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[Anwohner pflegen Rosenbeet der Freien Universität]

[Alles im grünen Bereich]

Auf dem Rasen zwischen Mensa und Henry-Ford-Bau blüht das Studentenleben: Sehen und gesehen werden, zwischen den Seminaren mit einem Plastikbecher voll Kaffee entspannen und dabei Teint und soziale Bindungen pflegen – all das geschieht zur musikalischen Begleitung von polyphonen Klingeltönen und dem piepsenden Stakkato von eingehenden Textnachrichten auf unzähligen Mobiltelefonen. Inmitten des geschäftigen und bunten Treibens haben die Studierenden allerdings kaum ein Auge für den Zustand des Campusgeländes.

Zu einer viel früheren und ruhigeren Stunde überqueren Dr. Robert Bichara (71) und Astrid Bichara (66) oft genau diese Fläche – beim Morgenspaziergang mit dem Hund. Mit wachem und kundigem Blick entdeckten die Dahlemer Anwohner im Gebüsch, das den Rasen umfriedet, kümmerliche Reste eines einstmaligen Rosenbeetes. Das Ehepaar Bichara beschloss, sich den traurigen Zustand dieses Beetes nicht länger tatenlos anzuschauen und griff kurzerhand zur Gartenschere. Sie entfernten alles überflüssige Gestrüpp aus dem Beet und übernahmen anschließend auch die Pflege und das Düngen der Rosen, die den ganzen Sommer über Passanten mit ihrer Blütenpracht erfreuten.

„Meine Frau und ich wurden bei unserer Arbeit oft von anderen Anwohnern angesprochen. Wir würden uns wünschen, dass unsere Initiative auch andere ansteckte und noch mehr Pflanzenbeete ehrenamtliche Pfleger fänden“, sagt Robert Bichara. In den USA sei es durchaus üblich, dass sich Bürger in ihren Gemeinden bestimmter Park- oder Strandabschnitte annähmen und pflegten. Dabei zähle der persönliche, tatkräftige Arbeitseinsatz und nicht etwa der finanzielle Beitrag.

Die Auswirkungen des universitären Sparkurses drängen sich allerorten auf: Unkraut schiebt sich zwischen den Gehwegplatten hoch; auf dem Obstbaumgelände zwingen herunterhängende Äste, Fallobst und entgegenkommende Kommilitonen auf den engen Pfaden zu einem Slalomlauf der außergewöhnlichen Art. Doch die Außenanlagen sind keineswegs nur schmückendes Beiwerk, auf das man verzichten könnte: Gehwege, Beete und Rasenflächen sind gewissermaßen die Visitenkarte der FU – der erste Eindruck entsteht bei universitätsfremden Besuchern nun einmal zwischen Parkplatz und Eingangstür. Da liegt der Fehlschluss nahe, dass der äußere Zustand Rückschlüsse auf den inneren erlaubt.

Ein weites Feld

Dass sich die Berliner durchaus mit den örtlichen Kultureinrichtungen identifizieren und Anteil an ihrem Schicksal nehmen möchten, beweisen der Botanische Garten und sein Patenschaftssystem, das seit 2002 besteht: Für einen jährlichen Beitrag von 250 bis 1.500 Euro können Pflanzenkinder von Menschen mit einem grünen Herzen adoptiert werden – schon 30 Paten zahlen regelmäßig einen Jahresbeitrag. So übernahm Dr. Motte, Erfinder der Love Parade, im Sommer die Patenschaft für zwei Gewächse, die die Namen „Brennende Liebe“ und „Liebesperlenstrauch“ tragen, mit einem jährlichen Beitrag von 1.600 Euro. Ähnliche Aktionen wären natürlich auch für den FU-Campus denkbar. Warum sollte zum Beispiel der Computerhersteller Apple nicht in die Bildungslandschaft investieren und die Schirmherrschaft für den Apfelgarten auf dem Obstbaumgelände hinter der Silberlaube übernehmen? Vielleicht ließe sich sogar Günter Grass („Ein weites Feld“) als Pate für die Rasenfläche gewinnen, der ein so populärer Ort des Kaffeetrinkens ist! Oder vielleicht fühlt sich Christian Ströbele, der sich bereits öffentlich für die Flora stark gemacht hat („Gebt das Hanf frei!“), auch zum Schutzpatron aller vernachlässigten Blumenrabatten berufen.



Die FU-Außenanlagen erstrecken sich insgesamt über 200.000 m2, was rund 30 Fußballfeldern entspricht. In Düppel kümmert sich noch ein Gärtner um die Grünanlagen, in Lankwitz sind neben externen Firmen die Hausmeister damit betraut, die Bäume, Beete und Rasenflächen zusätzlich zu ihren üblichen Aufgaben zu pflegen. Dahlem Süd umfasst die Anlagen rund um die Anorganische Chemie, die ZEDAT, das John-F.-Kennedy-Institut, die Rost- und Silberlaube, Rechts- und Wirtschaftswissenschaft, den Henry-Ford-Bau, das OSI, das Osteuropa-Institut und das Präsidialamt. Dort ist der zweite angestellte Gärtner der FU-Außenanlagen unterwegs. Viel Fläche, wenig Zeit: Seine Hauptbeschäftigung ist das Rasenmähen. Das Budget für das gesamte FU-Gelände beläuft sich auf jährlich etwa 330.000 Euro. In den vergangenen zehn Jahren wurden die Mittel um rund ein Viertel (110.000 Euro) gekürzt. Ein Großteil des Geldes musste im letzten Jahr für die Beseitigung der verheerenden Sturmschäden verwendet werden. Zwischen 70.000 und 90.000 Euro kostete die Erste Hilfe durch eine Firma, die auf Baumchirurgie spezialisiert ist. Da blieb nicht viel übrig für Schönheitsoperationen. „Das ist Luxus und die letzte Stellschraube, an der wir noch drehen können, um zu sparen“, sagt Thilo Amstein, der stellvertretende Referatsleiter für Grundstücks- und Raumangelegenheiten der ZUV.

Doch Geld ist kein Allheilmittel – vor allem Ideen und Eigeninitiative können viel bewegen, wie die Beispiele des Botanischen Gartens und des Ehepaares Bichara zeigen. Gerade in Zeiten knapper Kassen nimmt die Bedeutung kreativer Maßnahmen zu, um den finanziellen Notstand zu überstehen. Ein Schritt in diese Richtung wäre schon getan, wenn auch Universitätsangehörige und andere Anwohner bereit wären, sich persönlich um die grünen Ecken ihrer Hochschule zu kümmern, damit ihre eigene Umwelt nicht weiter verwildert.

Gesche Westphal

Foto: UNICOM/Grabner

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