Mittelalterliche
Dorfkirchen im Teltow (Brandenburg) |
Kirchen |
Dorfkirche
Kiekebusch Die ursprüngliche Kirche war, vor der Verbreiterung auf der Südseite, ein verhältnismäßig langer und sehr schmaler Rechteckbau aus gequaderten Feldsteinen. Merkwürdig ist die sehr weit westliche Position des fast beseitigten ehemaligen Gemeindeportals auf der Südseite. Die Innenausstattung mit Patronatsloge, Altar, Kanzel und Taufstein ist bemerkenswert. Lage: Kiekebusch liegt ca. 7 km nordwestlich von Königs Wusterhausen. Die Kirche liegt vom Friedhof umgeben auf der angerartigen Erweiterung in der Mitte des Dorfes. Ortsgeschichte: Kiekebusch
ist ein angerartiges Straßendorf, das ursprünglich wohl
ein Runddorf war. Der Ort wurde 1375 erstmals im "Landbuch"
als "Kikebusch" urkundlich erwähnt. Die Gemarkung
umfaßte 42 Hufen, von denen der Pfarrer drei Freihufen
besaß. Der Dorfschulze hatte 5 Freihufen, mußte aber
für die Haltung eines Lehnspferdes 1 Talent bezahlen. Jede
Bauernhufe mußte 9 Scheffel Roggen und 9 Scheffel Hafer an
Pacht, an Zins und Bede 5 Schillinge an Heynege v. Richenbach
geben. Die Bede von 3 Hufen, die lediglich 2 1/2 Schillinge
bezahlen mußten, ging an den Berliner Bürger Johannes
Litzen, der diese Hufen in Pfandbesitz hatte. Es gab 7
Kossätenhöfe, die der Bauernschaft je einen Schilling
gaben. Der Krug mußte dem Heynege von Richenbach 10
Schillinge abgeben. Letzterer hatte auch die hohe und niedere
Gerichtsbarkeit, die Wagendienste, das Patronat und das Recht auf
12 Rauchhühner. Diese Rechte hatte er von einem Herrn Damis
(wahrscheinlich identisch mit dem Adligen Richard von Dame)
erworben. Die Mühle, die vorher dem Herrn Nicol(aus) Linte,
Bruder im Predigerorden, 1 1/2 Scheffel Roggen gegeben hatte, war
nicht mehr in Betrieb. Dem v. Richenbach standen von der Mühle
5 Schillinge zu. Seit dem 15. Jahrhundert war Kiekebusch
Lehenbesitz der v. Hake, daneben gab es noch einen anderen
Besitzer (1450 Muslow). 1450 werden 43 Hufen angegeben, davon 3
Pfarrhufen. Die Zahl der Kossäten ist auf 3 zurückgegangen.
1480 sind es dagegen nur noch 40 Hufen (3 Pfarrhufen) und 3
Kossätenhöfe. Später waren die v. Hake wieder
alleinige Lehenbesitzer, die Kiekebusch an die v. Beeren
verkauften. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde hier ein Rittergut
gebildet, das 1745 von König Friedrich Wilhelm I. zur
Herrschaft Wusterhausen erworben wurde. Baustruktur: Der Bau ist
eine Rechteckkirche (18,47 m x 7,35 m) mit westlichem Dachturm und
über fast die gesamte Südseite (ausgenommen westlicher
Bereich des Schiffs) angebauter Herrschaftsloge. Diese öffnet
sich in drei Fenstern zum Chorraum. Der Chorraum ist gegen den
Gemeinderaum durch eine abgeschrägte Stufe markiert. Er ist
innen ca. 6 m lang. Mauerwerksausführung:
Das Mauerwerk der ursprünglichen
schmalen Rechteckkirche ist regelmäßig, mit behauenen
und nahezu gleich großen Quadern, jedoch mit vielen
Auskeilungen. Die Quader sind allerdings nicht so gut behauen wie
etwa bei den Dorfkirchen Groß Kienitz oder Großmachnow.
Die Ecksteine dagegen sind sehr gut behauen und sehr ordentlich
verzahnt. Für die Wände des Südanbaus wurden
unbehauene, ungleich große Feldsteine und viel
Ziegelmaterial verwendet. Die Größe der Feldsteine
variiert aber nicht ganz so stark wie bei den Mauern der Kirche in
Miersdorf. Direkt unter dem Trauf befindet sich eine
unterschiedlich mächtige Lage (ca. 0,5 m) von unbehauenen
kleinen Feldsteinen, die von einer 1998 durchgeführten
Reparatur stammt. Mörtel und Putze: Der Giebel der Ostseite ist fast noch komplett verputzt. Der Putz bricht jedoch in größeren und kleinen Teilen ab. Unter diesem Putz finden sich noch Reste eines Fugenputzes mit doppelter Fugenritzung. Die Reste dieses vermutlich ursprünglichen Putzes sind auch auf der Nordseite zu sehen. Portale und Fenster: Auf der Nordseite befinden sich zwei große korbbogige, mit Ziegeln gefaßte Fenster und im Turmbereich ein kleines Fenster. Die Sohlbank des östlichen Fensters weist ein Ziegelformat von 24 x 11 x 6 cm auf. Rechts neben dem östlichen Fenster ist ein Reparaturbereich zu erkennen, an dessen Stelle vielleicht einmal ein älteres Fenster war. Allerdings hatte dieses ältere Fenster ein Ziegelgewände, kann also nur ein Fenster der zweiten Fenstergeneration gewesen sein. Rechts neben dem Turmfenster könnte man meinen, den Rest bzw. die Kante und den Ansatz des Bogens (aus schlecht behauenen Feldsteinen) eines älteren Fensters zu erkennen. Auch links neben dem mittleren Fenster könnten die Kante und der Bogenansatz eines Feldsteinfensters gewesen sein. Die Basis des mittleren Fensters liegt übrigens auf derselben Höhe wie der Fensterrest neben dem westlichen Fenster. An der Ostseite sind zwei korbbogige Fenster und dazwischen ein zugesetztes schmales Fenster (ca. 80 cm breit). Auch unter den zwei korbbogigen Fenstern sind noch zugesetzte Reste von zwei schmaleren Fenstern zu sehen (80 cm breit). Die unteren Teile dieser Fenster sind mit Ziegeln des Formats 24,5 x 12 x 6,2 cm zugesetzt worden. Die Höhe der ursprünglichen Fenster ließ sich von außen nicht bestimmen, da der obere Teil der Ostwand verputzt ist. Das Kreisinventar bezeichnet diese Fenster als "hohe spitzbogige Fenster". Im Giebel ist ein mit Ziegeln zugesetztes Rundfenster zu erkennen. Dieses hatte ein Gewände aus scherbenartigen Feldsteinen. Außerdem ist noch ein zugesetztes rechteckiges Fenster in der Patronatsloge direkt am Ansatz der Schiffswand zu erkennen. Der Südanbau weist zwei
korbbogige, ziegelgefaßte Fenster und eine ebensolche Tür
auf. Das Format der Ziegel ist 23-24,5 x 11,5 x 5,5 cm. Westlich
neben dem Anbau in der ursprünglichen Wand befindet sich ein
Reparaturbereich und die linke Kante eines Gewändes, das bis
zur Erde reicht. Die Gewändesteine sind gut behauen.
Reparaturbereich und Gewände können nur von einem
teilweise beseitigten Südportal herrühren. Die innere
Kante ist 3,30 m von der Westwand entfernt. Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen. Turm: Der Turm ist ein verputzter Giebelturm, dessen Westwand aus Backsteinen hochgemauert ist; die anderen Seiten sind aus Ziegelfachwerk. Die westlichen Ecken des Kirchenschiffs sind mit Stützmauern abgestützt, vermutlich um das Gewicht des Dachturms abzufangen. Auf der West- und der Ostseite des Turms sitzt je ein Schallfenster, auf der Nord- und Südseite befinden sich an deren Stelle die Ziffernblätter der Turmuhr, die jedoch nicht mehr funktioniert. Vermutlich sind die Ziegel der Westwand großformatig und könnten mit den großformatigen Ziegeln der Stützpfeiler übereinstimmen. Dächer: Schiff und Chor haben ein Satteldach mit südlichem Schleppdach über den Anbau. Der Turm weist ein quergestelltes Walmdach auf. Die Dächer sind einheitlich mit neuen Biberschwanzziegeln gedeckt. Decke: Die Decke ist flachgedeckt mit freiliegenden Querunterzügen. Sie ist grau gestrichen. Innenausstattung: An der
Westseite befindet sich eine in der Mitte ausgebauchte Empore mit
bunt bemalter Balustrade. Auf der Empore steht die Orgel mit reich
verziertem Prospekt. Sie stammt aus dem Jahr 1865 und wurde 1952
von W. Remler (Berlin) überholt. Der hölzerne Altar ist
ein relativ einfacher Ädikula-Altar vom Ende des 17.
Jahrhunderts. Der Mitteltteil ist von Säulen, kannelierten
Pilastern und Wangen flankiert. Anstelle des Altarblatts wurde ein
spätgotisches Kruzifix aus der Mitte des 15. Jahrhunderts
aufgestellt. Im Aufsatz befindet sich ein ausgesägtes
pflanzliches Ornament in handwerklicher Ausführung. Die
polygonale, hölzerne Kanzel mit Schalldeckel an der
nördlichen Chorwand soll nach dem "Dehio" ebenfalls
noch aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. Das
Gemeindegestühl ist ebenfalls einfach. Der spätgotische
Taufstein hat eine 8seitige Kuppa, die mit einem
Kerbschnittornament verziert ist (vgl. den Taufstein in
Herzfelde/MOL). Leider wurde er grün bemalt. Direkt am
Taufstein befindet sich im Fußboden der Kirche eine
Ziegelplatte mit einem Hundepfotenabdruck ("Hundetrappe").
Rekonstruktion und vermutete Baugeschichte: Um 1300: Baubeginn einer einfachen, langen Rechteckkirche mit ursprünglichem Südportal und einem Priesterportal ebenfalls auf der Südseite. Langhaus mit drei (?) Fenstern auf Nord- und Südseite; die Ostseite mit drei schmalen Fenstern. Die Kirche ist relativ schmal und lang und datiert nach der Baustruktur und der Mauerwerksausführung vielleicht aus dem späten 13. Jahrhundert oder frühen 14. Jahrhundert. Auch die Dreifenstergruppe auf der Ostseite spricht für Frühgotik. Leider ist die Höhe dieser Fenster nicht bekannt. Das Kreisinventar schließt jedoch aufgrund der "hohen spitzbogigen" Fenster auf der Ostseite auf eine Holztonne im Inneren. Allerdings ist nicht sicher, ob die Höhe der Fenster in der Ostseite und die vermutliche Holztonne im Innern ursprünglich waren oder ob sie von einer etwas späteren Renovierung stammten. In den Proportionen und der Qualität des Mauerwerks in den unteren Teilen hat die Kirche von Kiekebusch viel Ähnlichkeit mit den Kirchen in Dahlewitz und Groß Kienitz, die jedoch einen ursprünglichen Turm haben oder zumindest angelegt haben. Diese können wohl in die Zeit vor 1300 datiert werden. Vermutlich spätgotisch: Ein erster westlicher Dachturm wird errichtet. In den Stützpfeilern finden sich großformatige Ziegel. Die Stützpfeiler wurden notwendig, um das Gewicht des Dachturmes abzufangen. Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen: 1693/94: Die Herrschaftslaube auf der Südseite wird angebaut (Tafel an der Südwand der Kirche). Dazu wurden Feldsteine, Ziegelbruch und kleinformatige Ziegel verwendet. Beseitung des südlichen Leuteportals. 1718: Die Kirche wurde "durchgreifend erneuert" (nach Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg Landeskirchliches Archiv; 3/2 352 Kiekebusch KK Königs Wusterhausen, "Meldebogen über den Zustand der kirchlichen Gebäude" vom 24.4.1958). Vermutlich sind alle Fenster und Türen dabei verändert worden. Der Fachwerkaufbau des heutigen Turms stammt aus dieser Zeit. 1898: Turmdeckung erneuert (nach "Meldebogen ..."). 1931: Dachreparatur (nach "Meldebogen ..."). 1944/5: Altarfensterbemalung durch Bombenangriff z.T. vernichtet (nach "Meldebogen ..."). 1988: Einbau einer elektrischen Läuteanlage (Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg Landeskirchliches Archiv; 3/2 352 Kiekebusch KK Königs Wusterhausen). 1991: Lieferung von Dachziegeln (Biberschwänze) (Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg Landeskirchliches Archiv; 3/2 352 Kiekebusch KK Königs Wusterhausen). 1998: Reparaturen am Mauerwerk und in der Deckenkonstruktion (über der Empore). Vergleiche: Die Dorfkirche in Kiekebusch gehört zusammen mit Dahlewitz und Groß Kienitz zu einer Gruppe von verhältnismäßig sehr langen und schmalen Rechteckkirchen. Im Unterschied zu den anderen beiden Kirchen hat die Dorfkirche in Kiekebusch keinen Querwestturm, sondern nur einen wohl später aufgesetzten Dachturm. Die Mauerwerksausführung ist wie bei den anderen zwei Kirchen dieses Typs lagig mit meist gut gequaderten Feldsteinen. Wir nehmen daher an, daß die Kirche von Kiekebusch im Alter mit Dahlewitz und Groß Kienitz vergleichbar ist, d.h. im späten 13. Jahrhundert bzw. um 1300 entstanden ist. Bemerkungen: Das
Kreisinventar, der "Dehio" und Pomplun (1962) geben als
Baubeginn übereinstimmend 14. Jahrhundert an. Dagegen sagen
Spatz (1912) und die "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR"
zum Alter nur "mittelalterlich". Information: Frau Obeth, in Kiekebuch (Haus östlich der Kirche) Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.94/5, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.124-6, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.77, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.102(3, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.25, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.120/1, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.158, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam ("Dehio") (1983), S.254, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.503/4. |
Die Nordseite der Dorfkirche Kiekebusch
Die Kirche von Südosten mit der fast auf ganzer Schiffslänge angebauten Herrschaftsloge unter einem einheitlichen Satteldach
Südseite der Herrschaftsloge: völlige unregelmäßige Mauerwerksausführung mit viel untergemischtem Ziegelmaterial.
Blick in den Altarraum mit Altar, Taufstein und Kanzel. Am rechten Bildrand ist der hölzerne Prospekt der Patronatsloge zu erkennen.
Westempore mit Orgel
Der Taufstein
Die "Hundetrappe" an der Basis des Taufsteins
Grundriß (nach Kubach &
Seeger, 1941)
Letzte Änderung: 16.4.2005
©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005