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[SMit Spaß an die Hausarbeit]



Das hilfreiche Gespräch ist der erste Schritt aus der Krise –
hier in der Studienberatung der FU.


Unter Hausarbeit versteht jeder etwas anderes: In der Schule sind es Matheaufgaben oder ein Aufsatz in Deutsch. Den Hausmann und die Hausfrau quält sie in Form von Waschen, Putzen, Kochen. Studenten kennen sie als Seminar- und Belegarbeit. „Die meisten Studenten wissen zwar, dass Hausarbeiten in der Uni etwas anderes sind als in der Schule. Wie anders, wissen sie oft nicht“, sagt die Psychologin Edith Püschel von der Studienberatung der Freien Universität. Das hat Folgen: „Fünfzig Prozent aller Hausarbeiten werden nie abgeschlossen“, schätzt die Berliner Sozialwissenschaftlerin Petra Stykow.

Um das zu ändern, bieten sowohl Petra Stykow als auch Edith Püschel Kurse an, in denen verunsicherte Studenten lernen, wie sie ihre akademischen Hausarbeiten meistern können. Stykows Devise für geplagte Studenten lautet: Wenn der Prüfungsstress in den Semesterferien den Spaß eines Urlaub nicht erlaubt, sollte man sich wenigstens Spaß bei der Seminararbeit gönnen. „Studenten sollen nicht unter ihrer Arbeit leiden“, empfiehlt sie. „Wenn ich ohne Lust an eine Sache gehe, ist der Misserfolg beinahe vorprogrammiert.“ Eine interessant Fragestellung ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Hausarbeit.

Zwei Typen, so Stykows Beobachtung, laufen beim Verfassen Gefahr zu scheitern: Der Perfektionist („Die können nicht aufhören“) und der Student, der sich falsch einschätzt („Die kriegen es nicht hin, eine wissenschaftliche Frage zu formulieren“).

Ihr erster Ratschlag lautet: das Thema einzuschränken. Wer sich mit Max Weber beschäftigt, bearbeitet besser einen kleinen Nebenaspekt, denn der Versuch, Webers Gesamtwerk neu zu interpretieren, muss scheitern. Weiterhin wichtig: Der berühmte rote Faden. „Viele denken: Es stört nicht, wenn ich barocke Schnörkel in meiner Arbeit habe. Das ist leider falsch.“ Der rote Faden, wenn er denn gefunden ist, könne ruhig ab und zu wieder aufgedröselt und neu gestrickt werden – nur verloren gehen dürfe er nie.
Wenn diese Anfangsschwierigkeiten gemeistert sind und es ans Lesen und Schreiben geht, gilt: immer am Thema bleiben. Literatur ist nicht von der ersten bis zur letzten Seite zu exzerpieren, sondern auf die eigene Fragestellung hin zu untersuchen. Passt das letzte Drittel eines Buches nicht zum Thema, darf man das Werk ruhigen Gewissens weg legen. Die Auswertung von neuen Lexikon- und Überblicksartikeln hilft, Arbeit zu vermeiden: „Literatur, die seit fünfzig Jahren im Schrank verstaubt, will keiner mehr lesen.“

Für das Schreiben räumt Petra Stykow mit mehreren Vorurteilen auf. Statt des oft gepredigten Grundsatzes „Erst denken, dann schreiben“ stimme vielmehr „Schreiben ist denken“. Gedanken verfestigen sich oft erst während der Niederschrift. Auch sei keiner ein Versager, der nicht gleich beim ersten Mal eine druckreife Version zustande bringt: „Erst ein achtmal überarbeiteter Text ist ein richtig guter Text.“ Und schließlich ein Tipp: „Viele Dozenten neigen dazu, Schludrigkeiten als Unhöflichkeit zu deuten. Deswegen sollte man zum Schluss die Rechtschreibprüfung des PC durchlaufen lassen.“
Der Bedarf für spezielle Schreibkurse ist groß, meint Edith Püschel von der FU-Studienberatung. Handwerkliche Aspekte werden noch immer viel zu selten in Seminaren besprochen, kritisiert sie und sattelt noch eins drauf: Die Tatsache, dass viele Studenten an ihren Seminararbeiten scheitern, sei ein Tabuthema an der Uni. Zum Abbau dieses Tabus trifft sie sich einmal wöchentlich mit Studenten, um Schreibprobleme zu diskutieren. Schon dieser Austausch ist höchst förderlich. „Die meisten Studenten müssten einfach mehr Rückmeldung bekommen.“

Wenn trotz aller Ratschläge der Schreibfluss stockt, Rauchschwaden den Blick auf den Bildschirm vernebeln und auch der Kaffee das Hirn auch nicht mehr auf Trab bringt, ist das kein Grund zur Panik. „Schreibstörungen sind ganz normal. Schreiben ist nicht wie Gartenarbeit“, tröstet Edith Püschel. Petra Stykow weist darauf hin: „Immer bedenken: Es handelt sich nur um Hausarbeiten.“

Tilmann Warnecke

Foto: Hertel


[Aus dem Nähkästchen]

Zeit besser organisieren

Eigentlich hatte ich immer genug Zeit, um für Prüfungen zu lernen. Aber trotzdem habe ich alles immer in letzter Sekunde erledigt und deswegen auch einige Hausarbeiten nicht mitgeschrieben, weil ich sie einfach zu schlecht vorbereitet hatte. Deswegen habe ich vor kurzem einen Kurs belegt, wie man seine Prüfungsvorbereitung zeitlich besser organisiert. Dabei musste ich meinen Wochenablauf protokollieren – und fast alles, was ich machte, gehörte zur Kategorie „Dringend, aber nicht wichtig“: Einkaufen und Aufräumen beispielsweise. Die Psychologin hat uns dann geraten, einen realistischen Wochenplan aufzustellen, der alle festen und offenen Termine enthält. Am wichtigsten ist: Sich konkrete Ziele setzen. Also einen bestimmten Text bis zu einer festgesetzten Uhrzeit lesen. Und sinnvoller Weise fünfzig Prozent Zeit mehr einplanen, als man für das Erledigen zu brauchen denkt. Das hat ziemlich gut geholfen. Besonders, weil ich jetzt auch meine Freizeit wieder sinnvoll nutzen kann, ohne mit schlechtem Gewissen auf den Computerbildschirm zu starren.

tw



Constantin Trettler (25) studiert Publizistik,
Politologie und Osteuropawissenschaften.



Gönnt euch was gutes!

Natürlich bereite ich mich auch als Professorin auf die Prüfungen der Studenten vor. Ich betreue etwa sechzig bis hundert Examina pro Jahr. Die Prüfungen im Grundstudium gehören zur Routine: Da wird Basiswissen abgefragt. Es geht für mich darum, die Fragen so auszuwählen, dass nicht jeder Kandidat die gleichen bekommt und die Studenten sich auf dem Gang absprechen können. Prüfungen im Hauptstudium hingegen behandeln Stoff, der sich durch neue Forschungen rasch weiterentwickelt. Da gucke ich vorher bei jedem einzelnen Kandidaten nach, was er bei mir belegt hat und welche Literatur er zur Verfügung hatte, und überlege dementsprechend genau, was ich abfrage. Und natürlich gehe ich darauf ein, in welcher Verfassung die Prüflinge zu mir kommen. Man merkt oft schon im Vorgespräch, welcher Kandidat ruhig und gefasst und welcher nervös ist. Den Nervösen empfehle ich dann beispielsweise, die Prüfung vorher schon in einem Rollenspiel mit Kommilitonen durchzugehen. Gerade während mündlichen Prüfungen kann man als Dozent den Studenten Brücken bauen, wenn die Nervosität ihnen einen Streich spielt. Ich schneide beispielsweise manchmal neue Themen an, wenn ich merke, dass der Prüfling sich gerade in einer Frage verrennt. Mein Tipp für alle Studenten: Am Tag vor der Prüfung sollte man nicht mehr pauken, sondern sich zur Beruhigung etwas Gutes gönnen.

tw



Elfriede Fehr ist Professorin für Informatik
an der Freien Universität.


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