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Zur CD-ROM WOLKEN - MALEREI - GESCHICHTE
Arthur E. Imhof
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Vorbemerkung
Die Zusammenarbeit zwischen Meteorologen und Historikern hat an der Freien Universität Berlin bereits eine längere Tradition. Sie kam ursprünglich dadurch zustande, dass sich Historiker beim Betrachten von niederländischen Gemälden aus der frühen Neuzeit (in der nahe gelegenen Gemäldegalerie Dahlem der Staatlichen Museen) plötzlich nicht mehr sicher waren, ob sie die Darstellungen als bare Münze nehmen dürften. Wenn aber der Realitätsgehalt erst einmal in Frage stand, büssten die Bilder selbstverständlich viel von ihrem geschichtlichen Quellenwert ein. Weshalb eine diesbezüglich Überprüfung nicht mit relativ unverfänglichen Bildpartien beginnen: den in niederländischen Gemälden vielfach und in Menge zu sehenden Wolken?
Zuerst kam es im Rahmen der daraufhin zwischen Angehörigen der beiden Disziplinen einsetzenden Zusammenarbeit zu einzelnen gemeinsamen Seminarübungen vor den in Frage stehenden Bildern, dann in Regie der Meteorologen zu einer öffentlichen Vortragsreihe
Klima - Wolken - Malerei in Geschichte und Gegenwart, bei der
Angehörige zusätzlicher Disziplinen mitwirkten, und schliesslich zur Realisierung einer
CD-ROM "Wolken - Malerei - Geschichte". Im Verlauf der Zeit konnte es nicht ausbleiben, dass zusätzliche Themenbereiche ins gemeinsame Blickfeld gerieten, so insbesondere zahlreiche Votivtafeln aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, alle ebenfalls mit Wolkendarstellungen - wenn auch mit ganz anderer, doch nicht minder relevanter Bedeutung.
Der hier auf Papier ausgedruckte Text ist weitgehend identisch mit den Ausführungen, die auch auf der CD-ROM zu finden sind. Wie der Name ROM besagt (ROM = Read Only Memory), ist der Inhalt einer solchen CD ein- für allemal fixiert, also unveränderlich. CD-ROMs veralten sehr rasch. Was heute - zum Beispiel im Hinblick auf bibliographische Angaben - noch aktuell ist, kann morgen schon überholt sein. Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, sind auf der CD-ROM und entsprechend auch in diesem Text einige Stellen mit Links kombiniert, die im World Wide Web aufrufbar sind und die somit, weil immer wieder à jour geführt, eine grössere Aktualität gewährleisten. Der gedruckte Text zeigt diese Stellen unterstrichen an. Eleganter ist es, sich den gesamten Text, der in gleicher Aufmachung im World Wide Web vorhanden ist, auf den Bildschirm zu laden und die dabei als Hotwords gekennzeichneten Passagen einfach anzuklicken. Wer somit on-line gehen möchte, wählt die Adresse http://www.fu-berlin.de/aeimhof/wehry.htm.
Sahen Wolken vor drei oder vier Jahrhunderten anders aus als heute?
Wie soll man das wissen, wo Wolken doch dermassen flüchtige Gebilde sind,
dass ihre Formen, Farben, Konturen in vorphotographischen Zeiten kaum exakt festzuhalten waren.
Dennoch findet man Wolken auf Hunderten von Bildern aus früheren Jahrhunderten.
Und die Maler werden sich gewiss etwas dabei gedacht haben, wenn sie sie in so grosser Zahl in
ihren Werken festhielten. Es fragt sich nur, was sie uns damit sagen wollen. Auf der CD-ROM wird diese Frage
in zweierlei Hinsicht behandelt.
Zum einen werden Gemälde prominenter Künstler gezeigt und erläutert, Werke der hohen Kunst also.
Im Zentrum stehen dabei niederländische Bilder aus dem 17. Jahrhundert, dem "Goldenen Zeitalter".
Ein Jahrhundert zuvor waren die Niederlande zum Calvinismus übergetreten. Inzwischen hatte eine wirtschaftlich
prosperierende Mittelschicht - Bürger in den aufstrebenden Städten, reiche Bauern auf dem Lande - die Kirche
als Hauptauftraggeber von Kunstwerken abgelöst. Der neuen Käuferschicht entsprechend standen nunmehr andere Bildinhalte im Vordergrund: statt Heilige und fromme Gestalten alltägliche Figuren, Porträts, Stilleben, Interieurs, Landschaften. Vor allem bei letzteren gab es viel Platz für Himmel und Wolken. Zwei Drittel eines Gemäldes mit einem wolkenlosen Himmel zu füllen, wäre ein ziemlich langweiliges Bild geworden.
Wie aber sehen die Wolken aus? Sind sie realistisch? Stimmen sie mit der Tages- und Jahreszeit des übrigen
Gemäldes überein? Sind gar Skizzen, Vorzeichnungen, Wolkenstudien der Künstler erhalten? Ergäben diese Wolken auf den niederländischen Gemäldes des 17. Jahrhunderts in ihrer Gesamtheit die
Grundlage für einen historischen Wolkenatlas? Oder handelt es sich eher
um flächen-, kontur- und farbkompositorisch dem restlichen Werk angepasste
Gebilde, weniger nach der Natur geschaffen als in freier Phantasie erfunden?
Neue Technologien erlauben, auf elegante Weise die damaligen Wolkenformationen mit modernen
Wolkenphotographien zu vergleichen. Sowohl Bild wie Photo werden in digitalisierter Form nebeneinander
auf den Monitor geladen. Die CD-ROM macht sich diese einfache Möglichkeit zwecks Verifizierung beziehungsweise
Falsifizierung historischer Gemäldewolken zunutze (insbesondere im Teil Wolken-ge-Bilde).
Es ist eine spannende Art, altbekannte Gemälde auf eine ganz neue Weise anzusehen und im Hinblick
auf völlig neue Aspekte zu befragen. Vertiefend führt die hypermediale Aufbereitung dort eine Fülle ungeahnter Querverbindungen vor Augen, oder sie erteilt durch abrufbare Einblendungen zusätzlich Auskünfte über Maler, kunst- und kulturgeschichtliche Begriffe, Wolkengattungen, Publikationen zum betreffenden Thema.
Beim zweiten Komplex kennt man weder die Künstler, noch befänden sich diese Bilder in berühmten
Gemäldegalerien oder Kunstmuseen. Wolken allerdings enthalten sie genauso reichlich.
Die Rede ist von Votivtafeln,
dem anschaulichsten Quellenmaterial zur Alltagsgeschichte unserer Vorfahren während der letzten Jahrhunderte. Egal ob es sich um Krankheiten unter Menschen und Tieren handelte, um schwere Geburten und Säuglingssterbefälle, um Unfälle aller Art, um kriegerische Ereignisse, um Feuersnot und drohende Missernten oder um psychische Leiden und die Sorge um das Seelenheil: alles ist bildlich minutiös und allgemeinverständlich dargestellt.
Votum ist lateinisch und heisst Gelübde oder Versprechen. Eine Votivtafel konnte seinerzeit beim
Anflehen überirdischer Helfer in jedweder schwierigen Alltagssituation oder als Dankesbezeugung
für die erhaltene Hilfe versprochen werden. Angefleht wurden die mächtigsten Fürsprecher beim Herrn, speziell zuständige Heilige oder Selige bei bestimmten Übeln wie etwa der Heilige Rochus im Falle
von Pest, Blasius bei Halsleiden, Sankt Leonhard bei Viehseuchen, der Heilige Sankt Florian bei
Feuersgefahr, die Muttergottes generell in allen Nöten.
Selbstverständlich musste das Versprechen anschliessend eingelöst und die bei einem lokalen
Handwerker-Künstler in Auftrag gegebene Tafel zur grösseren Ehre des erfolgreich intervenierenden
himmlischen Vermittlers gut sichtbar in einem Gotteshaus angebracht werden. Die 28 Beispiele auf
der CD-ROM etwa stammen aus der niederbayerischen
Wallfahrtskirche Sammarei
(= Sankt Marien) bei Passau. Die erste ist von 1641, die letzte von 1866.
Votivtafeln enthalten in der Regel vier Komponenten: erstens die gemalte Schilderung des
Votationsanlasses (Sturz vom Dach, Gewitter mit Blitzeinschlag, räuberischer Überfall, Mutter
im Kindbett usw.), zweitens den oder die Votanten, drittens die um Vermittlung beim Herrn
angeflehten überirdischen Helfer, viertens eine kurze, meist mit Jahreszahl versehene
Beschreibung des Geschehens und dem Hinweis "ex voto", "aufgrund des Versprechens".
Was die auf so gut wie allen Tafeln vorhandenen Wolken betrifft, so haben die mehr oder weniger üppigen Wolkengirlanden, Wolkenbäusche, Wolkenbänke, überhaupt Wolken
in allen erdenklichen Formen und Farben die Aufgabe, eine deutliche Trennung zwischen
irdischer und überirdischer Sphäre zu markieren. Realistisch wird man diese
Abgrenzungswolken in den wenigsten Fällen nennen mögen. Das war auch nie
die Absicht. Dagegen drängen sich bei ihrem Betrachten alsbald ganz andere Frage in den Vordergrund.
Seinerzeit gab es - nicht anders als heute - den irdischen Alltag mit Menschen voller Sorgen
und Nöte. Doch jenseits der Wolken existierte für unsere gläubigen Vorfahren eine Anlaufstelle,
die auf Abwendung der Not oder doch auf Linderung hoffen liess. Manchmal kann man auf den
Votivtafeln sogar beobachten, wie ein
Lichtstrahl oder -bündel vom angerufenen überirdischen
Patron durch die Wolken auf den Votanten ausgeht, ein deutliches Zeichen nicht nur der Erhörung
in der Not, sondern auch der Verbundenheit beider Sphären.
Wolken lassen sich von der Erde aus selbstverständlich noch heute beobachten und betrachten.
Doch einflussreiche Helfer, Vermittler bei einem allmächtigen Gott, Patrone in sämtlichen schwierigen
Lebenslagen existieren dort für uns nicht mehr. Wir werden mit unseren nach wie vor reichlich
vorhandenen Sorgen und Nöten vergleichsweise allein gelassen. Ob wir durch den Abschluss aller
nur denkbaren Versicherungen, durch Hochleistungsmedizin und soziale Netzwerke einen vollgültigen
Ersatz geschaffen haben, scheint fraglich.
Nicht ebenso einfach sind die Wolken auf den niederländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts zu deuten, es wäre denn, man würde ihnen nur eine kompositorische Berechtigung
zubilligen. Entsprechend umfangreich und differenziert fällt das Kapitel Wolken-ge-Bilde aus.
Das Stichwort "Calvinismus" liess oben aufhorchen. Manche unter den Neugläubigen nahmen ihre
Religion in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts sehr ernst. Warum sollten sich nicht auch malende
Künstler darunter befunden haben? So wurde im Calvinismus zum Beispiel den Eltern erstmals eine deutliche Mitverantwortung am Wohl
und Wehe ihrer Nachkommen übertragen. Für sie galt nicht länger: "Der Herr hat es (das Kind) gegeben, der Herr hat es genommen; der Name des Herrn sei gepriesen". Aus Erfahrung wusste man auch damals
schon, dass Mütter, die ihre Neugeborenen regelmässig und sorgäfltig stillten, die Überlebenschancen ihrer Säuglinge - in Erfüllung neu auferlegter Pflichten, aber auch zum Wohlgefallen Gottes - spürbar erhöhten.
Betrachten wir nun niederländische Bilder aus dem 17. Jahrhundert, werden wir nicht selten sorgfältig stillende Mütter zu Gesicht bekommen. Sollte der Künstler dabei eine von ihm beobachtete Realität wiedergegeben haben, so könnte uns das Gemälde als Quelle für die damalige Alltagsgeschichte dienen. Die Interpretation würde lauten: In den Niederlanden war es damals längst üblich, Säuglinge gut zu pflegen und lange zu stillen. Dies ist der Grund dafür, weshalb die Säuglingssterblichkeit damals dort vergleichsweise sehr niedrig lag.
Handelte es sich beim Künstler indes um einen quasi als Maler verkappten calvinistischen Prediger, so
könnten wir in demselben Bild trügerischerweise einen religiös untermauerten Appell vor uns haben. Hier würde die Interpretation heissen, dass Mütter ihre Säuglinge - wie auf dem Bild demonstrativ
vor Augen geführt - lange und sorgfältig stillen sollten. Dies würde deren Überlebenschancen markant erhöhen. Das Bild wäre also keine Wiederspiegelung bereits vorhandener Realität, sondern gerade umgekehrt eine anmahnende Dokumentation von deren beklagenswertem Fehlen.
Da die niederländischen Maler des Goldenen Zeitalters auf ihren Bildern jedoch nicht vermerkten, ob sie
nun die Realität wiedergaben oder eine Wunschvorstellung zum Ausdruck brachten, erstaunt wenig,
dass sich selbst kompetente Fachleute (in der Regel Kunsthistoriker) noch heute nicht einig darüber sind,
was sie beziehungsweise wir auf jenen Gemälden eigentlich sehen (sollen). Während die einen die Realität betonen, so neigen die anderen zur These der verkappten Aufrufe.
Verunsichert durch solche widersprüchlichen Aussagen aus berufenem Munde suchten wir als gewöhnliche
Bildliebhaber nach einem Ausweg aus dem Dilemma. Schliesslich wollten wir uns die Freude an den
Gemälden nicht verderben lassen. Nach langem Hin und Her fanden wir einen neuen Zugang zu den
umstrittenen Gemälden, indem wir uns zuerst jeweils auf die weniger symbolbeladenen Wolkenpartien
konzentrierten. Mit Hilfe sachverständiger Meteorologen musste es doch möglich sein, zumindest deren
Realitätsgehalt eindeutig festzustellen. Sollte es sich bei den gemeinsamen Erörterungen erweisen,
dass dieser oder jener Künstler tatsächlich sorgfältig beobachtet und "richtige" Wolken gemalt hatte,
so durften wir wohl auch in bezug auf den Rest der Darstellung mit einer weitgehend realen Wiedergabe
der gezeigten Dinge und Situationen rechnen. Ein solches Bild würde sich folglich als einigermassen
zuverlässige Quelle für die damalige Alltagsgeschichte eignen.
Die aufgrund eigener Zweifel notwendig gewordene Kooperation zwischen Historikern und Meteorologen
- immer auch wieder unter Beiziehung von kompetenten Kunst- und Kulturhistorikern - führte zwar vor den
Monitoren wie den Originalen zu ungewöhnlich anregenden Diskussionen und augenöffnenden Erlebnissen.
Auch das Entstehen dieser CD-ROM ist letztlich darauf zurückzuführen (vgl. vor allem den Teil Wolken-ge-Bilde). Dennoch handelte es sich bei diesem interdisziplinären Teamwork nicht um einen Selbstzweck. Die parallel vor sich gehende Betrachtung von Wolken auf Votivtafeln hatte uns zusätzlich nachdenklich gemacht.
Am Realitätsgehalt jener Votivtafel-Darstellungen gab es nämlich, anders als bei den niederländischen
Gemälden, nicht den geringsten Zweifel. Einerseits wurde dort dutzendfach bezeugt, dass und wie die Existenz
unserer Vorfahren durch die Auswirkungen von "Pest, Hunger, Krieg" permanent gefährdet war. Doch ebenso
grosse Sicherheit bestand darüber, dass sich jene Menschen ihren Sorgen und Nöten nicht hilflos
ausgeliefert fühlten. Sie hatten sich ihre eigenen überirdischen Anlaufstellen geschaffen. Die Sphäre jenseits der Wolken war für sie letztlich die wichtigere, diejenige, die Halt im Leben verlieh.
Eben weil dies heute alles so anders ist, wäre es unbefriedigend, sich hier einfach mit dieser Feststellung zu
begnügen. Votivtafeln als untrügliche Belege der schlechten alten Zeiten vermögen unsere
historische Phantasie in Gang zu setzen und zu beflügeln. Sie bieten fruchtbare Anregungen zu unerwarteten
Vergleichen mit heute. Nicht etwa, dass wir das Rad der Geschichte zurückdrehen wollten. Wer möchte
denn schon mit den "Pest, Hunger, Krieg"-gefährdeten Zeiten unserer Vorfahren tauschen? Doch nachsehen,
wo die seinerzeitigen Probleme lagen und wie mit ihnen umgegangen wurde, lohnt sich noch immer.
Zumindest könnte daraus Ansporn erwachsen, die Hände angesichts eigener Probleme nicht in den
Schoss zu legen, auch wenn sie heute auf ganz andere Ursachen zurückzuführen sind.
Je mehr man sich in die Votivtafeln vertieft und die seinerzeitige Situation mit der heutigen vergleicht,
umso deutlicher hebt sich ein fundamentaler Wandel von einer ehemals unsicheren zu einer mittlerweile
ungleich sichereren Lebenszeit ab. Pestilenzen alter Art gibt es nicht mehr. (AIDS als neue Seuche spielt
statistisch noch keine Rolle.) Hunger kennen wir nicht länger. Von Kriegsfurien werden wir seit einem halben
Jahrhundert verschont.
Entsprechend haben sich die ehedem sehr unterschiedlichen Sterbealter stark gebündelt. Ihr Durchschnitt
liegt inzwischen auf der doppelten, wenn nicht dreifachen Höhe von früher. Harte Fakten stehen
diesbezüglich auf der CD-ROM in den historisch-demographischen Partien zum Aufrufen und Vergleichen bereit.
Dabei zeigt sich, dass die meisten von uns nun erstmals mit einer Lebensspanne von siebzig
bis achtzig oder noch mehr Jahren rechnen können. Das heisst aber auch, dass es heute
nicht länger sinnvoll ist, einfach in den Tag hinein zu leben. Vielmehr lohnt es sich, auf jede erdenkliche
Weise materiell wie immateriell in ein voraussichtlich langes Leben zu investieren. Bedacht werden
sollte dabei, dass in den späten und sehr späten Jahren die körperlichen Möglichkeiten häufig vor den geistigen, musischen, seelischen - wenn sie denn ein Leben lang gepflegt und vertieft
wurden - abnehmen. Auch die letzten Jahre aber sollten sich noch zu leben lohnen, selbst dann,
wenn das physische Umfeld enger und enger wird. Die CD-ROM macht verschiedentlich auf das
Problem der überdurchschnittlich häufigen Selbsttötungen im sogenannten Vierten Alter
aufmerksam. Vorbeugung beginnt in früher Jugend und nicht erst dann, wenn man dort angekommen ist.
Hier stellt die CD-ROM das Konzept vom Lebensplan vor. Dieses Konzept geht davon aus,
dass wir unser Leben erstmals von einem relativ kalkulierbaren Ende her leben und gestalten können.
Jede Altersstufe hat bekanntlich ihre eigenen Stärken und Schwächen. Der Lebensplan
versucht, diese im voraus möglichst flexibel so aufeinander zu beziehen und abzustimmen,
dass an jeder von ihnen sukzessive Freude und Geschmack gefunden werden kann.
Ziel des Lebensplans ist folglich ein insgesamt erfülltes langes Leben. Wer das erreicht,
wird am Ende auch leichter loslassen und den Tod zur rechten Zeit auf sich nehmen können.
Wir haben heute durchschnittlich nicht nur quantitativ doppelt so viele Lebensjahre wie unsere Vorfahren.
Auch qualitativ haben wir mindestens doppelt so gute Jahre: eben Jahre ohne Pestilenzen, ohne Hunger,
ohne Krieg. Die ganze Welt steht uns wie nie zuvor offen. Die meisten können sich mehr denn je leisten.
Nutzen wir die uns eingeräumten Chancen, um das lange Leben zu einem erfüllten zu machen.
Die Voraussetzungen dafür waren zu keinem früheren Zeitpunkt so gut wie heute. Wichtig ist nur,
auch in den besten Jahren nicht bloss körperlichen Freuden zu huldigen, sondern daneben
- dem Lebensplan entsprechend und die späten Jahre mitbedenkend - auch in geistige, kulturelle,
musische Aktivitäten zu investieren.
Die CD-ROM zeigt an einem konkreten Beispiel, wie man unter Einbeziehung neuer Technologien
und ungewohnter Fragestellungen ganz neue sinnstiftende Interessen in sich und anderen wecken
und dadurch das Lebensplankonzept ein Stück weit verwirklichen kann.
Der Zugang zur CD-ROM kann auf ganz unterschiedliche Weise erfolgen. Wer zuerst nur an einem Vergleich
zwischen gemalten Wolken aus dem 17. Jahrhundert und richtigen Wolken von heute interessiert ist,
beginnt mit dem Teil Wolken-ge-Bilde. Es geht im wesentlichen auf die Kunst- und Kulturhistorikerin
Nathalie Neumann zurück und ist ein Beispiel dafür, wie jemand im Rahmen einer zweijährigen Zusammenarbeit zwischen Historikern, Historikerdemographen, Meteorologen, Kunst- und Kulturhistorikern zunehmend
Geschmack an der ungewohnten Thematik fand und in Übereinstimmung mit dem Konzept vom Lebensplan
in sich sinnstiftende neue Interessen weckte, vertiefte und schliesslich mit tatkräftiger Hilfe des
Meteorologen-Photographen Franz-Josef Ossing vom GeoForschungszentrum Potsdam und dem
Multimedia-Fachmann Christian Zick von der Zentraleinrichtung für Audiovisuelle Medien der
Freien Universität Berlin überzeugend realisierte. Dieser Teil ist so weit in sich abgerundet,
dass er auch gesondert betrachtet werden kann.
Wen dagegen realistische Darstellungen aus dem Alltag unserer Vorfahren mehr interessieren,
wird mit dem Votivtafel-Teil anfangen. Binnen kurzem dürfte sich von selbst die Frage aufdrängen,
wie es in jenen schlechten alten Zeiten wohl um die Lebensdauer, die Todesursachen, die Sterbealter
bestellt gewesen sein mochte. Hier können die historisch-demographischen Abschnitte konkrete Auskünfte erteilen.
Andere wiederum möchten früher oder später oder vielleicht zusätzlich wissen, wie nach dem auf der CD-ROM feststellbaren historisch-demographischen Wandel von der unsicheren zur sichereren Lebenszeit heute
ein langes Leben mit Aussicht auf Erfolg zu einem erfüllten langen Leben gemacht wird. Ihnen mögen
die Partien über den Lebensplan die gewünschten Anregungen bieten.
Und schliesslich kann, wiederum je nach Interesse, der vorliegende Text zu Beginn als Einführung
oder am Ende als Resümee oder zwischendurch zwecks Vertiefung oder orientierende Gesamtschau
zur Kenntnis genommen werden.
Für Historiker war in erster Linie folgende Literatur relevant (wobei bedacht werden muss, dass es sich bei dieser
fruchtbaren interdisziplinären Zusammenarbeit für sie letztlich um ein weiteres konkretes Beispiel zur
Implementierung des Lebensplan-Konzeptes handelte:
- Alpers, Svetlana: The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century. Chicago:
University of Chicago Press 1983 [in deutscher Übersetzung: Kunst als Beschreibung. Holländische
Malerei des 17. Jahrhunderts. Köln: DuMont 1985].
- Alpers, Svetlana : Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Köln:
DuMont 1985. [Originaltitel: The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century.
Chicago: University of Chicago Press 1983. Ausführliche, im wesentlichen negative Kritik durch
Josua Bruyn in: Oud Holland 99, 1985, 155-160].
- Alpers, Svetlana: Rembrandt, un maître dans son atelier. In: Annales E. S. C. 42, 1987, 3-25, 239.
- Altrichter, Helmut (Hrsg.): Bilder erzählen Geschichte. Freiburg im Breisgau: Rombach 1995.
- Anderegg, Klaus: Durch der Heiligen Gnad und Hilf. Wallfahrt, Wallfahrtskapellen und
Exvotos in den Oberwalliser Bezirken Goms und Östlich-Raron. Mit 343 Abbildungen und 11 Figuren
(= Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde, Bd. 64). Basel: Krebs 1979.
- Badt, Kurt: Wolkenbilder und Wolkengedichte der Romantik. Berlin: de Gruyter 1960.
- Bailey, William G. (compiled by): Human Longevity from Antiquity to the Modern Lab. A selected,
annotated bibliography. New York: Greenwood 1987.
- Baltes, Paul B., Jürgen Mittelstrass (Hrsg.): Zukunft des Alterns und gesellschaftliche
Entwicklung (Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Arbeitsgruppe Altern und gesellschaftliche
Entwicklung, Forschungsbericht 5). Berlin: de Gruyter 1992.
- Becker, Jochen: [Besprechung von] Hans-Joachim Raupp: Untersuchungen zu Künstlerbildnis und Künstlerdarstellung in den Niederlanden im 17. Jahrhundert. Hildesheim: Olms 1984. In: Oud Holland 101, 1987, 280-284.
- Beitl, Klaus: Votivbilder. Zeugnisse einer alten Volkskunst. Mit 48 Farbtafeln. Salzburg: Residenz Verlag. Lizenzausgabe für den Heinrich Hugendubel Verlag München 1982.
- Bell, Ian, Paddy Dillon, Peter Yew: Cloud identification: Basic Types. Version 1.3. Melbourne: Bureau of Meteorology Training Centre 1993. [Eine interaktiv zu nutzende Toolbook-Anwendung im Umfang von 5.3 MBytes; Download über FTP cumulus.met.ed.ac.uk; calmet/toolbook, clouds.exe sowie Erläuterungen in clouds.msg.] (Bell/Dillon/Yew 1993).
- Berger, John: Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens. Neuausgabe. Berlin: Wagenbach 1989. [Das englische Original erschien 1980 unter dem Titel 'About Looking' bei Writers and readers Publishing Cooperative Ltd. in London.]
- Bergström, Ingvar: Dutch Still Life Painting in the Seventeenth-century. New York: Hacker Art Books 1982 (= unveränderter Nachdruck der Ausgabe bei Faber & Faber, London 1956) [besonders Kapitel I: The Earliest Painters of Flowers and Fruit. Jacques de Gheyn, Ambrosius Bosschaert the Elder, Balthasar van der Ast and Roelandt Savery. Their pupils and followers; 42-97, 299-303, 317-325].
- Berland, Jody: On reading the weather. In: Cultural Studies 8, 1994, 99-114.
- Beuckelaer, Joachim [Ausstellungskatalog]: Het markt- en keukenstuk in de Nederlanden 1550-1650. Gent: Museum voor Schone Kunsten 1986.
- Bialostocki, Jan: Einfache Nachahmung der Natur oder symbolische Weltschau. Zu den Deutungsproblemen der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 47, 1984, 421-438.
- Bol, Laurens J.: Holländische Maler des 17. Jahrhunderts nahe den grossen Meistern. Landschaften und Stilleben. Zweite, verbesserte Auflage, München: Klinkhardt & Biermann 1982.
- Bont, Gerrit W. de: Wolkenatlas. Wolken und Wetter. Aus dem Niederländischen von Herbert Duggen. Fachberatung Hans Häckel. Stuttgart: Ulmer 1987.
- Briels, Johannes Gerardus Carolus Antonius: De zuidnederlandse immigratie in Amsterdam en Haarlem omstreeks 1572-1630. Met een keuze van archivalische gegevens betreffende de kunstschilders. Diss. phil., Rijksuniversiteit Utrecht 1976.
- Briels, J[ohannes Gerardus Carolus Antonius]: Zuidnederlandse immigratie 1572-1630. Haarlem: Fibula-Van Dishoeck 1978.
- Broos, Ben: Gerard ter Borch. De luizenjacht. In: Ders.: Meesterwerken in het Mauritshuis. Den Haag: Staatsuitgeverij 1987, 74-77.
- Brown, Christopher: Dutch Townscape Painting (Themes and Painters in the National Gallery 10). London: National Gallery 1972.
- Brown, Christopher (Hrsg.): Dutch Landscape. The early years, Haarlem and Amsterdam 1590-1650. (An Exhibition at The National Gallery, London, September-November 1986). London: The National Gallery 1986.
- Brulez, W.: Cultuur en getal. Aspecten van de relatie economie-maatschappij-cultuur in Europa tussen 1400 en 1800. Amsterdam: Nederlandse Vereniging tot beoefening van de Sociale Geschiedenis NSVG 1986.
- Bruyn, Josua [Besprechung von]: Svetlana Alpers: The Art of Describing. Dutch Art in the Seventeenth Century. Chicago: University of Chicago Press 1983. In: Oud Holland 99, 1985, 155-160.
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- Cavalli-Björkman, Görel, Bo Nilsson: [Ausstellungskatalog] Still-Leben. Nationalmuseum, Stockholm, 16. Februar - 1. Mai 1995. Stockholm: Nationalmuseum 1995.
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- Colvez, Alain, Jean-Marie Robine: L'espérance de vie sans incapacité
65 ans: outil d'évaluation en santé publique. In: Les âges de la vie. Actes du VIIe Colloque national de démographie, Tome II. Paris: Institut National d'Etudes Démographiques 1983 (= Travaux et Documents; Cahier No 102), 103-108.
- Condrau, Gion: Der Mensch und sein Tod. Certa moriendi condicio. Zweite, überarbeitete Auflage. Zürich: Kreuz 1991.
- Conrad, Christoph: Die Entstehung des modernen Ruhestandes. Deutschland im internationalen Vergleich 1850-1960. In: Geschichte und Gesellschaft 14, 1988, 417-477. [In einer überarbeiteten englischen Version als "The emergence of modern retirement: Germany in an international comparison (1850-1960)" in: Population. English Selection 3, 1991, 171-200.]
- Corner, James: Representation and landscape: Drawing and making in the landscape medium. In: Word & Image 8, 1992.
- Cosgrove, Brian (Text): Das Wetter: Verstehen, was täglich am Himmel geschieht; Beobachten, Deuten, Vorhersagen. [Aus dem Englischen "Weather", London: Kindersley 1990, von Margot Wilhelmi.] Hildesheim: Gerstenberg 1991.
- Cousin, Bernard: Le miracle et le quotidien. Les ex-voto provençaux. Images d'une société. Préface de Michel Vovelle. Aix-en-Provence: Association Sociétés, Mentalités, Cultures; Université de Provence 1983.
- Creux, Ren (Hrsg.): Ex Voto. Die Bilderwelt des Volkes. Brauchtum und Glaube. Mit Texten von Iso Baumer, Klaus Anderegg, Franco Clara. Frauenfeld: Huber 1980.
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- Freedberg, David, Jan de Vries (Hrsg.): Art in history. History in art. Studies in seventeenth-century Dutch culture. Santa Monica: The Getty Center for the History of Art and the Humanities 1991.
- Friedrich, Ingrid, Reinhard Schmitz-Scherzer (Hrsg.): Suizid im Alter. (Internationale Kasseler Gerontologische Gespräche, Bd. 2). Darmstadt: Steinkopff 1992.
- Fries, James F., Lawrence M. Crapo: Vitality and Aging. Implications of the Rectangular Curve. San Francisco: Freeman 1981.
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- Gockerell, Nina: Bilder und Zeichen der Frömmigkeit. Sammlung Rudolf Kriss. Eine Veröffentlichung aus Anlass der Einrichtung der Sammlung Rudolf Kriss im Herzogsschloss Straubing als Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums. München: Bayerisches Nationalmuseum 1995.
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- Wehry, Werner, unter Mitwirkung von Norbert Becker-Flügel: Wetterinformation für jedermann - aber wie? Herausgegeben im Rahmen der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft e. V. (DMG). Berlin: Deutsche Meteorologische Gesellschaft e. V. 1991.
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A. E. Imhof
19. Oktober 1996