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Dorfkirche Kleinmachnow
(Lkr. Potsdam-Mittelmark)

Die Dorfkirche von Kleinmachnow ist sicherlich eine der beeindruckendsten Dorfkirchen im Teltow. Sie ist, abgesehen vom Sockel, eine reine Backsteinkirche. Sie wurde zwar erst zum Ende des 16. Jahrhunderts errichtet, ist im Stil aber noch spätgotisch. Daher haben wir sie hier unter den mittelalterlichen Dorfkirchen aufgeführt. Auch der größere Teil der Innenausstattung stammt noch aus der Bauzeit, sehr schöne Beispiele aus der brandenburgischen Renaissance.

Lage: Kleinmachnow war ursprünglich ein Straßendorf, das allerdings durch die Bildung des Ritterguts der von Hake völlig verändert wurde (Historisches Ortslexikon).

Ortsgeschichte: Kleinmachnow hatte um 1375 48 Hufen, von denen 2 freie Pfarrhufen waren. 12 steuerfreie Hufen gehörten den Brüdern Quast, die diese 1357 von dem Berliner Bürger Thilo Brugge gekauft hatten. Seit Anfang des 15. Jahrhunderts war Kleinmachnow dann im Besitz der Familie von Hake, zunächst als Lehen vom Markgrafen, dann erblicher Besitz.

Baustruktur: Die rechteckige Kirche hat einen 6seitigen Chorschluß (6/12); ein sehr ungewöhnlicher Grundriß. Aufgrund des sechsseitigen Polygons befindet sich in der Mitte des Chorschlusses eine Ecke und nicht, wie üblicherweise bei gotischen Kirchen, eine Facette mit einem Fenster (5/10 oder 7/12-Chorschlüsse). Die Kirche hat  weiterhin einen massiven schiffsbreiten Westturm und einen Gruftanbau an der Nordseite. 

Mauerwerksausführung: Das Fundament enthält einige große Feldsteine sowie Ziegel. Ansonsten ist die Kirche ein reiner Backsteinbau. Die blaßroten Ziegel im unteren Teil des aufgehenden Mauerwerks messen 27,5-28 x 13-13,5 x 7-8 cm.
Die ziegelroten Backsteine im höheren Teil des aufgehenden Mauerwerks haben das Format 28-28,5 x 13,5-14 x 7 cm. Im Chorbereich wurden sehr blasse Ziegel verwendet; hier wurde das Ziegelformat 27 x 13,5 x 8 cm gemessen. Das Ziegelformat des Nordanbaus beträgt 25,5-26 x 12 x 7-7,5 cm. Das Schiff hat unter dem Dachtrauf auf seiner ganzen Länge einen Schmuckfries; auf der Nordseite ist aber der Bereich zwischen westlichem Fenster und Turm ausgespart. Die Kirche hat einen umlaufenden Sockel aus Platte und Formsteinwulst, der auch um den später angebauten Gruftanbau herumgeführt ist.
Die Eingangspforte zum Kirchhof ist aus Backstein gemauert. Diese Backsteine haben das Format 25,5-26,5 x 13-13,5 x 7-7,5 cm.

Mörtel und Putze: Die Kirche ist unverputzt.

Portale und Fenster: Der heutige Zugang zur Kirche ist durch das spitzbogige, dreifach abgetreppte Westportal. Das Südportal und das Portal im Chorbereich sind breit spitzbogig mit profiliertem Gewände.  In der nördlichen Schiffswand sind zwei zweibahnige, mit Formsteingewänden gerahmte Spitzbogenfenster, in der südlichen Schiffswand sind drei derartige Fenster. Der Chor hat Fenster nur in den beiden äußeren und den mittleren Feldern des sechsseitigen Polygons. 
Der Gruftanbau von 1703 hat in der Ostseite ein bis auf eine kreuzförmige Öffnung zugesetztes Spitzbogenfenster und in der Westseite eine spitzbogige Tür. Auf der nördlichen Giebelseite stehen zwei vermauerte Sptizbogenfenster übereinander. Im Sockel sitzen kleine, ebenfalls zugesetzte Rundfenster.

Innenbögen: Es sind keine Innenbögen vorhanden.

Turm: Der schiffsbreite Querwestturm wurde einmal aufgestockt. Im älteren Teil sind noch die zugesetzten ursprünglichen Schallöffnungen zu sehen.  Im jetzigen Turmobergeschoß befinden sich auf der Ost- und Westseite je zwei Schallöffnungen, auf Nord- und Südseite je ein kleines Rundfenster. Innen ist der Turm mit dem Kirchenschiff durch eine dreimal abgetreppte Spitzbogenpforte verbunden.

Dächer: Das Schiff hat ein Satteldach, das im Osten entsprechend der Chorform sechsseitig gebrochen ist. Es ist mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Der Turm hat ein beidseitig abgewalmtes Quersatteldach und wird bekrönt von einer quadratischen Laterne mit Schweifhaube. Der Gruftanbau hat ein quergestelltes Satteldach.

Decke: Das einschiffige Innere ist 5jochig und weist ein Sterngewölbe auf, das auf innen vorgelegten Pfeilern ruht.

Innenausstattung: Der Taufstein mit geschnitztem Deckel und figürlichem Schmuck ist von Nickel Zinckeisen 1597 geschnitzt worden. Derselbe Künstler schuf 1599 den schönen Schnitzaltar mit doppelten Flügeln. Die Kanzel aus Holz mit steinernem Fuß stammt vom Ende des 17. Jahrhunderts. Bemerkenswert ist auch ein Stundenglas von 1711. Weiterhin hängen in der Kirche zwei lebensgroße Gemälde von Luther und Melanchthon (16. Jh.) und zwei Holztafeln mit gemalten Wappen, 17./18. Jh. Außerdem befinden sich im Kirchenraum mehrere barocke Grabplatten und Inschriftsteine.

Rekonstruktion und vermutliche Baugeschichte:
Die Kirche wurde in den 90er Jahren des 16. Jahrhunderts errichtet. Vermutlich wurde sie um 1597/99 eingeweiht, wie eine Bauinschrift und die Datierungen der Einrichtungsgegenstände im Inneren sowie eine in der Pfarrchronik zitierte Matrikel von 1600 beweisen.

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:
Der Friedhof ist von einer Backsteinmauer mit großem Tor eingezäunt, die 1684 gebaut wurde.

Der Turm mit Turmaufsatz und Laterne wurde 1692 erneuert und um das heutige Glockengeschoß erhöht.

1703/04 wurde die Kirche durch D. Mercker renoviert, Gleichzeitig entstand auch der Gruftanbau an der Nordseite.

1954/58: Restaurierung des Altaraufsatzes.

1978: Restaurierung.

1994: Restaurierung
.
seit 1996 (bis 2003) Restaurierung des Altaraufsatzes.

Das Gemälde von Martin Luther wurde 2003 renoviert.

Vergleiche: Die Kirche ist einzigartig in der Kunstlandschaft des Teltow. Vergleiche mit anderen Teltow-Kirchen sind daher nicht möglich.

Bemerkungen: Entgegen den Ausführungen im "Kreisinventar" und in den "Bau- und Kunstdenkmalen in der DDR" (15./16.Jh.) ist an der Bauzeit 1597/8 wohl nicht zu zweifeln, trotz der spätgotischen Formen. 1574 hatte Kleinmachnow noch keine Kirche (vgl. Mehlhardt, 1954, Koch, 1984). Außerdem erscheint der Bau relativ gleichmäßig, d.h. er ist wohl nicht über einen längeren Zeitraum errichtet worden. Auch das verwendete Ziegelformat ist kein gotisches Format, sondern spricht eindeutig für Spätrenaissance (nicht für Anfang 16. Jahrhundert!). Der Turmaufbau mit Laterne und welscher Haube stammt sicher nicht aus der Bauzeit, wie Pomplun schreibt, sondern aus dem Barock (Anfang 18. Jahrhundert). Den ursprünglichen Abschluß kennen wir nicht, da der Turm ursprünglich niedriger war, wie die zugesetzten Schallöffnungen zeigen.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.104/5, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.140-3, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.77, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.110-5, Mehlhardt (1954): Kleinmachnow Geschichte und Entwicklung des Ortes, 48 S., Pomplun (1962): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.26, Schlimpert (1972): Brandenburgisches Namenbuch. Teil 3 Die Ortsnamen des Teltow, S.132, Gericke, Schleif & Wendland (1974): Brandenburgische Dorfkirchen, S.147/8, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.172-4, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR Bezirk Potsdam (1978), S.273, Mehlhardt (1977): Märkische Dorfkirchen Teil 50 Kleinmachnow, Potsdamer Kirche, 51, (v.18.12.1977) (ohne Seitenzählung), Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam ("Dehio") (1983), S.255/6, Koch (1984), Chronik von Kleinmachnow, S. 44-50, Drabek (1991): Das Gotteshaus in Kleinmachnow Eine der schönsten Dorfkirchen der Mark. Die Mark Brandenburg, 4/91, S.16-17, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.510-12, Wollmann-Fiedler, Christel & Jan Feustel (2003): Fontanes Lieblingskirchen in der Mark, S. 127-130, Drabek, Josef 2003. Wieder am angestammten Platz. MAZ v. 20.11.2003, Joho, Ulrich 2003. Neu gestaltete Tafel erinnert an Kriegsopfer. MAZ v. 17.11.2003.

Dank und Information:



Außenansicht
 
 

Ansicht der Kirche von Süden



 
 
 
 
 


Detail der Südseite mit Kreuzfries und spitzbogigem Gemeinde- und Priesterportal.



 
 
 
 
 

Der 6seitige Chorschloß



 
 
 
 
 

Ein mittelalterliches Sühnekreuz im ehemaligen Kirchhof


Innenansicht
 
 

Blick ins Innere auf den Altar mit der Taufe im Vordergrund.



 
 
 
 
 

Der Deckel der Taufe



 
 
 
 
 
 

Blick zum Gewölbe



Grundriß

Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)


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Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005