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FU-N 1-2/2000
Medizin

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Zähne als Modell für embryologische Grundlagenforschung

Wissenschaftswoche 99 im Fachbereich Humanmedizin

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Zähne als Modell für embryologische Grundlagenforschung
Geheimnisse im Mund


Unsere Zähne sind kleiner als ein Fingerhut. Trotz über 100-jähriger odontologischer Forschung sind entscheidende Details immer noch nicht erklärt. Ist ein Zahn erstmal fertig und tut seinen Dienst in der Mundhöhle, dann muss er ein ganzes Menschenleben lang hohe Belastungen beim Kauen und Knirschen aushalten. Karies kann die Zähne total zerstören, und als Folge von Zahnfleischerkrankungen können die Beißer verloren gehen. Krankheiten wie Karies oder Parodontopathien sind wir nicht mehr ganz so hilflos ausgeliefert, weil die Forschung zu Erfolgen in der Therapie und sogar zur Prophylaxe beigetragen hat.

"Doch neben diesen klinischen Aspekten bergen die Zähne noch viel mehr an Geheimnissen: Die Zahnentwicklung ist ganz generell ein gutes Modell für die embryologische Grundlagenforschung", sagt Professor Ralf J. Radlanski, Direktor der Abteilung Experimentelle Zahnheilkunde am Fachbereich Humanmedizin der FU. Denn alle gestaltbildenden Prozesse, die auf zellulärer Ebene ablaufen, werden in der fertigen Struktur der Zahnhartgewebe sichtbar und ändern und sich im Laufe des Lebens so gut wie nicht.

Wie wird die Vielfalt der unterschiedlichen Zahnformen gesteuert? Noch spannender: Wie kommt es eigentlich, dass die Zähne des Oberkiefers zu denen des Unterkiefers beim Zusammenbeißen auch verzahnt zusammenpassen, obwohl sie doch alle einzeln im Knochen entstehen, bevor sie in die Mundhöhle durchbrechen? "Irgendwie" muss dies mit dem genetischen Code zusammenhängen. Aber ungeklärt ist noch, wie die Gene die Form der Zähne steuern. Für die Forscher hilfreich ist das Wissen aus Experimenten, dass Zähne in ihrer inneren Struktur "Spuren der Entstehung" konservieren. Ähnlich wie Weinbergschnecken hinterlassen zum Beispiel jene Zellen, die den Zahnschmelz bilden, "Spuren ihres Weges" – sie bleiben als "Schmelzprismen" für immer sichtbar. Diese Spuren sind nur sechs Mikrometer dünn, dafür aber bis zu fünf Millimeter lang. Die experimentelle Zahnheilkunde ist dabei, mit elektronenmikroskopischen Techniken und modernsten confokalen Laserscanningmikroskopen diese Spuren darzustellen. So kann man sich, ausgehend von der Aufklärung der fertigen Mikrosktuktur, an die Erklärung der gestaltbildenden Vorgänge herantasten. Ein anderer Weg ist der, die zahnbildenden Weichgewebe während ihres Wachstums zu beobachten und zu untersuchen, wie bespielsweise eine Fissur zwischen zwei Zahnhöckern entsteht. Auffällig ist, dass hier nicht nur Zellen immer mehr wachsen, sondern dass auch Zellen in der Tiefe der späteren Fissuren absterben. Manche Forscher sind der Ansicht, dies geschehe (ähnlich wie beim Krebs) durch "Apoptose", den programmierten Zelltod.

In der Zahnklinik des Universitätsklinikums Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin fand Ende 1999 ein Kongress statt, der sich solchen Fragen widmete. Im Vordergund standen diesmal Fragen zur Anwendungsmöglichkeit neuester Technologien. Unter der von Brüssel (EU) geförderten "COST B8 Action "Odontogenesis" treffen sich europaweit Forscher auf dem Gebiet der Odontologie, insbesondere der Odontogenese – diesmal im Fachbereich Humanmedizin der FU.

R. J. R./MWM