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Dorfkirche Jühnsdorf
(Landkreis Teltow-Fläming)

Die Jühnsdorfer Kirche ist leider stark verändert und hat keine originalen Öffnungen mehr. Lediglich die unteren Teile der Mauern sind noch ursprünglich, die höheren Teile etwa ab den Fensterbänken stammen vom Umbau 1869. Auch der Westturm und die Apsis wurden damals angefügt. Die Kirche von Jühnsdorf ist, obwohl wahrscheinlich im 14. Jahrhundert entstanden, nach ihrem inneren und äußeren Erscheinungsbild eigentlich keine mittelalterliche Kirche mehr.

Lage: Jühnsdorf liegt südlich der Autobahn A 10 von Potsdam in Richtung Frankfurt/Oder (aber ohne eigene Abfahrt), an der Straße von Blankenfelde Richtung Zossen. Die Kirche liegt in der Mitte des Dorfangers und ist umgeben vom ehemaligen Friedhof.

Ortsgeschichte: Das Dorf wird erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1372 als "Joensdorf" erwähnt. Der Name wird von einem Personennamen Godin abgeleitet (Schlimpert, 1972). 1375 hatte das Dorf 39 Hufen, davon vier Pfarrhufen. Das Vorwerk des Tyle Parys bestand aus 5 Freihufen. Jede Hufe mußte 4 Scheffel Roggen und 3 Scheffel Hafer als Pacht und 1 Schilling an Zins sowie 2 Schillinge an Bede (Steuer) abgeben. Tyle Parys bekam die Pacht und den Zins von 11 Hufen. Ein gewisser Wusterhausen, Bürger von Cölln hatte die Pacht und Zins von 15 Hufen, die er kurz zuvor von Heyne Selchow gekauft hatte. Dem Markgrafen standen die Bede und die Wagendienste zu, außerdem eine besondere Fleischabgabe in Höhe von 7 1/2 Hühnern und für jedes Huhn 5 Eier. An jährlicher Bede waren 8 1/2 Scheffel Roggen und 8 1/2 Scheffel Hafer zu entrichten. 18 Kossäten wohnten im Dorf, von denen jeder der Bauernschaft 1 Schilling und 1 Huhn abzugeben hatte. Der Dorfkrug mußte dem Parys und dem Wusterhausen 10 Schillinge geben. Diese hatten auch das hohe und niedere Gericht sowie das Patronat inne. Vasallendienste waren nicht zu leisten. Die verlassene Mühle mußte 6 Scheffel Roggen an die Kirche abliefern, als sie noch in Betrieb war. 1450 werden wiederum 40 Hufen genannt, davon 4 Pfarrhufen. Die Zahl der Kossäten hatte sich auf 12 verringert. Auch den Krug gab es noch. Noch vor 1450 kam das Dorf in den Besitz der v. Milow, seit Ende des 15. Jahrhunderts war es im Besitz der v. Schlabrendorf. Bis 1480 hatte sich an der Hufenzahl nichts geändert, ebenso 1541. Ende des 16. Jahrhunderts war das Dorf in den Besitz der v. Hake gekommen, 1652 gehörte es den v. Otterstedt. Diese Familie verkaufte Jühnsdorf dann 1785 an die Familie v. Redern. Ende des 18. Jahrhunderts hatten es die v. d. Gröben erworben, die es 1823 an die v. d. Knesebeck weiterverkauften .

Baustruktur: Der Bau ist eine einfache Rechteckkirche (20,78 m x 9,80 m) mit nachträglich eingebautem Westturm und nachträglich angebauter Apsis (19. Jahrhundert). Die magnetische Abweichung von der Ost-West-Richtung betrug im Oktober 1999 6-8° nach Nordosten.

Mauerwerksausführung: Die Kirche zeigt zwei völlig verschiedene Mauerungstypen. Im unteren Teil bis etwa in Höhe der Fensterbasen und in den Bereichen zwischen den Fenstern besteht das Mauerwerk aus sehr ungleich großen, schlecht behauenen (meist nur Außenseite) bzw. gespaltenen Feldsteinen mit vielen Auskeilungen in einem dicken Mörtelbett. Eine gewisse Lagigkeit ist noch vorhanden, verschwindet jedoch nach oben immer mehr. Die oberen Teile des Mauerwerks bestehen aus einem mosaikartigen oder polygonalen Gefüge von dicht gemauerten Feldsteinen. Diese Mauerung ist zweifellos "neu" (1869).

Die unteren Teile des Turms (ca. 2 m) zeigen ebenfalls noch die ursprüngliche Mauerung, besonders die Ecksteine, die gut behauen und verzahnt sind. Der eigentliche Turm ist mit kleinformatigen Ziegeln gemauert.

Die Apsis wurde 1869 angebaut und ist mit kleinformatigen, gelben Ziegeln hochgemauert.

Mörtel und Putze: Ein steinsichtiger Verputz hat sich noch auf den ursprünglichen Mauerteilen erhalten.

Portale und Fenster: Auf der Südseite befinden sich drei große rundbogige, mit kleinformatigen, gelben Backsteinen gemauerte Fenster. Links unterhalb des westlichen Fensters, ca. 5 m von der Westseite entfernt, reicht das mosaikartige Mauerwerk in einem Bereich von knapp 2 m Breite bis an die Grundmauern heran. Dieser Bereich markiert wahrscheinlich die Position eines beim Umbau 1864 beseitigten Seitenportals.

Die Apsis hat zwei seitlich sitzende Fenster, im Ostgiebel des Langhauses befinden sich zwei engstehende, rundbogige, mit Ziegeln gefaßte Fenster.

Das rundbogige Westportal ist aus kleinformatigen, gelben Backsteinen gemauert. Rechts und links des Portals befindet sich je ein rundbogiges Fenster, über dem Portal ein rundes Fenster; alle sind mit kleinformatigen, gelben Ziegeln gemauert.

Die Nordseite hat drei Fenster; Form, Position und Ausführung entsprechen denen der Südseite.

Ein Priesterportal (bzw. ein Reparaturbereich, der auf ein beseitigtes Priesterportal hindeuten könnte) ließ sich weder auf der Nordseite noch auf der Südseite mit Sicherheit ausmachen.

Innenbögen: Innenbögen sind und waren auch ursprünglich keine vorhanden.

Turm: Der turm ist ein nachträglich auf den Westteil der Kirche aufgesetzter, eingezogener Rechteckturm mit je drei hochrechteckigen Fenstern und je zwei rundbogigen Schallfenstern auf allen Seiten.

Dächer: Der Saal hat ein Satteldach, der Turm ein Zeltdach mit Kugel, Windfahne und Stern als Abschluß. In die Windfahne eingraviert sind die Jahreszahlen 1869 und 1969. Die Apsis hat ein Halbkegeldach.

Decke: Die Kirche hat eine in Dachform flach winklig gebrochene, moderne Bretterdecke.

Innenausstattung: Die Westempore mit Orgel, die Kanzel und das schlichte Gestühl stammen aus der Zeit der Renovierung 1869. Im Turmerdgeschoß befindet sich ein Grabmal für Frl. Loysen v. Hacke (1662-1737).

Rekonstruktion und vermutliche Baugeschichte:

Aufgrund der starken Veränderungen des 19. Jahrhunderts kann der ursprüngliche Bau nur in groben Zügen wiedergegeben werden.
Vermutlich wurde im 14. Jahrhunderts zunächst eine turmlose, einfache Rechteckkirche (20,78 m x 9,80 m) aus Feldsteinen erbaut. Über die ursprüngliche Zahl der Fenster kann nur spekuliert werden, da die Mauern bei der Renovierung 1869 größtenteils bis zu den Sohlbänken der alten Fenster abgetragen worden sind. Wahrscheinlich war auch nur ein Südportal und vielleicht ein Westportal vorhanden. Sehr ungewöhnlich ist das wahrscheinlich ursprüngliche Fehlen eines Priesterportals.
Der mutmaßliche Baubeginn kann nur durch die Baustruktur und die Mauerwerksausführung (lagig, gespaltene Feldsteine im dicken Mörtelbett und regelmäßige Zwischenlagen) begründet werden.

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:

1869: Erneuerung durch den Baumeister Klehmet. Die oberen Teile der Schiffsmauern wurden abgetragen und anschließend neu gemauert. Die neugemauerten Teile sind an dem mosaikartigen Mauerwerk zu erkennen. An die Ostseite wurde eine Apsis aus Ziegeln angefügt, und der Westturm wurde in Backstein ausgeführt, allerdings unter Verwendung des unteren Teils der Feldsteinmauern des alten Baus. Alle Fensteröffnungen wurden neu gemauert und in Backstein gefaßt.
Dieser Umbau hat nicht nur alle alten Öffnungen beseitigt, sondern läßt auch zu eventuellen Umbauten nach dem 14. Jahrhundert keinerlei Aussagen mehr zu.

1999: Innenrenovierung. Innenanstrich, Deckenanstrich, Fensterrahmen.

2002: Im Juli 2002 wurde das Dach der Apsis neu gedeckt.

2006: Am 18.4.2006 wurde die neue Kirchturmuhr eingeweiht.

Vergleiche: Die ursprüngliche Kirche von Jühnsdorf ist nach ihren absoluten Maßen eine verhältnismäßig große Rechteckkirche. Im Längen/Breiten-Verhältnis stimmt sie gut mit den Kirchen in Rotberg, Gräbendorf und Klein Kienitz überein, aber diese sind in ihren absoluten Maßen z.T. deutlich kleiner. Besser vergleichbar in den absoluten Maßen sind die Kirchen in Ragow und Diedersdorf. Diese Kirchen haben ein geringfügig größeres Längen/Breiten-Verhältnis.

Bemerkungen: Die Beschreibung und der Grundriß der Jühnsdorfer Dorfkirche in "Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg Kreis Teltow" (1941) ist nicht korrekt. Die Grundmauern des Turms sind definitiv noch ursprünglich, d.h. die heutige Westwand bzw. deren untere Teile waren mit großer Wahrscheinlichkeit auch die ursprüngliche Westwand der Kirche.

Die Mauern von Schiff und Chor sind ebenfalls nur noch im unteren Teil (unterhalb der Fenster) und in einzelnen Zwischenbereichen der Fenster ursprünglich. Dies zeigt sich deutlich durch die sehr unterschiedliche Mauerwerksausführung. 

Sehr merkwürdig an der Jühnsdorfer Kirche ist das Fehlen einer Priesterpforte. Es ist keine Stelle in der der Nord- oder Südwand zu entdecken, an der eventuell ein ursprünglich vorhandenes Priesterportal beseitigt worden wäre. Oder es wurde so gut gemacht, daß es nicht zu erkennen ist. Es gibt durchaus Kirchen, die kein ursprüngliches Priesterportal hatten. Aber dies sind sehr kleine Rechteckkirchen, die nicht mit der Jühnsdorfer Kirche zu vergleichen sind. Das Problem mit der Priesterpforte, ob ursprünglich vorhanden oder ursprünglich nicht vorhanden, muß offen bleiben.

Die Kirche wird von Kubach & Seeger (1941), Pomplun (1960), "Dehio" und in dem Werk "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR" übereinstimmend in das 14. Jahrhundert gestellt. Aufgrund der fehlenden (bzw. beim Umbau von 1869 beseitigten) Stilelemente läßt sich das nicht mehr nachweisen. Die Kirche könnte durchaus auch noch im 15. Jahrhundert gebaut worden sein.

Völlig irreführend ist die Beschreibung bzw. das Heranziehen der Jühnsdorfer Kirche als ein Beispiel für ein Mischmauerwerk (aus Feld- und Backstein) der Spätgotik in Waack (1993). Die Ziegel, die in der Jühnsdorfer Kirche verwendet worden sind, sind Industrieziegel, die vom Umbau des Jahres 1869 stammen.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.92/3, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.118-20, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.85/6, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.101/2, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.19, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.110-2, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.452, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam ("Dehio") (1983), S.237, Teickner, Klaus (1980): Zur Geschichte und Gegenwart von Jühnsdorf. Heimatkalender für den Kreis Zossen, 1981: 36-40, Amt Blankenfelde-Mahlow Die Gemeinden im Wandel der Zeit, S.127-44, Waack (1993): Zur Geschichte des Kirchenbaus im Kreis Zossen, S.141. Außerdem Märkische Allgemeine (Zossener Rundschau) vom 10./11.1999, 23./24.10.1999, vom 26.10.1999 (zur Renovierung des Innenraumes), Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.474.



Außenansicht

Nordseite mit dem Wechsel in der Mauerwerksausführung: oben 1869, unten bzw. zwischen den Fenster ursprüngliche Mauerwerksausführung mit gespaltenen, großen Feldsteinen. Außerdem sind zwei der neuromanischen Fenster gut zu sehen.


Ostseite mit der 1869 angefügten Apsis aus Ziegeln.
 

Südseite mit dem Westturm mit Spitzhelm und die Südseite mit einem neuromanischen Fenster.


Innenansicht

Blick in den Altarraum und die Apsis


Die Empore mit der Orgel



Grundriß


Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941). Der Grundriß ist irreführend, da auch der Westturm ein Feldsteinmauerwerk hat, das sehr wahrscheinlich vom ursprünglichen Bau stammt und nicht, wie durch die dichte Schraffur angedeutet, vom Umbau 1869.


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Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005