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[Kinder, Koran und LKarriere]



Junge Ausländerinnen an der FU lassen oft kulturelle Grenzen hinter sich.

Muslimische Frauen werden oft als Beispiele für die Integrationsfähigkeit von Migranten herangezogen. Dabei herrscht sehr häufig, das Bild der verschleierten, unterdrückten Frau mit geringer Bildung vor, andere Lebensentwicklungen von Migrantinnen bleiben unbeachtet, oder werden als seltene Ausnahmefälle dargestellt. Für ihre Dissertation sprach Ulrike Ofner mit türkischen Frauen über deren Bildungsweg und ihre Berufserfahrungen, Familie und Kinder sowie kulturelle Erfahrungen als Türkinnen in Deutschland. Die ausführliche Analyse von fünf beispielhaften Werdegängen zeigt die Barrieren und Hindernisse auf, die sich den Frauen in den Weg stellten. Es wird aber auch deutlich, welche Breschen diese Frauen mit viel Mut, Elan und Einsatzbereitschaft schlugen.

Die Studie von Ulrike Ofner weist eine enorme Bandbreite an unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensentwicklungen der 23 Frauen türkischer Herkunft auf. Es finden sich unter ihnen Juristinnen, Ärztinnen, Journalistinnen und Künstlerinnen. Frauen, die erst das eine studierten und dann einen ganz anderen beruflichen Weg einschlugen, solche, die nach unbefriedigenden beruflichen Erfahrungen noch ein Studium aufnahmen und andere, die ihre Karriere schon in der Grundschule geplant hatten. „In vielerlei Hinsicht hätten die Ergebnisse der Studie sicherlich ähnlich ausgesehen, hätte man eine vergleichbare Gruppe deutscher Akademikerinnen befragt“, sagt Ulrike Ofner.

Doch gibt es auch Unterschiede. Durch fast alle Texte zieht sich das Thema der Stigmatisierung als Migrantin. Es taucht in unterschiedlichen Zusammenhängen auf, wird mal als Hemmschuh und mal als Ansporn höchst ambivalent dargestellt. Diesem „fremd gemacht werden“ entziehen sich viele der Frauen, indem sie nach dem Studium eine Arbeit in der türkischen Community suchen, wo sie aufgrund ihrer Bildung Anerkennung und bessere Berufsaussichten finden.

Bei allen Frauen handelt es sich um die Töchter der ersten Migrantengeneration. Viele sind in der Türkei geboren und mussten den Kulturschock meistern. Häufig mussten sie früh Verantwortung übernehmen, auf jüngere Geschwister aufpassen und als Dolmetscher bei Behörden und Ärzten fungieren. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bildungskarriere scheint deshalb, neben Begabung und überdurchschnittlicher Leistungsbereitschaft, auch psychische Belastbarkeit zu sein. So sehen sich die meisten vor die Aufgabe gestellt, Beruf und Familie, okzidentalische/deutsche Kultur und türkische Werte und Vorstellungen miteinander zu vereinbaren.

Isabel Pasch

Foto: Ausserhofer


[Kontakt]

Dr. Ulrike Ofner,
Telefon: 030/681 85 39,
E-Mail: Ulof@zedat.fu-berlin.de


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