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„Sprechen Sie lauter, hören Sie mehr zu und sagen Sie, was Sie denken“. Diesen Rat gab der englische Schauspieler, Schriftsteller und Regisseur, Sir Peter Ustinov, älteren Leuten am Weltgesundheitstag 1999. Welche Ratschläge der Weltbürger Ustinov den neueingeschriebenen Studierenden der Freien Universität geben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten. Schließlich hat der von der Queen 1990 geadelte Botschafter der UNESCO und des Kinderhilfswerks UNICEF nicht umsonst den belgischen Detektiv Hercule Poirot gespielt, der sich bis zum Ende nicht in die Karten schauen lässt.

Eines aber ist jetzt schon klar: Sir Peter Ustinov live zu erleben, wird zu Semesteranfang ein Höhepunkt sein. Leider sind kultivierte Kosmopoliten wie Ustinov selten, die nicht nur auf eine große künstlerische Karriere zurückblicken, sondern ihr Glück auch noch ganz unspektakulär mit weniger Beglückten teilen. Gefragt, wie er seine vielfältigen Tätigkeiten unter einen Hut bekommt, erteilt der 1921 in London Geborene eine für ihn typische Auskunft: „Manche werfen Leonardo da Vinci seine Kritzeleien von Belagerungsgeschützen und seine Ausarbeitung einer überaus originellen Lösung des Verkehrsproblems vor. Aber am Ende wird man sich vielleicht besser deswegen an ihn erinnern als wegen der langweiligen Mona Lisa. Ich finde, die Menschen tun heute nicht genug probieren. Jeder könnte viel mehr aus sich herausholen. Ich glaube an das Glück des Anfängers. Deshalb probiere ich wohl auch soviel“.

Als ein durch und durch neugieriger Renaissance-Mensch hat Ustinov in seinem Leben eine Menge ausprobiert und ist dabei in immer neue Rollen im Theater und im Film geschlüpft. Mit 17 tritt er das erste Mal auf der Bühne auf, mit 20 wird sein erstes Bühnenstück The Bishop of Limpopoland aufgeführt. 1951 schafft er den Sprung nach Hollywood als geisteskranker Kaiser Nero, der in Mervin Le Roys Quo Vadis Rom anzünden lässt. Für seine Rolle als habgieriger Sklavenhändler Lentulus Batiatus in Spartacus erhält er 1960 den ersten, vier Jahre später als Arthur Simpson in dem Thriller Topkapi den zweiten Oscar. 1994 wird er mit dem Deutschen Kulturpreis geehrt.

Doch es hieße Sir Peter Ustinov lange nicht gerecht werden, ihn auf sentimentale Abenteuerfilme, Liebesschnulzen oder Detektivgeschichten zu reduzieren. Ustinov ist nicht nur ein hervorragender Schauspieler und Regisseur, der in zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen und auf der Theater- und Opernbühne aufgetreten ist und auftritt. Gleichzeitig ist er ein

vielseitiger Autor und Schriftsteller, dem satirische Romane, Novellen und Kurzgeschichten aus der Feder fließen, in denen er den herrschenden Zeitgeist auf das Korn nimmt. Außerdem bürstet er Weltnachrichten in Zeitungsglossen geistreich gegen den Strich, deckt Missstände auf, ohne je den für Ustinov eigenen Sinn für Humor zu verlieren.

Sein Herz aber gehört der Jugend und den Kindern. Warum sich jemand, dessen Arbeit es sei, die Leute zum Lachen und Träumen zu bringen, für schmerzhafte Weltprobleme einsetze, wollte der französische Le Soir wissen. Die Antwort fiel einfach aus. „Um Fiktion zu schaffen, muss man die Realität kennen“, antwortete Sir Ustinov, der seit 1969 als Botschafter der Kinderhilfsorganisation UNICEF mit zahlreichen unterschiedlichen Menschen auf der ganzen Welt zusammengekommen ist. Hilfreich für diese Arbeit sind Sir Ustinovs Sprachkenntnisse: Als Sohn eines russischstämmigen deutschen Journalisten sowie einer französischen Bühnenbildnerin mit italienischen und äthiopischen Vorfahren wuchs Ustinov viersprachig auf. Welcher Nation er sich denn zugehörig fühle, will der Journalist von Le Soir wissen und erhält wieder eine äußerst einfache Antwort: Als Europäer.

Und als Europäer mit einer Schwäche für die Jugend ist es nur folgerichtig, dass Sir Ustinov dem Ustinov Institut für das Studium Zentral- und Osteuropas an der University of Durham seinen Namen gab. Das Institut bietet undergraduate und postgraduate Programme für Russische und Slawische Studien, inklusive eines neuen MA für Zentral- und Osteuropa-Studien an. Wieder eine neue Initiative in Sir Ustinovs so reichem Leben.

Felicitas von Aretin

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