Das Laufzeitverfahren zur Effektivzinsberechnung

Ausgangspunkt ist das dynamisch-rekursives Basismodell S1000

mit dem speziellen Problem der Effektivzinsberechnung innerhalb der Finanzmathematik.

a    := q    = Wachstumsrate (=1+p, p = Zinssatz)
b    := r    = regelmäßige Zahlung
y[t] := K[t] = Kapital nach t Perioden
T    := n    = Laufzeit
y[0] :=-s    = Startwert (< 0, entsprechend dem Kreditvolumen)
y[T] := 0    = Endsaldo

Gesucht ist also die Lösung der Gleichung

       T
   v  q -1        T
r q   ----  -  s q   = 0
      q -1
Beispiel: Effektivzins
Ein Darlehen von 10 000 DM soll innerhalb von 6 Jahren zurückgezahlt werden.
Folgende Fälle sind zu untersuchen:

(a)     am Anfang jedes Jahres (= vorschüssig) 2400 DM,
(b)     am Anfang jeden Monats (= vorschüssig) 200 DM,
(c)     am Ende jeden Monats (= nachschüssig) 200 DM.

Ermitteln Sie den Effektivzinssatz.

Zahlenwerte zu (a):

b    := r    = 2400
v            = 1
T    := n    = 6
y[0] :=-s    = - 10 000
y[T] := 0    = Endsaldo
Die Auflösung nach q ist i.a. nicht durch Angabe einer geschlossenen Formel möglich. Das Problem der Effektivzinsberechnung besteht gerade darin, den Wert q so zu wählen, daß zu vorgegebenen Werten für die Rate r und die Laufzeit n ein ebenfalls vorgegebener Sollwert REW erzielt wird.

Ein Verfahren, das wir als Laufzeitanpassungsverfahren - kurz: Laufzeitverfahren - bezeichnen wollen, geht problemorientiert von der Frage aus, ob sich nicht sämtliche Raten durch einen einmaligen Betrag in Höhe der Gesamtsumme ersetzen lassen, der dann als einmalige Zahlung mit einer bestimmten (virtuellen) Laufzeit zu verzinsen ist. Anschaulich könnte man zunächst die Hälfte der ursprünglichen Laufzeit ansetzen.

Bezeichnen wir die unbekannte Laufzeit mit x, so können wir unseren Näherungsansatz präzisieren (bei vorschüssiger Zahlung):j

    T
   q -1         x
rq ----  =  rT q       (vorschüssig)
   q -1
Lösen wir diesen Ansatz nach x auf und betrachten wir anschließend den Grenzwert q->1, so erhalten wir als erste Näherung
               T
      1     q(q -1)
x = ---- ln -------        -> x = (T+1)/2
    ln q     (q-1)T
Im nachhinein ist diese Lösung auch anschaulich plausibel, da bei der vorschüssigen Verzinsung die längste Laufzeit T ist und die kürzeste Eins.
Für die nachschüssige Verzinsung ergibt sich ebenso x = (T-1)/2.

Setzen wir diese Approximation in unsere Ausgangsgleichung ein, so erhalten wir (vorschüssig)

    (T+1)/2      T
rT q        - s q  =  0
und daraus zum ersten Mal eine brauchbare Näherungslösung für q:
          2/(T-1)
q = (rT/s)           (vorschüssig)

2/(T+1) q = (rT/s) (nachschüssig)

allgemein: 2/(T+1-2v) q = (rT/s) (nachschüssig: v=0, vorschüssig: v=1)

Das Zahlenbeispiel liefert folgende Näherungslösungen für q:
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              jährlich  Zins p.a. monatlich Zins p.a.
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nachschüssig   1.1098    10.98%    1.01004   12.74%  
vorschüssig    1.1570    15.70%    1.01032   13.12%  
-----------------------------------------------------
Die Brauchbarkeit der Näherungslösungen läßt sich bisher nur vorläufig anhand der Grafik beurteilen, für die eine vorschüssige Verzinsung vorausgesetzt wurde. Dabei ist zu beachten, daß die Formel nur für ganzzahlige Werte von t gilt.

Hätten wir bereits den exakten Wert für q, so könnten wir eine äquivalente Laufzeit angeben, in der eine einmalige Zahlung des Gesamtbetrages denselben Wert liefert wie die Ratenzahlungen, nämlich

                  T
      1       v  q - 1                 0, nachschüssig
x = ---- ln (q  ------)       mit  v = 
    ln q        (q-1)T                 1, vorschüssig
Tatsächlich erhalten wir so nur eine dem angenäherten q-Wert äquivalente Laufzeit. Mit dieser besser angepaßten Laufzeit können wir jedoch aus
    x       T
rT q   - s q   =  0

einen neuen q-Wert ermitteln:

1/(T-x) q = (rT/s)

Das Verfahren

läßt sich folgendermaßen zusammenfassen:
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x[1] = (T-1+2v)/2                    
                                     
             1/(T-x[i])              
q[i] = (rT/s)                        
                                T    
            1            v  q[i] - 1 
x[i+1] = ------  ln (q[i]  ---------)
         ln q[i]           (q[i]-1)T 

      0, nachschüssig           
v =                                  
      1, vorschüssig            
------------------------------------ 

Das Zahlenbeispiel

liefert folgende Ergebnisse für q:
-----------------------------------------------------
              jährlich  Zins p.a. monatlich Zins p.a.
-----------------------------------------------------
nachschüssig   1.1098    10.98%    1.01004   12.74%  
               1.1151    11.51%    1.01067   13.59%  
               1.1153    11.53%    1.01071   13.64%  
               1.1153    11.53%    1.01072   13.65%  
                                                     
vorschüssig    1.1570    15.70%    1.01032   13.12%
               1.1727    17.27%    1.01101   14.05%  
               1.1743    17.43%    1.01106   14.11%  
               1.1745    17.45%    1.01107   14.12%  
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