen und dafür der rechteckige Chor aus Feldsteinen errichtet. Der Durchbruch des Ostgiebels zum Chor zeigt daher bereits den gothischen Spitzbogen. Nach dem Stil müßte auch das links im Chor befindliche Sakramentshäuschen in dieser Zeit entstanden  sein.  Ins  Kirchenschiff wurde jetzt gestampfter Lehm als Fußboden eingebracht; während er im Chor mit Platten  und  Mauersteinen  im Klosterformat ausgelegt wurde. Der Lehmfußboden ist vor 1719 erneuert worden. Nach 1792 erhielt das Schiff einen Dielenfußboden, und auf dem Westgiebel wurde der Turmaufsatz aus Fachwerk errichtet. Die Kirche ist mindestens einmal, wohl im Dreißigjährigen Krieg, abgebrannt. Interessant ist die Auffindung von zwei Herdstellen im Kircheninneren  (am Mittelgang des Schiffes und im Bereich der alten Apsis), wo Brandreste und aufgefundene Knochen, Getreidekörner und Keramik beweisen, daß diese Herde längere Zeit benutzt wurden. Im 14. und 15. Jahrhundert muß die Kirche den Gemeindegliedern jeweils längere Zeit als Zuflucht gedient haben. Andere Funde beweisen, daß die Kirche farbig getüncht war und der. Chor farbige Bleifenster hatte. Die unter den Kirchenfundamenten aufgefundenen Begräbnisstätten, dabei ein Kindergrab unter dem Chor, geben Hinweise auf die verbreitete Sage, ein Kind wäre in der Thyrower Kirche eingemauert. So wissen wir schon einiges aus der Vorgeschichte des Gebäudes, wenn wir jetzt durch das Südportal die Kirche betreten, die im Juni 1972 nochmals renoviert wurde. Wir stehen zunächst im Eingangsraum unter der Orgelempore, sehen die abgeteilte Winterkirche und betreten den eigentlichen Kirchenraum, der einer kleineren Gemeinde mit nur elf Gestühlreihen wie auch unserem heutigen Raumempfinden sehr gut angepaßt ist Über dem hell getünchten Raum befindet sich eine dunkle, flache. Holzdecke, am Triumphbogen die halbrunde, gemauerte Kanzel und eine Taufe aus Klinkern. Der Altartisch ist schlicht gehalten und gibt den Blick frei auf ein schönes, großes Holzkreuz mit Corpus. In den alten Mauern (nur der Westgiebel hat seit 1850 Ziegel und ist jetzt erneuert worden) ist durch die Aktivität und ineressierte Mitarbeit der Gemeinde ein Gotterdienstraum entstanden, in dem sich der heutige Christ wohl fühlen kann. Pfarrer Hasse (Trebbin), der Thyrow verwaltet, freut sich über die Aktivität der Ältesten (drei Männer, eine Frau), den besseren Kirchenbesuch und die Teilnahme an Bibelstuaden und Gemeindeabenden. Höhepunkt ist jeweils das Jahresfest. Auch die monatlichen Zusammenkünfte  der  Landeskirchlichen Gemeinschaft sind eine Bereicherung für die Gemeinde. Nicht Eintönigkeit, sondern Farbe ist das Motto: im kirchlichen Leben wie auch bei der Friedhofsmauer, deren Felder aus den verschiedensten Materialien hergestellt sind. Ein paar stille Minuten noch am Grab von Heinrich Alexander Stoll (an der Ostgiebelseite der Kirche), der 1977 gestorben ist. Unsere Gedanken gehen von der Vergangenheit, die er so meisterhaft gestaltete, und der Gegenwart der Gemeinde in die Zukunft; sie richten sich auf die Ewigkeit, die unsere Hoffnung ist. Dieter Mehlhardt.



Waack (1993): Neben der Blankenfelder Kirche, deren Fachwerkturm übrigens eine barocke Zutat ist, zählt die Dorfkirche von Thyrow zu den frühgotischen Bauten. Auch sie weist also den typisch eingezogenen Chor ohne Apsis auf.
Dieser Chor entfällt in der Hochgotik, so daß die Kirchen nur noch aus den Langhäusern, den Sälen bestehen. Noch werden die Feldsteine überwiegend gequadert und in Schichten verlegt, aber das gespaltene Material nimmt zu, Backsteine dagegen kommen zunächst nur selten vor.
Charakteristische Beispiele für die Stilepoche der Hochgotik sind die Kirchen in Glasow, Groß-Kienitz und Mahlow. Sie tragen allerdings barocke Dachtürme, also Türme ohne eigenes durchgehendes Steinfundament.



Dehio/Brandenburg: Thyrow Lkr. Teltow-Fläming. Karte 6
Ev. Dorfkirche. Rechteckiger Feldsteinquaderbau mit eingezogenem quadratischen Chor, 1. H. 13. Jh.; die urspr. Apsis 1964 ergraben, seit um 1300 gerader Ostschluß. Barockes Fachwerkdachtürmchen über der in Backstein erneuerten Westwand. 1961/63 rest. Auf der Südseite spitzbogiges Stufenportal und rundbogige Priesterpforte, ein rundbogiges Nordportal vermauert. In der westl. Schiffshälfte schmale, hochsitzende Rundbogenfenster, die Stichbogenfenster barock. Innen flachgedeckt, mit spitzbogigem Triumphbogen. Barocke Westempore mit Orgelprospekt 19. Jh. Im Chor Sakramentsnische.


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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2003