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Der einheitliche FU-Campus in Dahlem nimmt langsam Gestalt an
Filigrane Kuppel und das Headquarter

   
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Der einheitliche FU-Campus in Dahlem nimmt langsam Gestalt an


Filigrane Kuppel und das Headquarter

Von Felicitas von Aretin

Verwunschene Villa in der Altensteinstraße
Foto: Dahl

"Schauen Sie", sagt Michael Krauß, Referatsleiter Bauplanung, als er sich über den großen Architekturentwurf von Lord Norman Foster beugt: "So soll die 6500 qm große gemeinschaftliche philologische Bibliothek später aussehen." Geplant sei ein "herausragendes Kuppelgebilde eigener Art", das durch den Wechsel von Glas und geschlossenen Feldern eine quasi kaschierte Transparenz vermittelt. Vorbild für den sechsgeschossigen Foster-Bau, der sich deutlich über die Rostlaube erheben wird, ist die gläserne Universitätsbibliothek in Cambridge. "Insgesamt sind 650 Leseplätze vorgesehen", erläutert Krauß. Allerdings wird es wahrscheinlich noch bis zum Jahr 2003 dauern, bis die Germanisten, Klassischen Philologen, Anglisten und Romanisten in der filigranen Bibliothek schmökern können.

Der Einbau der Bibliothek ist dabei nur Höhepunkt einer umfassenden Sanierung der Rostlaube, die seit rund einem Jahr im vollen Gange ist. In Kürze wird die marode Außenfassade aus Cortenstahl durch Baubronze ersetzt. "Das Material ist anfangs glänzend und wird dann matt, ähnlich der alten Fassade", erläutert Peter Kunze, Leiter der Technischen Abteilung. Auch das von vielen als verrottet wahrgenommene Innere des 1973 in Betrieb genommenen Gebäudes soll verschönert, vor allem aber übersichtlicher gestaltet werden. So hat sich das zur Zeit der Wettbewerbsauslobung vielgelobte Baukastensystem, das auf ständige Veränderung und eine ständig notwendige Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und Studierenden setzte, nicht bewährt. "Die Institute werden zu kleinen abgeschlossenen Einheiten umgebaut, mit jeweils einem eigenen Eingang", sagt Krauß. Durchgangsverkehr und damit Unübersichtlichkeit werde es in der sanierten Rostlaube als gemeinsamem Haus aller philologischen Fächer nicht mehr geben. "Die Rostlaube wird eine völlig neue, viel familiärere Qualität haben", sagt Krauß und fügt hinzu, dass selbstverständlich künftig alle Hörsäle mit Video-Beamern ausgestattet werden. Ohne Lärm und Störung für alle Beteiligten geht die Sanierung der Rostlaube dabei allerdings nicht von statten, vor allem die Lüfter, mit denen bei der Asbestsanierung gearbeitet wird, machen Krach. Man hoffe, dass die Asbestentsorgung und die dazugehörigen Umbauarbeiten bis zum Jahre 2004 abgeschlossen sein werden – die Silberlaube sei bereits von dem schädlichen Baustoff befreit.

Die Sanierung der "Rost- und Silberlaube" ist ein Schritt auf dem Weg zu dem gewünschten zusammenhängenden Universitätscampus mit einer einheitlichen Gebäude- und Landschaftsgestaltung. "Ein zusammenhängender Campus an einem so wissenschaftshistorischen Standort wie Dahlem fördert letztendlich auch das so dringend erforderliche "corporate identity-Gefühl", sagt der Präsident der Freien Universität, Prof. Peter Gaehtgens und hat zu diesem Zweck die "Campusentwicklung" als eigenen Punkt in die Zuständigkeit eines Vizepräsidenten gelegt.

Schnitt durch die geplante gemeinsame
Philologische Bibliothek in der "Rostlaube"

Bislang sind die meisten der insgesamt 235 Gebäude mit einer Gesamtfläche von 310.000 Quadratmetern in dem gepflegten Dahlem verteilt. Das schafft Nachteile: Rund die Hälfte aller Gebäude der Freien Universität ist kleiner als 500 qm. Vor allem Biologen, Veterinärmediziner, aber auch Studierende kleiner Fächer benötigen, wenn kein eigenes Auto, so doch zumindest eine BVG-Monatskarte oder ein Fahrrad, um die Strecken zwischen den einzelnen Instituten ihres Fachbereiches zu überwinden. Ein Problem sind auch die vielen kleinen Bibliotheken, die bei den Geisteswissenschaftlern derzeit noch ein Drittel des Raumbestandes ausmachen.

Die Schweinfurthstraße 63, Foto: Dahl

Zudem verursacht die Zersplitterung erhebliche Kosten. Eine Kostensenkung alleine dadurch zu erzielen, dass die noch verbleibenden Villen verkauft werden, scheidet für die FU als Möglichkeit aus. So begründet die Wissenschaftsverwaltung die gewünschte großzügige Freimachung der Gebäude mit den an der FU in den vergangenen Jahren zurückgegangenen Studierendenzahlen. Das Präsidium hält dieses Argument nicht für zugkräftig: Schließlich seien an der Freien Universität schon seit 1980 – abgesehen vom Rudolf-Virchow-Klinikum keine großen Bauvorhaben mehr durchgeführt worden, obgleich die Studentenzahl bis 1992 auf über 60 000 Studierende angewachsen sei. "Für Baumaßnahmen der Freien Universität wurden in den vergangenen Jahren doch immer weniger Mittel bereitgestellt", ergänzt Krauß und fügt hinzu, dass sich derzeit die Finanzierung des Berliner Hochschulbaus vor allem auf Adlershof und die Charité beschränkt.

"Konzentration auf zusammenhängende Gebäudekomplexe unter Aufgabe von Einzelgebäuden" heißt deshalb schon seit Jahren die Devise der Hochschulleitung. Die Erfolge können sich sehen lassen: Allein in den vergangenen vier Jahren hat sich die Hauptnutzfläche um 20 000 qm reduziert. Seit 1994 sparte die Freie Universität insgesamt 20 Millionen Mark im Bereich Bauunterhaltung und Gebäudebewirtschaftung. "Die Villenverkäufe laufen ganz gut", erzählt Uwe Meising, Referatsleiter Grundstücksverwaltung: Sechs Villen sind bereits verkauft, drei Villen hofft Meising in diesem Jahr noch an den Mann zu bringen. "In der Regel interessieren sich Botschaften, Privatleute und Investoren für die in attraktiver Lage angebotenen Häuser", erzählt Meising, bei dem auch Hannelore Kohl zu Gast war. Bis der "Topf zum Deckel" finde, dauere es seine Zeit, da sich der Berliner Wohnungsmarkt in der vergangenen Zeit für Käufer sehr entspannt habe. Schwierig sei es hingegen, die Außenstellen der FU in Eschwege, Schwarzenbek und Wohlde zu verkaufen, die alle in strukturschwachen Gegenden liegen.

"Natürlich haben wir uns um einen gut moderierten, stufenweisen Umzug bemüht", sagt Krauß und lobt nachdrücklich das kooperative Verhalten der Mitarbeiter/innen, die umziehen mussten. Besonders die Wirtschafts- und Altertumswissenschaftler hätten auf die Umzüge mit Gelassenheit und Pragmatismus reagiert. Alle der bislang verkauften Villen befanden sich im Landesbesitz, sodass die Freie Universität die Hälfte des Kaufpreises, insgesamt bislang rund 5 Millionen Mark durch die Verkäufe erhielt.

Nach wie vor ist die Freie Universität an dem ehemaligen US-Headquarter, Ecke Clayallee Saargmünderstraße interessiert. "Die Nutzung des Headquarters würde für die Freie Universität die Chance eröffnen, die bisher zerstreut angesiedelten Teilbereiche zu konzentrieren", argumentiert FU-Präsident Gaehtgens. So könnte das unter Ensembleschutz stehende Areal die Publizisten aus Lankwitz, die Soziologen und die Kleinen Fächer aufnehmen.

Bis der erste Publizistikstudent jedoch im Headquarter sein erstes Seminar besuchen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Denn bislang ist die Frage der Finanzierung weitgehend offen. Als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches ist dem Bund das 1937 für die Deutsche Luftwaffe erbaute Areal zugefallen. Da das Luftgaukommando vom Bombenkrieg unzerstört blieb, richtete die amerikanische Besatzungsmacht in den meist nur zweigeschossigen Häusern mit Muschelkalkfassade ihr Hauptquartier ein, von dem aus jahrzehntelang die Politik der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland bestimmt war. Als symbolisches Zeichen hatte schon der amerikanische Präsident Harry S. Trumann auf dem Areal den Sieg über Nazi-Deutschland mit einer großen Flaggenparade gefeiert. Seit die Amerikaner 1994 Berlin verließen, steht das große Areal praktisch leer, abgesehen von der Konsularabteilung der US-Botschaft und kleineren Behörden wie Teile des Bundesbauamts.

Danach begann ein politisches Hin und Her: Die Berliner Politiker vom Regierenden Bürgermeister Diepgen bis zum SPD-Fraktionsvorsitzenden sprachen sich immer wieder dafür aus, dass der Bund der FU das Headquarter für einen symbolischen Preis schenken solle. Doch der Bund ließ sich nicht erweichen und brachte den Bundesnachrichtendienst als künftigen Benutzer ins Spiel. Schon titelte die taz: Schlapphüte auf dem Campus, bis schließlich der Pullacher Geheimdienst dankend abwinkte. Derzeit ermittelt die Oberfinanzdirektion im Auftrag des Bundesfinanzministeriums den amtlichen Wert. Bisherige Verhandlungen mit dem Senat von Berlin und der Bundesregierung haben ergeben, dass der Bund rund 70 bis 90 Millionen Mark für die Liegenschaft haben möchte. "Dazu müssen Sie noch die Sanierungskosten mit rund 45 Millionen Mark rechnen", erläutert Krauß. Bis aus den Häusern mit teilweise kleinen Büroräumen eine Universität mit ausreichenden Bibliotheksmöglichkeiten geschaffen werden könnte, seien umfassende Sanierungsarbeiten nötig. "Wir hoffen, dass der Bund doch noch eine Lösung findet, uns entgegenzukommen", sagt Peter Gaehtgens, "dann hätte die Freie Universität endlich einen zusammenhängenden Campus".


Info:


Bislang verkaufte Grundstücke und Villen:

  1. Schwendenerstr. 11, bislang genutzt vom Betriebsärztlichen Dienst
  2. Altensteinstr. 58, bislang genutzt vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
  3. Schweinfurthstr. 63, bislang genutzt vom Fachbereich Pharmazie, Chemie, Biologie
  4. Patschkauer Weg 38, bislang genutzt vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
  5. Archivstr. 2, bislang genutzt von der Zentralen Universitätsverwaltung.
  6. Schwendenerstr. 53, bislang genutzt von der Forschungsstelle Umweltpolitik