Die ersten drei Semestern waren nur die Vorbereitung für die Krönung des Öffentlichen Rechts, nämlich das Besondere Verwaltungsrecht. Verfassungsbeschwerden sind zwar zahlreich, aber nicht sehr erfolgreich. Die Verfahren im Staatsorganisationsrecht behandelt zwar die Presse manchmal ausführlich, aber viele Juristen können davon nicht leben. Ihr werdet Euch aber mit den Polizei- und Ordnungsrecht befassen. Wie viele Autos werden täglich abgeschleppt? Ihr werdet die Abschleppfälle im Schlaf singen können. Die Verhältnismäßigkeit auf der sekundären Ebene ist kein Paralleluniversum. Weiter geht es mit dem Baurecht. Irgendein unwissender Asthmakranker baute seine Villa auf die grüne Wiese. Er hat noch höchstens zehn Jahre zu leben. Könntet Ihr eine Abrissverfügung erlassen? Diese und viele ähnliche Fragen werden Euch ein ganzes Semester beschäftigen. Prof. Kunig teilt ein kleines, aber hilfreiches Skript aus. Mir gefallen seine Vorlesungen sehr, denn mit seiner ruhigen Art vermittelt er in anspruchsvoller Art die schwierigsten Probleme.

Vor der großen Kodifizierung des Staatshaftungsrechts hatte das Bundesverfassungsgericht kein Erbarmen und hob es einfach wegen fehlender Kompetenz des Bundes auf. Die Folgen für die Studierenden sind fatal. Das Staatshaftungsrecht ist zersplittert. Es findet sich in den unterschiedlichsten Normen, vom Staatshaftungsgesetz der DDR bis hin zum Europarecht, oder nur in der Rechtsprechung. Einzelne Institute sind nur aus der historischen Entwicklung verständlich. Die Vorlesung von Prof. Pestalozza bietet die einzigartige Möglichkeit, sich das Stoffgebiet unter großartiger Anleitung auf systematische Weise zu erarbeiten. Die ausgefeilte Systematik seiner Vorträge zeichnet die Veranstaltungen von Prof. Pestalozza aus. Für Fragen steht er nach der Vorlesung immer zur Verfügung. Während der Vorlesung könnt Ihr die vielen Arten eines Lächelns am lebenden Objekt studieren, denn Prof. Pestalozza beherrscht sie alle. Darüber hinaus könnt Ihr die Fähigkeit bestaunen, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Kopf zu zitieren (mit Angabe der wichtigen Seiten!). Die Vorlesung ist ein absolutes Muss.

"Verwaltungsprozeßrecht ist schön, denn es ist einfach, sodass man innerhalb der Vorlesung den AT des Verwaltungsrechts noch mal wiederholen kann.", so Prof. Krebs. Dementsprechend hält er diese Vorlesung sehr gerne. Gegenstand sind alle verwaltungsrechtlichen Klagearten, wie z.B. die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage. Das Problem ist, dass Prof. Krebs einen vollkommen anderen Aufbau lehrt als die herrschende Meinung und man bei anderen Professoren und auch im Examen mit dem konventionellen Aufbau einfach besser fährt. Nach seinen lang(atmig)en Ausführungen zu seinem Aufbau stellt Prof. Krebs die herrschende Meinung allerdings noch einmal kurz dar. Wenn Ihr Euch am Montag morgen fit genug für diese Veranstaltung haltet (es besteht durchaus Einschlafgefahr), solltet Ihr möglichst pünktlich kommen, um Euch nicht dem Zorn des Dozenten auszusetzen.

Wie in jeder anderen AG wird hier das in der dazugehörigen Vorlesung erlernte Wissen praktisch angewendet. Anhand des Lösens und Prüfens von Fällen soll die prozessuale sowie die materielle Zulässigkeit diverser Klagearten vor den Verwaltungsgerichten erlernt werden. Hierfür werden Sachverhalte aus dem allgemeinen und dem besonderen Verwaltungsrecht genommen. Diese AGen sollen zusammen mit den dazugehörigen Vorlesungen von Kunig und Krebs auf die im nächsten Semester anstehende Übung vorbereiten. Welche man nun aussucht, ist Geschmacks- und Zeitsache, wobei bei der Zeit diesmal keine große Wahl bleibt.

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