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Dorfkirche Heinersdorf (zerstört)
(Gem. Osdorf, Landkreis Teltow-Fläming)

Die Kirche von Heinersdorf wurde im 2. Weltkrieg schwer beschädigt und 1956 gesprengt, obwohl Pomplun (1962) schreibt: "die Schäden hätten behoben werden können". Es ist uns unverständlich, warum ein solches Kulturdenkmal aus der Kolonisationszeit einfach gesprengt werden konnte. Selbst wenn das Betreten der Ruine gefährlich war, hätte man sie, wie es übrigens auch in anderen Dörfern geschehen ist, sichern können, um später einmal die Kirche wiederaufzubauen. Auch wenn die Kirche nicht mehr für den Gottesdienst gebraucht wurde, warum mußte sie denn gesprengt werden? Man sprengt doch beispielsweise die Burg Rabenstein auch nicht aus dem Grunde, weil sie nicht mehr gebraucht wird. Es klingt nachträglich wie ein Hohn des Schicksals, daß Spatz (1912) ausgerechnet zu dieser Kirche schrieb: "Ein Sinnbild der Dauer ist dagegen das Gotteshaus (von Heinersdorf) ...". Heute künden nur noch ein großer Steinhaufen und ein paar wenige Mauerreste von diesem Monument aus der Kolonisationszeit. Wir können die Dorfkirche von Heinersdorf nur anhand der wenigen uns vorliegenden Fotos und der Beschreibungen im Kreisinventar näher schildern.

Lage: Heinersdorf liegt westlich der Bundesstraße B 101 etwa in der Mitte zwischen Berlin-Marienfelde und Großbeeren. Heinersdorf ist ein durch Gutsbildung deformiertes Straßendorf. Die Kirche lag an der Ostseite der Dorfstraße, umgeben vom Friedhof, der teilweise noch benutzt wird.

Ortsgeschichte: Heinersdorf wurde im Jahre 1299 erstmals urkundlich erwähnt. Es wurde in diesem Jahre vom Markgrafen dem Bischof von Brandenburg käuflich überlassen. 1375 umfaßte das Dorf 49 Hufen, von denen der Pfarrer zwei Hufen hatte. Jede Hufe gab 6 Schöffel Roggen und 6 Schöffel Hafer als Pacht. Der Zins für jede Hufe betrug 2 Schillinge. Mit Ausnahme von 6 Hufen, die einem Berliner Altar gehörten, mußte jede Hufe 5 Schillinge Bede (Steuer) entrichten. Die vier Kossätenhöfe mußten 1 Rauchhuhn und 1 Schilling bezahlen. Der Krug bezahlte dem Schulzen 7 Schillinge. Der Krüger hatte von alters her das Recht, Bier zu brauen. Die Ortsherrschaft, das Patronat, das hohe und niedere Gericht, die Wagendienste mit der gesamten Bede standen dem Bischof von Brandenburg zu. Der Markgraf besaß nichts bzw. hatte keine Rechte mehr im Dorf. 1450 waren es 53 Hufen, von denen der Pfarrer 3 Hufen hatte und die Kirche 1 Hufe. Der Schulze hatte vier Freihufen, 11 Hufen lagen unbebaut. Die Schulzenhufen scheinen im Landbuch von 1375 nicht aufgeführt zu sein und könnten die Diskrepanz in den Hufenzahlen erklären. 1480 waren es dann nur noch 52 Hufen, und es werden wie 1375 nur zwei Pfarrhufen sowie 1 Kirchenhufe genannt; 13 Hufen lagen wüst. Vor 1437 war das Dorf wieder in den Besitz des Markgrafen gekommen, denn der markgräfliche Lehensträger Heinz Donner bezog Abgaben aus Heinersdorf. 1440 kam das Dorf an die Familie Markow in Berlin, ebenfalls als markgräfliches Lehen.   Der Pfarrer hatte drei Freihufen, die Kirche eine Hufe. 1476 verkaufte die Familie Markow (auch Barkow/Brackow) ihr Lehen an das Kloster Lehnin. 1485 wurde das Dorf dann von den v. Hake in Kleinmachnow erworben. Unter dieser Familie kam es zur Bildung eines Rittergutes und Deformierung der ursprünglichen Dorfform. Noch um 1801 gab es 7 Ganzbauern, die aber bis 1858 anscheinend ausgekauft worden waren. Anfang des 19. Jahrhunderts hat ein Leutnant Mumme das Dorf von den v. Hake´s erworben. Er verkaufte es dann 1842 an v. Voß. Auf diesen folgten rasch drei weitere Besitzer. 1881 kaufte die Stadt Berlin den Gutsbezirk für Rieselzwecke.

Baustruktur: Die Kirche war eine dreiteilige Anlage mit Querwestturm, Schiff und eingezogenem Chor. Die Maße waren 16,65 m (Schiff plus Querwestturm) bei einer Schiffsbreite von ca. 9,40 m. Davon entfielen auf den Querwestturm etwa 6 m (von Außenseite Westwand bis Innenseite Schiff). Der Chor war 7,48 m lang und 7,25 m breit. Die Kirche war leicht nach Südosten aus der Ost-West-Achse verschoben.

Mauerwerksausführung: Nach den vorhandenen Fotos war das Mauerwerk lagig mit teils gut, teils nur an der Außenseite behauenen Feldsteinquadern. Nach Untersuchung der Mauerreste kamen kleinere Auskeilungen zwar vor, jedoch keine regelmäßigen Zwischenlagen. Im Chorbereich wurden im Schutt alte, großformatige Ziegel mit dem Format 30 x 13,5 x 9,5 cm gefunden. Wo sie allerdings ursprünglich hingehört hatten, ließ sich nicht feststellen. Die Mauerstärke betrug im Chorbereich ca. 1,10 m.

Mörtel und Putze: Vermutlich hatte die Kirche einen Fugenputz; Teile des Turms waren aber, nach den Mauerresten zu urteilen, steinsichtig verputzt . 

Portale und Fenster: Die Kirche hatte nur je ein flachbogiges Fenster auf der Schiffsnord- und südseite sowie auf den drei Chorseiten. In der Nordseite des Chors, etwa in der Mitte, war eine neue flachbogige Tür, in der Ostseite eine neue rundbogige Tür. In der Chorsüdseite waren noch zwei ältere zugesetzte Fenster erkennbar. Die Form der Bögen war allerdings nicht mehr auszumachen.
Das Westportal war rundbogig, einmal abgetreppt und saß innen in einer giebelförmigen Nische. In der Mitte des Bogens war ein barocker Schlußstein aufgeputzt worden. Über dem Westportal befand sich eine Inschrifttafel, die an die 1706 von der Familie von Haake gestifteten Glocken erinnerte.
Auf der Nord- und Südseite öffneten sich Schlitzfenster in das Turmuntergeschoß.

Innenbögen: Der Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff und der Triumphbogen waren rundbogig. Der Triumphbogen war sehr stark eingezogen und im Verhältnis dazu sehr hoch (verändert?) und hatte keine Kämpfer (oder sie waren beseitigt worden).

Turm: Die Kirche hatte einen Querwestturm mit quergestelltem Satteldach mit Giebeln. Das Glockengeschoß war etwas vom Unterbau abgesetzt und hatte je vier Schallöffnungen auf der Ost- und Westseite, sowie je zwei Schallöffnungen auf der Nord- und Südseite. Die zweite Öffnung von Norden auf der Westseite war zugesetzt, ebenso die westliche Schallöffnung auf der Nordseite; dort befand sich jeweils die Kirchturmuhr. Dieses Glockengeschoß schnitt ein älteres Glockengeschoß mit drei Schallöffnungen auf der Westseite ab. Davon war die mittlere Schallöffnung offen, die beiden seitlichen zugesetzt. Im Giebel war auf der Nordseite ein kleines Fenster.

Dächer: Die Kirche hatte Satteldächer auf Chor und Schiff und ein quergestelltes Satteldach auf dem Turm.

Decken: Schiff und Chor waren flachgedeckt, ebenso die Turmhalle in Höhe des Schiffs.

Innenausstattung: Die Einbauten stammten aus dem 19. Jahrhundert (nach Kubach und Seeger, 1941). An der Nordseite des Triumphbogens befand sich der Grabstein des 1783 verstorbenen George Friederich Wilhelm von Haake.

Rekonstruktion und vermutliche Baugeschichte:

2. Hälfte 13. Jahrhundert: Baubeginn der Kirche mit Querwestturm, Schiff und eingezogenem Chor. Da die Kirche noch einen rundbogigen Triumphbogen und einen rundbogigen Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff hatte, dürfte der Bau um oder nur kurz nach der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sein (sofern man annimmt, dass die Form der Bögen nicht auf eine nachträgliche Veränderung zurückzuführen ist). Möglicherweise sind zeitgleich noch vierteilige Kirchen mit Querturm, Schiff, eingezogenem Chor und Apsis gebaut worden. Leider sind die Fensterformen und Proportionen völlig unbekannt. Das Westportal ist zwar rundbogig, aber offensichlich verändert worden. Falls auch das ursprüngliche Westportal rundbogig war, würde das eine weitere Stütze für die Annahme eines sehr frühen Baubeginns für eine dreiteilige Kirche mit Querwestturm und eingezogenem Chor bedeuten. 

1. Hälfte 14. Jahrhundert: Erhöhung des Turms unter nur teilweiser Beseitigung der alten Schallfenster.

Spätgotik(?): Die lose gefundenen Ziegel des Formats 30 x 13,5 x 9,5 cm deuten ev. auf eine Umbauphase im 15. Jahrhundert hin. 

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:

1706: "Renovation", Vergrößerung der Fenster.

21. Juni 1944: Die Kirche wurde durch einen Bombentreffer stark beschädigt.

1956 gesprengt.

Vergleiche: Die Kirche ist in der Baustruktur am besten mit der Dorfkirche von Brusendorf vergleichbar. Diese Kirche hat im 19. Jahrhundert ihren Querwestturm verloren, war jedoch ursprünglich in den absoluten Maßen größer. Beide Kirchen haben bzw. hatten einen längsrechteckigen Chor. Allerdings hatte die Kirche von Heinersdorf einen runden Triumphbogen, während die Brusendorfer Kirche einen spitzbogigen Triumphbogen hat. Die Kirche in Selchow hat ebenfalls einen Querwestturm, der jedoch etwas später in den westlichen Teil des Schiffs eingebaut worden ist. Die absoluten Maße des Chors sind dort deutlich größer. Die Kirche in Thyrow, heute eine zweiteilige Anlage mit Schiff und eingezogenem Chor, war ursprünglich ein Apsissaal gewesen, der in gotischer Zeit zu einer zweiteiligen Anlage mit eingezogenem Chor umgebaut worden ist. Die Kirche in Ruhlsdorf (mit Schiff und eingezogenem Chor) hatte nie einen Querwestturm und ist in den absoluten Maßen deutlich kleiner. Ohne Querwestturm war auch die zweiteilige Kirche in Sputendorf, die allerdings in den absoluten Maßen gut übereinstimmt.

Bemerkungen: Das Kreisinventar (Kubach & Seeger, 1941) und Pomplun (1960) datieren die Kirche mit "13. Jahrhundert". Die Kombination rundbogiger Triumphbogen und runder Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff mit einem eingezogenem Chor erscheint etwas merkwürdig. Auch die Position des Priesterportals in der Mitte der Nordwand des Chors ist außergewöhnlich. Es ist wohl nachträglich eingebrochen worden. An welcher Stelle lag nun aber das ursprüngliche Priesterportal?
Es ist außerdem merkwürdig, daß nur ein Westportal beschrieben worden ist. Gab es kein ursprüngliches Seitenportal im Schiff? Das wäre für einen spätromanischen Bau sehr ungewöhnlich. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Kirche im 19. Jahrhundert stark verändert worden.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.90/1, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.215-7, Hoppe (1925): "Wehrkirchen" auf dem Teltow. Teltower Kreiskalender, 1925, S.28, Siemsen (1933): Kurositäten aus Heinersdorfer Kirchenrechnungen. Heimat und Ferne, 1933: S.8., Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.95, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.100/1, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.24, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.105/6.


Außenansicht

Die Reste der Kirche von Heinersdorf


Mauerreste im Chorbereich


Ein größerer Mauerrest vom Turm. Die Ecken war gut gequadert.



Innenansicht

Innenansicht der Heinersdorfer Kirche (aus Kubach & Seeger, 1941, Abb.313)



 
 

Das Westportal (aus Kubach & Seeger, 1941, Abb.318). Der Bogen wurde wahrscheinlich beim Einsetzten der Inschrifttafel verändert



Grundriß


Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)


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Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005