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[Ausstellung über Psychoaktive Pflanzen]

Dieser Infoterminal informiert rund um Drogenpflanzen und andere anregende Gewächse.

Von Anke Assig

Kaiserin Sissi tat es, der Schriftsteller William S. Borrough tat es und mit ihnen zahlreiche andere illustre Persönlichkeiten auch: Sie nahmen Drogen. Auch die Jugend unserer Zeit ist kein Hort der Enthaltsamkeit. Seit kurzem pilgern ganze Schulklassen ins Botanische Museum an der Königin-Luise-Straße. Der Grund: Der „Botanic Channel“ bietet gut aufbereitete Informationen rund um Pflanzen, aus denen Drogen gewonnen werden können.

Die interaktive Videoinstallation wurde von Studierenden der Fachhochschule Potsdam und den Kuratoren des Museums entwickelt. Sie ergänzt die laufende Ausstellung über so genannte psychoaktive Pflanzen – ein weites Feld, wie man sehen wird.

Am DVD-Terminal erläutern Experten der FU und der HU den Besuchern am Beispiel von Hanf, Mohn und Koka, welche Rolle Drogen aus botanischer, medizinischer und kultureller Sicht spielen. Per Touchscreen gelangt man dabei auch zum Menüpunkt „Rauschbiografien“. Hier kommen prominente Konsumenten zu Wort. Durch anschauliche Kurzfilme und animierte Grafiken wird zudem deutlich, welches wirtschaftliche und politische Gewicht diese Pflanzen und ihre Produkte auf dem Weltmarkt haben. Neben den aus Pflanzen gewonnen Rauschmitteln spielen auch die synthetischen Drogen, wie Heroin, Crack und Amphetamine, eine wichtige Rolle. Sie alle sind längst zum globalen Handelsgut geworden. Die Sucht ist ein Milliardengeschäft.

Der FU-Pharmazeut Matthias Melzig hat am „Botanic Channel“ mitgearbeitet. Er weiß um den Nimbus des Verbotenen, der Drogen umweht. „Im Internet kursieren massenhaft verführerische, aber falsche Informationen darüber“, erläutert er. „Dem wollen wir wissenschaftliche Fakten entgegen setzen.“ Als Moralapostel verstehen sich die Ausstellungsmacher nicht. Gruselige Filmszenen von Abhängigen auf Entzug gibt es nicht zu sehen. Befürchtungen, die Videoinstallation könnte Jugendliche zum Einstieg in den Drogenkonsum animieren, haben die Ausstellungsmacher nicht. Schließlich hatte die Landesdrogenbeauftragte beim „Botanic Channel“ ein Wort mitzureden.

Aufklärung ist aus Melzigs Sicht dringend nötig. Selbst Medizin- und Pharmazie-Studierende wüssten oft nicht, woran man Opium oder Haschisch erkennt. „In meiner Ausbildung durften wir Opium noch selber kosten. Heute ist das nicht mehr erlaubt“, verdeutlicht er die Wissens-lücken. Die weisen indes nicht nur junge Leute auf. Ältere Besucher haben oft noch weit unklarere Vorstellungen davon, woraus Drogen hergestellt werden und wie sie wirken. „Sie erkennen die Hanfpflanze, die ihr Enkel auf dem Balkon zieht, in der Regel nicht“, weiß Walter Lack. Der Leiter des Botanischen Museums sieht es daher gern, wenn auch „ältere Semester“ mit Aha-Erlebnissen nach Hause gehen.

Psychoaktive Pflanzen in natura zeigt der Botanische Garten unter anderem im Arzneipflanzengarten. Die Überraschung: Pflanzliche Drogen finden sich in jedem Vorgarten: die Blüten der Engelstrompete, Stechäpfel oder Fingerhut. Auch Kaffee, Kakao, Tee und Tabak enthalten Stoffe mit belebender – also psychoaktiver – Wirkung. Sogar die Gartenpetersilie soll leicht halluzinogen wirken. Wie sagte schon Paracelsus? „Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift, allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Foto: BGBM

Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem der FU Berlin, Königin-Luise-Str. 6-8, 14191 Berlin, Infotelefon: 030/838-50027; geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr, Eintritt: zwei Euro, ermäßigt ein Euro

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