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Brief aus Hamburg


Wie ein ehemaliges Mitglied des Fachbereichs den Aufbau der ersten privaten Jura-Hochschule erlebt

Als ich im letzten Herbst nach der Habilitation auf eine Professur an der Bucerius Law School in Hamburg wechselte, fand sich unter der Abschiedspost aus Dahlem auch die Anregung, ich möge fortan wöchentliche Bulletins herausgeben. Nun, dazu reichte beim besten Willen die Zeit nicht, womit schon das Wesentliche über die Arbeitsbelastung in der Anfangsphase der neuen Hochschule gesagt ist. Nicht zuletzt, weil ich mich dem Dahlemer Fachbereich immer noch verbunden fühle, komme ich aber gerne dem Wunsch der DEFO-Redaktion nach, einmal einen Einblick in die Arbeit an der Law School, der ersten privaten Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland, zu geben.


Die Vorgeschichte

Zur Historie nur so viel: Im Jahr 1999 hatte die Hamburger ZEIT-Stiftung den Beschluß gefasst, eine Hochschule für Rechtswissenschaft zu gründen. Schon im Oktober 2000 wurde dann der Lehrbetrieb mit 100 Studierenden in einem von der Stiftung erworbenen historischen Gebäude in der Hamburger Innenstadt aufgenommen. Die Studierenden hatten zuvor ein aufwendiges, mehrstufiges Auswahlverfahren absolvieren müssen. In einem schriftlichen, speziell entwickelten Test wurden Fähigkeiten geprüft, die als für das Jurastudium wichtig angesehen werden (Beispielaufgaben unter http://www.law-school.de). Aufgrund der Testergebnisse und des Abiturnotendurchschnitts wurde sodann eine Rangliste erstellt. Die 200 besten Bewerberinnen und Bewerber absolvierten schließlich ein mündliches Auswahlverfahren mit Referaten, Einzelgesprächen und Gruppendiskussionen. Durch dieses gestufte Auswahlverfahren ist es tatsächlich gelungen, eine sehr motivierte, leistungsfähige, aber auch kooperative und "bunte" Studierendenschaft zusammenzubringen. Auch die für hiesige Verhältnisse beträchtlichen Studiengebühren von ¬ 2.650 pro Trimester haben nicht zu einer Schmälerung des (sozialen) Spektrums geführt; dafür sorgen insbesondere Stipendien, etwa ein automatischer Teilerlass für alle BAföG-Empfänger, und ein sog. umgekehrter Generationenvertrag, wonach die Gebühren wahlweise erst nach Aufnahme der Berufstätigkeit "abgestottert" werden müssen.


Studiendauer und -ziele

Das Studium an der Hochschule ist auf 11 Trimester angelegt, von denen eines im Ausland zu verbringen ist. Studienziel ist zum einen die Vorbereitung auf das Erste Juristische Staatsexamen, das die Studierenden ebenso wie diejenigen des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Hamburg vor dem örtlichen Justizprüfungsamt absolvieren (also - wie bis vor einiger Zeit auch in Berlin - als Hausarbeitsexamen). Zum anderen wird ein hochschuleigener Abschlussgrad (LL.B.) verliehen. Die Hochschule hat sich als Leitlinien der rechtswissenschaftlichen Ausbildung die Schlagworte "Praxisnähe" und "Internationalität" auf ihre Fahnen geschrieben; ihr Profil und das Lehrangebot nicht nur in den Wahlfächern weisen einen klaren wirtschaftsrechtlichen Schwerpunkt auf.


Was ist anders?

Am spannendsten bei einem solchen Projekt ist natürlich, wenn man die staatliche Juristenausbildung kennt, die Frage, in welchen Punkten sich Abweichungen ergeben. Zunächst einmal sind die äußeren Rahmenbedingungen an der Law School insgesamt schon jetzt sehr erfreulich, wenn man von der bis zum kommenden Herbst noch provisorischen Raumsituation absieht - die Hochschule ist auch im buchstäblichen Sinne noch im Auf- (genauer: Um-)bau -, sondern insbesondere auf die überschaubare Teilnehmerzahl in den Vorlesungen und in den Kleingruppen schaut. Letztere begleiten die im ersten Studienjahr jede Pflichtvorlesung und umfassen nicht mehr als 16-17 Studierende. Dies verhindert ein Untergehen in jener Anonymität, wie wohl jeder an einem großen Jura-Fachbereich Studierende sie in den ersten Semestern erlebt. Überaus unkompliziert gestaltet sich auch der Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden (die derzeit acht, bald zehn Professoren sind mit Ausnahme des Präsidenten, Prof. Dr. Hein Kötz, und des Vizepräsidenten, Prof. Dr. Karsten Schmidt, allesamt "Erstberufene"). Ein schnelles näheres Kennenlernen ist nicht nur durch außerjuristische Aktivitäten wie gemeinsame Exkursionen im Rahmen des breitgefächerten Studium generale erleichtert worden. Dazu verhelfen auch so einfache Neuerungen wie Portraitfotos der Hochschulmitarbeiter vor ihren Türen oder die Vorstellung der Lehrstühle und des gesamten wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Personals im jedes Trimester erscheinenden Studienführer. Als Leiter einer der Kleingruppen, deren Zusammensetzung wechselt und die neben Wissenschaftlichen Mitarbeitern und Assistenten auch von Professoren geleitet werden, lernt man schnell viele Studierende besser kennen. Trotz meines notorisch schwachen Namensgedächtnisses weiß ich mittlerweile von den meisten Studierenden sogar die Namen.


Arbeitsbelastung der Studierenden

Die straffe Studienordnung, die außer dem gesamten Examensstoff auch noch verschiedene Pflichtveranstaltungen etwa aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften oder der fachspezifischen Fremdsprachen umfasst, sorgt bei den Studierenden dafür, dass wahrlich keine Langeweile aufkommt. Für manch einen, der das Abitur ohne größere Probleme absolviert hat, bedeutet das nunmehr geforderte Pensum durchaus eine Umstellung, zumal da es inhaltlich ja um völlig Neues geht. So haben denn auch die ersten Probeklausuren für eine gewisse Ernüchterung gesorgt, wie sie wohl jedem Studienanfänger unseres Faches vertraut ist, zumal die so eigenartig verschobenen und damit gerade für Anfänger nicht sehr motivierenden juristischen Notenstufen gewöhnungsbedürftig sind. Ein intensiver Klausurenkurs schon im 2. Trimester hat aber für das nötige Training gesorgt, so dass die Trimesterabschlussklausur (jede Pflichtlehrveranstaltung wird hier mit einer eigenen Klausur beendet, deren Ergebnis in die Note des LL.B. einfließt) mittlerweile vieles von ihrem Schrecken verloren hat. Für mich eher ungewohnt war es allerdings, schon in den ersten Wochen viele Studierende in ihrem bisweilen übermäßigen Arbeitseifer bremsen oder diesen in sinnvolle Bahnen lenken zu müssen. Studiert wird hier mit wissenschaftlichem Anspruch und zugleich von Anfang an sehr zielstrebig, was natürlich eine spürbare Mehrbelastung mit sich bringt. Erleichtert wird die Bewältigung des - ja scheinbar nie enden wollenden - Examensstoffes durch ein Lehrkonzept, das (so wie dies in jeder ordentlichen Vorlesung geschehen sollte) neben der Vermittlung des Grundwissens die Herausarbeitung von übergreifenden Strukturen und die Einübung der Fähigkeit zu eigenständiger juristischer Argumentation ganz in den Vordergrund stellt und auf eine Aneinanderreihung von Detailwissen verzichtet. An die Stelle des Repetitors wird eine intensive Examensvorbereitungsphase treten, in der die einzelnen Fächer nicht in schnellem Wechsel, sondern wochenweise intensiv in verschiedenen Lehrformen (Vortrag, Kleingruppenarbeit, Klausuren, simulierte Prüfungsgespräche) wiederholt und vertieft werden.


Ausblick

Wer die gegenwärtige, bereits zu Zeiten meines eigenen Studiums (und das ist mittlerweile lange her) aktuell gewesene und nicht enden wollenden Diskussion um eine Reform der Juristenausbildung verfolgt, dem wird vieles von dem bekannt vorkommen, was die neue Hochschule seit dem vergangenen Jahr praktiziert. Die Law School versteht sich denn auch nicht allein als Ausbildungsstätte für - im Endausbau - rund 400 Studierende, sondern auch als Impulsgeber für die Reform der Juristen- und darüber hinausgehend der Hochschulausbildung in Deutschland. Dies macht für mich einen wesentlichen Reiz meiner neuen Tätigkeit aus: Man muß zwar manche Idee als allzu realitätsfern ad acta legen, man kann aber insgesamt doch vieles bewegen. Vor allem lernt man täglich dazu - und wie motivierend dies sein kann, weiß auch jeder Studierende, der mit Spaß bei der Sache ist, sei es in Hamburg oder in Dahlem.

Prof. Dr. Christian Armbrüster

(erschienen im DEFO-Info Nr. 43 vom SS 2001)



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