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Kommt Zeit, kommt Rat - Aus zwei Jahren Frauenrat


Am Anfang stand eine spontane Idee.

Es waren mal wieder StuPa-Wahlen, und außerdem, stellten wir fest, wurde ein geheimnisvolles Gremium gewählt, dessen Rätselhaftigkeit dadurch noch mysteriöser wurde, daß es zwei Namen trug: Frauenrat oder Wahlgremium der Zentralen Frauenbeauftragten Eine Liste ist schnell geschrieben, und so kandidierten die DEFO-Frauen für den Wahlfrauenrat (oder so). Bald wurden wir aufgefordert, einen Beitrag zur Frauenwahlzeitung zu verfassen. Wir fingen an, uns erstmals mit den Inhalten des Themas Frauenrat und Frauen an der Uni allgemein auseinanderzusetzen. Die Zeitung hat meines Wissens nie jemand gelesen, denn sie wurde wohl nicht verteilt, aber unsere Positionen waren nach der nächtlichen Redaktionssitzung in einer Kneipe klar:

Das Gefälle im Frauenanteil, von den Studentinnen (54 %) über die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen (35 %) zu den Professorinnen (11 %), ist nicht begründbar und auch nicht erträglich.

Qualifizierte Frauen müssen bessere Chancen bekommen und dürfen nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden. Dazu gehört auch, daß eine wissenschaftliche Karriere nicht an der Geburt und Erziehung von Kindern scheitern darf.

Schließlich sollten die Unterschiede von Männern und Frauen stärker in den Studien- und Prüfungsordnungen verankert werden, damit nicht länger Männer als der Regelfall und Frauen als die Abweichung behandelt werden.

Das waren und sind wichtige Forderungen, und wir waren entschlossen, im Frauenrat für sie zu kämpfen. Dabei rechneten wir uns gute Chancen aus, weil im Frauenrat nicht die Professoren die absolute Mehrheit haben, sondern alle Statusgruppen gleichermaßen durch je drei Frauen repräsentiert sind. Hier ist also ausnahmsweise die Viertelparität verwirklicht, die in allen Studentenprotesten seit '68 ebenso regelmäßig wie erfolglos gefordert wird.


Wer hat von Demokratie geredet?

Die Wahl war voller Überraschungen. Die erste Überraschung traf "die anderen", nämlich unsere Kandidatur: Was wollten die konservativen Marionetten der reaktionäre Machos vom DEFO unter den Feministinnen? Die zweite Überraschung war für uns: Der Frauenrat wird nicht in Listen- sondern in Personenwahl gewählt. Die Gunst der Wählerinnen erkor mich, und eine Frauenrätin vom DEFO gegenüber zwei von der "Frauenpolitischen Liste" ist ein "natürliches" Verhältnis. Das Problem aber war, daß durch die Personenwahl alle Kandidatinnen von beiden Listen in eine neue Reihenfolge gebracht wurden, so daß ich meine Vertreterin nicht kannte und mich von ihr auch nicht unbedingt vertreten lassen wollte - ich durfte also eigentlich nie fehlen. Die dritte Überraschung erschreckte viele überzeugte Demokraten. Es stellte sich nämlich heraus, daß unsere Liste die einzige war, die nicht vom Büro der Frauenbeauftragten erstellt worden war. Wenn der Frauenrat die Frauenbeauftragte wählt, die aber vorher die Besetzung ihres Wahlgremiums festlegt, ist eine wirklich freie und unabhängige Wahl nicht unbedingt sicher. Auch die vierte Überraschung machte die Demokraten nachdenklich. Zwei der drei Professorinnen im Frauenrat waren die Vizepräsidentinnen der FU. Wenn die Frauenbeauftragte, unterstützt vom Frauenrat, das Universitätspräsidium kontrollieren soll, ist eine enge personelle Verflechtung des Kontrollorgans und des kontrollierten Organs nicht optimal.


Die Aufgabe

Der Frauenrat hat drei Hauptaufgaben. Er ist eine zuverlässige und sehr schnelle Nachrichtenzentrale, er wählt die Zentrale Frauenbeauftragte und ihre beiden Stellvertreterinnen, und er vergibt jedes Jahr den mit 20.000 DM dotierten Margherita-von-Brentano-Preis.

Die Funktion als Nachrichtenzentrale ist zwar in der Satzung der FU nicht verankert, es ist aber eindeutig die wichtigste Aufgabe dieses Gremiums. Wo sonst hätte man schon wenige Stunden nach dem schweren Autounfall des damaligen FU-Präsidenten Gerlach erfahren, daß er nicht angeschnallt war?

Als Wahlgremium der Zentralen Frauenbeauftragten ist der Frauenrat erstmals im vergangenen Jahr wirklich aktiv geworden, als für die vorige, langjährige Frauenbeauftragte Christine Färber eine Nachfolgerin gefunden werden mußte. Wir hatten fast dreißig Bewerbungen von Frauen aus dem ganzen Bundesgebiet, von der jungen Juristin bis zur erfahrenen Frauenforscherin. Nur wenige aber konnten frauenpolitisches Engagement und Erfahrung mit dem universitären Gremiendschungel bieten. Unter ihnen fiel unsere Wahl schließlich auf Mechthild Koreuber, die seit fast einem Jahr erfolgreich im Amt ist. Die Wahl der ihrer Vertreterinnen ist sehr viel weniger spannend, weil sie nur für zwei statt für vier Jahre gewählt werden, aus der Uni stammen und nicht besoldet oder freigestellt werden. Sie dürfen sich also zwar engagieren, müssen aber auch ihr Studium bzw. ihre reguläre Arbeit schaffen. Das ist auch mit größtem Idealismus praktisch nicht möglich. Deshalb freut sich die Frauenbeauftragte, wenn es ihr gelingt, wenigstens zwei Kandidatinnen für diesen undankbaren Job zu finden, die dann beide mit fast totalitären Stimmenergebnissen gewählt werden.

Regelmäßig einmal im Jahr vergibt der Frauenrat den Margherita-von-Brentano-Preis der FU, mit dem hervorragende Projekte zur Frauenforschung und Frauenförderung an der FU geehrt werden. Was ist frauenfördernd? Was ist Frauenforschung? Woran erkennt man ein hervorragendes Projekt? Jahrelang mußten diese Fragen nicht beantwortet werden, weil genügend Projekte vorgeschlagen wurden, unter denen eine vernünftige Auswahl möglich war, obwohl auch in der Vergangenheit fragwürdige Preisträger ausgewählt wurden, vor allem 1998 die "Kurdistan-AG" des AstA. Die "Kurdistan-AG" hat unbestreitbar herausragende Arbeit geleistet, aber die - im harmlosesten Fall ungeklärten - finanziellen Verstrickungen mit dem AStA machten diese Ehrung bedenklich. Im letzten Herbst gab es nur zwei Vorschläge, von denen keiner die Frauenrätinnen überzeugen konnte, so daß der Preis nicht vergeben wurde. Wir haben sehr heftig diskutiert, ob wir den Preis entwerten, indem wir ihn an ein zwar recht gutes, aber nicht hervor ragendes Projekt vergeben, oder ob wir seine Existenz gefährden, indem wir ihn nicht vergeben, wenn die Preisgelder dann vielleicht aus dem Haushalt gestrichen werden. Wir haben ihn im Herbst nicht vergeben, aber hoffentlich kann der neue Frauenrat am 8. März, am Frauentag, ein preiswürdiges Projekt ehren.

Nach zwei Jahren im Frauenrat endet meine Amtszeit. Eine letzte "Sitzung" wird noch stattfinden, wenn sich alte und neue Frauenrätinnen im Restaurant treffen, um bei Spaghetti oder Pizza einen reibungslosen Übergang der Arbeit zu gewährleisten. Von den schönen und immer noch wichtigen Zielen, mit denen wir vor zwei Jahren angetreten sind, haben wir nichts erreichen können. Wie auch? Der Frauenrat hat, von Wahl und Preisvergabe abgesehen, keinerlei Entscheidungsmöglichkeit – sonst wäre er auch weder viertelparitätisch besetzt, noch würde er nach einem so abwegigen Wahlverfahren gewählt. Wenn ich schon nichts bewegen konnte, habe ich doch immerhin zwei interessante Erfahrungen gemacht: Die sonst üblichen fast unüberwindlichen Mauern zwischen den Studierenden, die dem AstA nahestehen, und denen der Opposition gibt es im Frauenrat nicht. Im StuPa hätten wir einander kaum zugehört und jedenfalls nie einander zugestimmt, im Frauenrat konnten Ulrike Gonzales und ich zwei Jahre lang gut zusammenarbeiten. Schwieriger war die Zusammenarbeit mit den Professorinnen, die, anders als in den entscheidenden Gremien, nicht alle wirklich zuverlässig an den Sitzungen teilnahmen: Der Frauenrat tagte im letzten halben Jahr nur noch drittelparitätisch - keine einzige Professorin gab uns mehr die Ehre. Ich weiß nicht, ob es ein Zeitproblem oder mangelndes Interesse war. Vielleicht haben die Professorinnen einfach schnellere und bessere Quellen für Gerüchte als Normalsterbliche, so daß sie nicht auf den Frauenrat angewiesen sind.

Corinna Groth

(erschienen im DEFO-Info-Update Nr. 40/I vom WS 1999/2000)



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