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Dorfkirche Miersdorf
(Lkr. Dahme-Spreewald)

Die Kirche ist durch ihre völlig unregelmäßige Mauerwerksausführung einmalig unter den Teltow-Kirchen. Der Giebel war ursprünglich sehr steil (er wurde in einer späteren Bauphase etwas abgeflacht) und deutet auf den spätgotischen Ursprung hin. Bemerkenswert ist ferner ein in die Mauer neben dem Westportal eingemauerter alter Mühlstein sowie eine geschnitzte gotische Madonnenfigur.

Lage: Miersdorf gehört heute als Ortsteil zu Zeuthen im Landkreis Dahme-Spreewald. Die Kirche liegt auf dem Dorfanger und ist umgeben vom ehemaligen Friedhof.

Ortsgeschichte: Miersdorf wurde 1375 im Landbuch Kaiser Karls IV. urkundlich erstmals als "Mirenstorpp" (in späteren Ergänzungen auch Mirenstorf, Myrenstorp) erwähnt. Es ist ein typisches Angerdorf, das 40 Hufen umfaßte. Von diesen Hufen hatte der Pfarrer 4 Hufen. Die Hufen gaben je 3 Schöffel Roggen und 3 Schöffel Hafer Pacht, außerdem 3 Schillinge Zins. Von Wagendiensten und der Bedeabgabe ist nichts erwähnt ("nichil plus"). Der Krug gab 12 Schillinge Zins und die Mühle 1 1/2 Wispel Roggen. Die 6 Kossäten bezahlten zusammen 6 Schillinge. Cuntze Froborg hatte das ganze Dorf mit allen Rechten vom Markgrafen zu Lehen. Claus Sunde, Bürger in Berlin hatte die Pacht und den Zins von 8 Hufen inne, die er von Cuntze Vroberg zu Lehen hatte. 
Die neueren Fassungen des Landbuchs weichen von der ersten Fassung etwas ab. Nach 1375 hatte C. Vroberg seine Rechte an Heinrich Buden (Beuthen) abgetreten. Außerdem hatte die Frau eines Jutergotz, Bürgerin von Spandau, Pacht und Zins von 4 Hufen. Die Pacht und den Zins von den restlichen 22 Hufen hatten ein Herr Apetzow und Heinrich von Beuthen gemeinsam. Anfang des 15. Jahrhunderts befand sich das Dorf im Lehensbesitz der Borsewitz, 1426 hatte der Mittenwalder Richter Peter Fleischhauer die Dorfherrschaft inne. Seit 1440 gehörte das Dorf den Enderlein. Das Schoßregister von 1450 erwähnt wiederum die 40 Hufen, davon 4 Pfarrhufen. Diese lagen unbebaut, möglicherweise ein Hinweis, daß zu dieser Zeit gar kein Pfarrer im Dorf war. 1652 war Andreas Christoph v. Köppen Mitbesitzer. 1719 wurde das Gut Miersdorf von den v. Enderleins an Friedrich Wilhelm I. verkauft, der es zur Herrschaft Königs Wusterhausen zog. Der Name wird als slawisch-deutscher Mischname gedeutet; von "Miroslaw" (Schlimpert, 1972).

Baustruktur: Der Bau ist eine einfache, rechteckige Feldsteinkirche (17,65 m x 9,62 m) mit westlichem Dachturm. Die Kirche hat eine magnetische Abweichung von ca. 8° von der Ost-West-Richtung nach Nordosten.

Mauerwerksausführung: Die Mauern bestehen aus fast unbehauenen Feldsteinen (lediglich die Außenseite ist grob behauen) mit einem weiten Größenspektrum. Lagen sind keine erkennbar, die Feldsteine sind völlig unsortiert in die Mauern eingefügt. Die Ecksteine sind sehr grob behauen und nicht verzahnt. Die oberen 1,5 m der Wände bestehen aus Ziegeln mit dem Format 25 x 12 x 6,5 cm und dokumentieren eine nachträgliche Erhöhung der Seitenmauern bei gleichbleibender Firsthöhe. Dadurch sind Giebel und Dach etwas flacher geworden. Zwischen Westgiebel und Westwand des Schiffs ist eine horizontale Baunaht zu sehen. Der Giebel besitzt eine etwas andere Mauerwerksausführung (geringes Größenspektrum, z.T. sind Lagen angedeutet).
Als Besonderheit ist zu erwähnen, daß rechts neben dem westlichen Eingangsportal ein alter Mühlstein (Durchmesser ca. 41 cm) in die Mauer eingemauert ist. Etwas weiter rechts und höher ist wahrscheinlich ein alter, recht großer Grabstein in der Mauer verwendet. Es ist offensichtlich ein Kalkstein, der vermutlich nicht von der Miersdorfer Markung stammt. Es könnte ein Block Muschelkalk von Rüdersdorf sein.
Die Mauerstärke beträgt in der Südwand ca. 90 cm.
Das Eingangstor zum Friedhof besteht aus großformatigen Backsteinen des Formats 28-28,5 x 13,5 x 8,5-9 cm.

Mörtel und Putze: Die Kirche war sicher einmal ganz verputzt. Reste dieses Putzes finden sich an der gesamten Kirche.

Portale und Fenster: Auf der Nordseite befindet sich im Schiffbereich ein  rundes Fenster unterhalb des Turms, ein mittleres kleines Fenster und weiter östlich ein großes, korbbogiges Fenster. Das Rundfenster ist noch vollständig von Feldsteinmauerwerk umgeben; dieses ist oberhalb des Fensters mit einer geraden Kante begrenzt, was darauf hinweist, daß es sich hier um den ursprünglichen oberen Abschluß des Feldsteinmauerwerks handelt (vor der Aufstockung mit Ziegeln). Diese Kante stimmt mit der horizontalen Baunaht zwischen Westwand und Westgiebel (s.o.) überein. Im Chorbereich ist noch ein vermauertes, leicht spitzbogiges Fenster mit einem Gewände aus großformatigen Ziegeln erkennbar (Ziegelformat 27,5 x 13 x 8,5 cm). Der Bogen besteht aus stehenden Bindern; zwischen dem Bogen und dem Gewände ist ein deutlicher Knick zu erkennen. Die Maße des Fensters sind 155 x 80 cm. Das mittlere kleine Fenster schneidet ein zugesetztes, rundbogiges Fenster ab.
Die Fenster der Südseite entsprechen in Zahl und Form den Fenstern der Nordseite. Das zugesetzte Mittelportal mit einem Gewände aus großformatigen Backsteinen hat einen sehr leichten Spitzbogen aus stehenden Bindern. Zwischen Bogen und Gewände ist ein deutlicher Knick, ähnlich den Fenstern. Das Format der Ziegel beträgt 28,5 x 13 x 8,5 cm. Das Mauerwerk des zugesetzten Bereichs besteht z.T. aus Feldsteinen, z.T. aus kleinformatigen Ziegeln. Unterhalb des mittleren Fensters, östlich neben dem Gemeindeportal befinden sich Ziegel im Mauerwerk, die das Format 28 x 12,5 x 8 cm haben. Möglicherweise gehören sie zum Veränderungsbereich des Fensters. Auch die Priesterpforte ist zugemauert. Hier ist ein kleinerer Bogen in einem etwas weiteren Bogen sichtbar, was darauf hindeutet, daß die Priesterpforte zunächst einmal etwas schmaler gemacht wurde, bevor sie ganz zugemauert worden ist. Der äußere Bogen - vermutlich ist nur der Begleitbogen erhalten, da er gegenüber der Gewändekante etwas nach außen versetzt ist - besteht aus liegenden Läufern. Die Ziegel messen 27,5 x 13 x 8,5 cm. Zur inneren Kante gehörte ein Bogen aus stehenden Bindern mit einem Ziegelformat von 25 x 12,5 x 6,5 cm. Im Chorbereich befindet sich ein zugemauertes korbbogiges ("barockes") Fenster. 

Zwischen den beiden korbbogigen Fenstern der Ostseite ist noch ein zugesetztes Fenster mit einem Gewände aus großformatigen Ziegeln erkennbar. Dieses Fenster mißt 155 x 80 cm. Bogen und Gewände sind identisch mit dem zugesetzten Fenster im Chorbereich der Nordseite.

Das Westportal ist flachbogig und mit Ziegeln gefaßt, allerdings ist das Gewände fast vollständig verputzt. Das Ziegelformat ist 26 x 12 x 6,8 cm. 

Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen.

Turm: Der Turm ist ein verbretterter, quadratischer Giebelturm mit je einem Schallfenster auf allen Seiten.

Dächer: Das Schiff hat ein Satteldach mit abgewalmter Ostseite; der Turm trägt ein Zeltdach. Alle Dächer sind mit Biberschwanzziegeln gedeckt.

Decke: Die Kirche ist flachgedeckt mit freiliegenden Balkenbündeln. Die Decke ist grau gestrichen.

Innenausstattung: Die Kirche hat auf der Nord-, West- und Südseite Emporen mit braun und weiß bemalten Brüstungen. Auf der Westempore steht die Orgel mit farbigem Orgelprospekt. In der Literatur werden drei Schnitzfiguren beschrieben, die in der Kirche aufbewahrt werden. Im Februar 2000 waren nur zwei vorhanden; die sogenannte "Miersdorfer Madonna", die um 1400 entstanden sein dürfte, und die beschädigte Statue  eines Jakobus des Älteren. Die dritte Statue war eine heilige Barbara. Altar und Kanzel sind schlicht; über dem Altar ist ein schmuckloses Balkenkreuz mit Doppelvertikalbalken angebracht.
Die Fußbodenfließen messen 26 x 13 x ? cm.

Rekonstruktion und vermutete Baugeschichte:

Mit einiger Sicherheit hatte die heutige Kirche einen Vorgängerbau aus Holz oder Fachwerk. Miersdorf war im Jahre 1375 Pfarrdorf und wohl auch schon im 13. Jahrhundert. Es erscheint eher unwahrscheinlich, daß der heutige Bau bereits zu dieser Zeit stand oder einen steineren Vorgängerbau gehabt hat. Von diesem wären bestimmt noch Reste erkennbar. 

Zwischen Ende des 15. und Mitte des 16. Jahrhunderts: Bau einer einfachen Rechteckkirche mit Südportal und Priesterportal auf der Südseite. Der Giebel war sehr steil. Die Mauerwerksausführung dieser Kirche ist die ungeordnetste von allen Kirchen im Teltow. Dies zeigt sich im Größenspektrum der verwendeten Feldsteine (von wenigen Zentimetern bis zu fast metergroßen Brocken), der fehlenden Sortierung und fehlenden Lagigkeit wie auch in der fast fehlenden Behauung der Steine. Auffallend ist, daß auch die Ecksteine kaum behauen und außerdem nicht verzahnt sind. Eine weiteres Charakteristikum ist der im Vergleich zu nachweislich älteren Kirchen sehr steile Giebel, der für spätgotische Kirchen typisch ist. Er wurde bei einem späteren Umbau etwas flacher gemacht. Man sollte eigentlich annehmen, daß die Kirche wohl noch vorreformatorisch entstand, da sie ein Priesterportal besitzt (jetzt zugesetzt). Nach Kubach & Seeger (1941) war auf dem Dach allerdings eine Windfahne mit der Jahreszahl 1553. Die gemessenen Zeigelformate könnten durchaus zu dieser Datierung passen. Ein Priesterportal besitzt auch die nachweislich nachreformatorisch (1597/99) erbaute Kirche von Kleinmachnow.

Nachgewiesene Umbauten und Instandsetzungen:
1617: Georg von Enderlein stiftet für den steinernen Altar ein geschnitztes Altarpult.
1627: stiftet Georg von Enderlein eine mit Schnitzarbeiten verzierte Kanzel.
1645 und 1666: Hans Dietrich von Enderlein und Andreas Koeppen stiften zwei Kirchenglocken aus Kupfer und Bronze.
1678: Eine neue hölzerne Taufe mit dem Wappen der Enderleins wird aufgestellt. Diese historische Taufe wird nach ihrer Wiederentdeckung seit 1952 erneut benutzt.
1708: Johannes Dietrich von Enderlein wird als letzter des Geschlechts im Grabgewölbe unter der Kirche beigesetzt (das Gewölbe wurde 1832 zugeschüttet).
1710: Die Kirche erhält nach einer Erhöhung der Umfassungsmauern und der Erneuerung des Turms die heutige äußere Form. Vergrößerung der Fenster (korb-/segmentbogig), Veränderung der Portale. Bauzeit: Sechs Monate. Kosten: 474 Thaler, 6 Groschen, 9 Pfennige.
1719: Moritz Sigismund von Enderlein verkauft seinen Besitz mit allen gutsherrlichen Rechten für 20000 Thaler an den König von Preußen Friedrich Wilhelm I., Kirchenpatronat der Hohenzollern.
1760: Das Eingangstor zum Kirchenhof wird fertiggestellt.
1832: Südpforte zugemauert, Gewölbegruft zugeschüttet.
1835 (6. Sept.): Feierliche Wiedereinweihung der Kirche nach einer großen Innenrenovierung. Baukosten: 620 Thaler.
1860: Kirchhof geschlossen.
1867: In der Kirche werden Seitenemporen eingebaut, die Chorfenster nach unten verlängert.
1912: Die Kirche erwirbt eine zwölfregistrige Schuke-Orgel.
1921 wurde der Westturm um 2 m erhöht.
1951: Kriegsschäden werden beseitigt.
1981-84: Umfangreiche Innenrenovierung der Kirche, Neugestaltung des Altarraumes mit dem Doppelbalkenkreuz an der Altarstirnwand. Baukosten: 65000 Mark.
1990 bis 1993: Neueindeckung des Kirchendaches und Neugestaltung des Kirchhofes. Kosten: 52000 DM.

Vergleiche: Die Kirche ist den absoluten Maßen und Proportionen recht gut mit Ahrensdorf vergleichbar. Allerdings dürfte diese Kirche doch etwas älter sein. Beide Kirchen sind durch ihr Längen-/Breiten-Verhältnis von 1,8-1,9 von den meisten anderen Rechteckkirchen deutlich unterschieden.

Bemerkungen: Nach der Internetseite http://www.wild-east.de/brburg/dahmeland/zeuthen/miersdorf.html wurde die Kirche angeblich "wegen Baufälligkeit ... nach dem 1. Weltkrieg neu errichtet und ausgestattet, wobei auch ein vorgeschichtlicher Mühlstein Verwendung fand". In Anbetracht der sehr ungeordneten Mauerwerksausführung ist dies eher unwahrscheinlich. Was genau 1921 gemacht wurde, ist aus der kurzen Notiz nicht ersichtlich. Der Mühlstein befand sich schon vor dem 1. Weltkrieg neben dem Portal (Spatz, 1912).

Kubach & Seeger (1941) datierten die Kirche auf das 14./15. Jahrhundert; in "Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR" wird dagegen lediglich von einem "spätgotischen Feldsteinbau" gesprochen; auch der "Dehio" ist mit "spätmittelalterlich" in der Datierung recht vorsichtig. Der "Kunstführer durch die DDR" datiert die Kirche dagegen als "gotisch 14. Jh.", ebenso Pomplun (1962).

Die oben geschilderte Mauerwerksausführung deutet aber nicht auf das 14. Jahrhundert hin; auch die gemessenen Ziegelformate sprechen eher für eine Spätdatierung (Mitte 16. Jh.) der Kirche.

Die Kirche in Kuhlowitz im Fläming, die in das 1. Viertel des 16. Jahrhunderts datiert wird ("Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR"), weist eine ähnlich unregelmäßige Mauerwerksausführung und einen ähnlich steilen Giebel auf. Der dortige Giebel ist allerdings mit Blendfenstern aus Backstein verziert.

Literatur: Fidicin (1857): Die Territorien der Mark Brandenburg Band I, S.109, Spatz (1912): Unser Teltow, Band 3, S.180-2, Anonymus (1936): Auffindung alter Miersdorfer Kirchenrechnungen. Archiv für Sippenforschung, 13: S.282, Botzelmann (1938): Hundert Jahre Kirchenrechnung 1704-1804. Aus dem Chronikband der Gemeinde Miersdorf. Unser Teltow, 1938: 3-5, Schultze (1940): Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, S.101, Kubach & Seeger (1941): Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Mark Brandenburg, Kreis Teltow, S.136/7, Pomplun (1960): Der mittelalterliche Dorfkirchenbau auf dem Teltow, S.28, Piltz (1975): Kunstführer durch die DDR, S.147, Enders & Beck (1976): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow, S.185-7, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.165, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam ("Dehio") (1983), S.475, Aus dem Baugeschehen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg (1997), S.155, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.1161.

Information: Ev. Pfarramt Zeuthen



Außenansicht

Ansicht der Kirche von Nordosten

Ansicht von Südwesten

Westseite und Friedhofsportal

Ostseite

Der eingemauerte Mühlstein südlich neben dem Westportal



Innenansicht

Altar und "Miersdorfer Madonna".

Die "Miersdorfer Madonna"

Westempore mit Orgel



Grundriß


Grundriß (nach Kubach & Seeger, 1941)


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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2003