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Frühlingstaumel - Der abgeschlossene (juristische) Liebesroman


I. Kapitel

Es war der Morgen, als ich meinen Freund mit einer anderen sah. Nun war er mein Ex. Tränengeblendet taumelte ich durch den palandtgrauen Morgen, Pestalozzas Grundrechtsvorlesung entgegen. Das graue Kaschmir seines Anzugs spiegelte den verzweifelten Zustand meiner Seele wider. Der Schuft hatte mich hinterhältigst hintergangen und ohne mit der Wimper zu zucken durch eine andere ersetzt. Kaum nahm ich meine Umwelt war. Plötzlich streichelte warmer Atem meinen Nacken. "Entschuldigung", flüsterte eine tiefe, männliche Stimme. "Mein Sartorius ist unter deinen Sitz gerutscht." Sinnend blickte ich auf den Sartorius zwischen meinen Schenkeln.

Sein roter Einband rief ungebetene Assoziationen hervor. Rot, rot wie die Liebe, die heute morgen erloschen war. Den Sartorius in beiden Händen haltend drehte ich mich zum Eigentümer(1) der dunklen Stimme um. Broxblaue(2) Augen drangen in mein tiefstes Inneres. "Beim heiligen Larenz, ein attraktiver Mann an unserem Fachbereich?! Hatte ich mich verirrt?" Die beruhigende Gegenwart Pestalozzas gab mir Sicherheit. Ich war am Ort meiner geistigen Heimat - meinem juristischen Fachbereich.

Allzu kurz dauerte unser Blickkontakt, aber ich wagte es nicht, mich länger im Leuchten seiner Augen zu sonnen. Hatte ich mich verliebt? Fraglich war zunächst, gab es Liebe. Weiterhin müßte ein einziger Blick ausreichen, um sie zu erwecken. Folgte man der herrschenden Meinung(3) war Liebe ein prickelndes Gefühl gegenseitiger Anziehung im Zwei-Personen-Verhältnis(4) aufgrund ständiger geistiger und körperlicher Nähe. Eine andere Ansicht vertritt, Liebe sei das Austauschen von Körperflüssigkeiten im Zustand größerer oder geringerer Entblößung. Diese Ansicht war jedenfalls abzulehnen, da hier nicht sauber zwischen Liebe und Sex getrennt wird. Einer weiteren Ansicht, die Liebe nur im EinPersonen-Verhältnis für existent erachtet, konnte gleichfalls nicht gefolgt werden, da sie zu restriktiv(5) ist . Da folglich lediglich die herrschende Meinung übrig blieb, war zu fragen, ob es sich um eine gegenseitige Anziehung handelte. Jedenfalls bestand bisher keine ständige geistige und körperliche Nähe. Also war es keine Liebe? Dieses Ergebnis konnte nicht befriedigen. So grübelte ich in einem fort über den Begriff der Liebe - bis ich entsetzt feststellen mußte, daß ich nunmehr allein im Hörsaal saß. Alle waren weg, ER war weg. Traurig schlich ich gen Mensa.


II. Kapitel

In der Warteschlange für Ausgabe I stehend, spürte ich plötzlich eine naßkalte Hand meinen nackten Schenkel entlangstreichen. Ich zuckte zusammen und fuhr herum. Ein pickliger WiWi entblößte seine gelben Zahnruinen zu einem grinsenden "Hi, Babe! Ich geh ab wie der DAX. Woll'n wir gemeinsam was anlegen? Ich und mein kleiner Freund garantieren für eine gute Rendite. Na, interessiert?"

Ich fühlte mich wie vom Hauch des Todes getroffen - unwillkürlich riß ich mein Tablett empor. Seine Cola Light beschrieb einen flachen, den durchgebogenen Staudinger-Regalböden gleichen Bogen quer durch den Raum und landete - auf IHM!

Mein Entsetzen kannte keine Grenzen. Sofort lief ich zu ihm, um mich zu entschuldigen. Doch er winkte nur ab und sagte: "Entschuldige, ich stand wohl im Weg."


III. Kapitel

Viel später: "Von Deinen Lippen wollte ich Nektar saugen, doch Cola tut es auch." Wie taumelnde Schmetterlinge im Liebesrausch des Frühlings fielen wir übereinander her. Unser gegenseitiger Anspruch auf Liebe(6) war gegeben, nun war es an uns ihn zu realisieren.

DEFO-Frauenfraktion (gemäßigt-romantischer Flügel)


1
Eigentumserwerb durch §§ 929 ff. BGB?
2
Brox, Hans, BGB AT, 97. Aufl. 2037.
3
Bravo, Dr. Sommer Team, Bravo Jahrgänge 1960-2037, immer etwa S. 40.
4
Eine völlig untergeordnete Mindermeinung vertritt hier auch deren Existenz im MehrPersonen-Verhältnis. Diese muß hier aber nicht berücksichtigt werden, da es im vorliegenden Fall nur um ein Zwei-Personen-Verhältnis geht (animalisch-multipler Liebesbegriff).
5
Gleiches gilt für die kaum vertretene Ansicht, Liebe existiere gar nicht, da sie nur ein kulturell geprägter Mythos sei, um die Sinnentleertheit der menschlichen Existenz erträglicher zu gestalten (naturwissenschaftlich-nihilistischer Liebesbegriff).
6
Sex?!

(erschienen im DEFO-Info-Nr. 41 vom SS 2000)



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