Die Haushaltskürzungen stellen die Universität als Ganzes vor gewaltige Herausforderungen. Da viele Stellen im Mittelbau befristet sind, drohen hier überproportionale Einsparungen. Qualifikationsstellen sind als volatile Stellen besonders bedroht. Auch die in den Hochschulverträgen vereinbarte Erhöhung auf 75% Stellenanteil der Quali-Stellen droht den Sparmaßnahmen zum Opfer zu fallen. Der im Karrierewegemodell vorgesehene Ausbau von unbefristeten Postdoc-Stellen scheint damit ebenfalls gefährdet. Deshalb wollen wir uns auch in der kommenden Wahlperiode mit starker Stimme für die Rechte des Mittelbaus einsetzen und sagen: Haushaltskürzungen dürfen nicht zu überproportionalen und unsozialen Kürzungen im Mittelbau führen!
Gute Arbeit in der Wissenschaft braucht sichere Perspektiven!
Wissenschaft zu betreiben ist eine spannende, erfüllende und gesellschaftlich relevante Tätigkeit. Doch der Berufsweg ist risikoreich: Die Personalpolitik der Hochschulen hat durch die zunehmende Wettbewerbsorientierung dazu geführt, dass auch an der FU Berlin befristete Verträge für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen längst zur Regel geworden sind (#Ichbinhanna) .
Diese prekären Bedingungen gefährden nicht nur die berufliche Zukunft vieler Kolleg*innen, sondern auch die Qualität von Forschung und Lehre. Angesichts der im Raum stehenden massiven Kürzungen besteht die Gefahr, dass sich die Bedingungen weiter verschlechtern. Wir setzen uns trotz der Kürzungen für Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Mittelbaus ein: Wissenschaftler*innen brauchen planbare Karrierewege, die unabhängige Forschung ermöglichen - auch jenseits der Professur. Dafür braucht es mehr unbefristete Stellen!
Wir setzten uns seit langem kontinuierlich für bessere Arbeitsbedingungen und Karrierewege im Mittelbau ein und wollen dies auch weiterhin tun. Für die kommenden Periode heißt das, dass wir uns der drohenden Streichung von §110(6) BerlHG entgegenstellen und für die Weiterentwicklung und Implementierung des WiMi-Karriewegsmodells einsetzen. Darunter verstehen wir die Schaffung unbefristeter PostDoc-Stellen, die im Departmentmodell operieren und damit über weitgehende Unabhängigkeit und eigene Ressourcen verfügen. Dabei plädieren wir dafür, dass Einstellungen nach qualifizierter Auswahl sofort unbefristet vergeben werden. Die seitens der Politik eingebrachten Vorschlag neuer Stellenkategorien für Dauerstellen, die eine Trennung in Lecturer und Researcher vorsehen, lehnen wir ab. Wir als WiMis im AS haben eine Pilotphase für dieses Karrierewegemodell auf den Weg gebracht und wollen dieses über die kommende Periode begleiten, verbessern und ausweiten.
Wir fordern: Kein zurück zu Befristungen auf Postdoc-Ebene!
Durch Graduiertenschulen und viele Drittmittelprojekte haben sich die Wege zur Promotion diversifiziert. Noch immer liegen jedoch Betreuung, Begutachtung und Dienstvorsitz häufig in einer Hand. Dabei verwischen häufig die Grenzen zwischen Aufgaben für den Arbeitsbereich und Arbeit an der eigenen Promotion. In vielen Fächern arbeitet die Mehrheit der Beschäftigten zudem in Drittmittelprojekten. Bei diesen steht neben umfangreichen Verwaltungsaufgaben das Projektziel im Vordergrund, während die Promotion oft in den Hintergrund rückt und teilweise nur unzureichend betreut wird. Halbe Stellen, wie sie bislang häufig für Haushaltsstellen vergeben wurden, bedeuten de facto oft 100 % Arbeitszeit, um Arbeit am Arbeitsbereich und Promotion zu vereinbaren. Wir fordern: klare Rahmenbedingungen, gute Betreuung und ausreichend Zeit für die Promotion - auch für Drittmittelstellen! Praedoc-Haushaltsstellen sollen grundsätzlich als volle Stellen mit einer Mindestlaufzeit von vier Jahren ausgeschrieben werden.
Trennung von fachlicher Betreuung und Begutachtung.
Angesichts der problematischen und potentiell Machtmissbrauch befördernden Abhängigkeitsverhältnisse von Promovierenden gegenüber den Betreuenden, die zugleich in der Regel auch Vorgesetzte sind, fordern wir eine regelhafte Trennung von fachlicher Betreuung und Begutachtung sowie kostenlose sowie sichtbare Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Konfliktfall ein.
Wissenschaft ist kein Wettbewerb - sondern öffentliche Aufgabe!
Universitäten sind keine Unternehmen. Sie sind öffentliche Orte der Bildung, Forschung und kritischen Reflexion - mit gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung. Aus unserer Sicht ist die Wettbewerbsorientierung der Hochschule mit dem Fokus auf Drittmittel und quantitativem Output höchst problematisch. Dieses System bindet zu viel Zeit und Arbeitskraft, verschenkt kreatives Potenzial, lässt zu wenig Raum für kritische Theoriearbeit und Forschung und erschwert die wissenschaftliche Kooperation über Hochschul- und Fachgrenzen hinweg und ist nicht zuletzt eng verwoben mit der Praxis der Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Befristete Arbeitsverträge und Abhängigkeitsverhältnisse wirken sich wirderum negativ auf die Ausübung von demokratischen Mitwirkungsrechten des Mittelbaus aus.
Wir fordern eine Abkehr vom Paradigma der Wettbewerbsorientierung und dem damit verbundenen Fokus auf auf Drittmitteleinwerbung ein. Statt dessen treten wir ein für eine auskömmliche Grundfinanzierung, um nachhaltig unabhängige Forschung zu ermöglichen und demokratische Strukturen zu fördern.
Öffentlich finanzierte Forschung gehört in die Öffentlichkeit - kostenfrei und barrierefrei!
Open Access bedeutet, Forschungsergebnisse für alle frei kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen. Die Großverlage missbrauchen ihre Macht, um überzogene Publikationsgebühren zu verlangen. Forschung, die größtenteils aus öffentlichen Geldern finanziert wird, sollte auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Wir fordern, dass sich die die FU Berlin noch stärker als bisher zum Open Access als Publikationsformat bekennt und dafür ausreichende/entsprechende Mittel bereitstellt, so dass alle Wissenschaftler*innen (unabhängig von Fach, Status oder Projektmitteln) Zugang zu dieser Publikationsform haben. Forschungsergebnisse möglichst barrierefrei öffentlich zugänglich sind. Die Förderungen müssen allen Wissenschaftler*innen offen stehen.
Die Mitbestimmung der Statusgruppen ist ein zentrales Element der Universität. Demokratische Mitbestimmung im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung setzt umfassende Information, Kommunikationsmöglichkeiten und transparente Entscheidungsprozesse voraus. Deshalb engagieren wir uns für eine Stärkung der demokratischen Mitbestimmung an der Freien Universität! Hierzu müssen auch adäquate zeitliche Ressourcen und Kommunikationsmöglichkeiten seitens der Universität bereitgestellt werden. Insbesondere fordern wir den konsequenten Einbezug von Vertreter*innen des Mittelbaus in alle hochschulpolitischen Entscheidungen. Dazu bedarf es weiterhin der Einrichtung eines ordentlich ausgestatteten und organisatorisch von der Leitung getrennten Gremienreferats zur Unterstützung der Arbeit aller Gremienmitglieder. Die Gremienmitglieder benötigen unkomplizierten und direkten Zugang zu Kommunikationswegen sowie die Umsetzung der im BerlHG festgelegten umfassenden Informationsrechte. Die gesetzlich verankerte Mitwirkung in der akademischen Selbstverwaltung darf nicht als Mitwirkung bei Verwaltungsaufgaben für den jeweiligen Arbeitsbereichs umgedeutet wird.
Die Mitglieder der Universität müssen Zugang zu allen relevanten Informationen aus der Leitung und den Gremien haben. Dabei müssen Inhalte barrierefrei, einfach zugänglich und verständlich zur Verfügung gestellt werden. Auch internationale Mitarbeiter*innen sollen in Gremien mitarbeiten können.
Die Lehre an der Freien Universität wird größtenteils vom wissenschaftlichen Mittelbau und von Lehrbeauftragten getragen. Für beide müssen gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Eine hochwertige Lehre erfordert geschultes Lehrpersonal und lässt sich nicht durch rein formelle Lehrevaluationen qualifizieren. Deshalb fordern wir, bevor über verpflichtende Lehrevaluationen diskutiert wird, die Verpflichtung der Universität, zunächst die Arbeitsbedingungen in der Lehre zu evaluieren und gute Arbeitsbedingungen für gute Lehre zu sichern.
Hierzu bedarf es entsprechender Ressourcen, um qualitativ hochwertige Lehre zu ermöglichen. Für WiMis auf Qualifikationsstellen bedeutet das, dass entsprechende zeitliche Ressourcen für Weiterbildung bereitgestellt werden und Engagement für gute Lehre auch im weiteren Karriereverlauf gebührend anerkannt wird. Für Lehrende auf Hochdeputatsstellen (LfbAs und WiMis mit Schwerpunkt Lehre) müssen Deputate auf maximal 12 LVS reduziert werden, um die Qualität der Lehre zu sichern und Einbezug in bzw. Mitarbeit an Forschung zu ermöglichen.
Wir wehren uns grundsätzlich gegen eine Zweckentfremdung von Lehrbeauftragten zur Sicherung der grundständigen Lehre! Dauerhaft engagierte Lehrbeauftragte brauchen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse!
Lehraufträge müssen entsprechend dem Aufwand für Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen, Teilnahme an Fortbildungen, Studierendenbetreuung sowie Abnahme von Prüfungen angemessen vergütet werden.
Die steigenden Anforderungen im wissenschaftlichen Betrieb, befristete Verträge, und unsichere Karrierewege führen oft zur Unvereinbarkeit von Familie und wissenschaftlichem Beruf, besonders für Mütter. Auch wenn sich die FU Familienfreundlichkeit auf die Fahnen schreibt: eine entsprechende Beschäftigungspolitik sieht anders aus! Eine familienfreundliche FU muss dafür sorgen, dass Eltern ihre Elternzeit und Angehörige Carearbeit ohne Nachteile nutzen und übernehmen können. Dies gilt insbesondere für WiMis in Drittmittelprojekten, denen Vertragsverlängerungen infolge von Mutterschutz, Elternzeit und weiteren Care-Verpflichtungen bisher nur ausnahmsweise gewährt werden.
Für Beschäftigte auf Haushaltsstellen ist die familien- und sozialpolitische Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in vollem Umfang anzuwenden. Auch hier verlangen wir nach einer äquivalenten Regelung für Drittmittelbeschäftigte. Darüberhinaus sind bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder konsequent auszubauen. Gerade Familien können ohne stabiles Einkommen sowie einhaltbare, aber auch flexible Arbeitszeiten kein ausgeglichenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben erreichen. Wir verstehen unter "Familie" alle Lebensgemeinschaften, in denen Menschen füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen. Familie und Beruf dürfen auch in der Wissenschaft kein Widerspruch sein!
Eine klare Positionierung der Hochschule gegen Rechts und Eingriffe in die Hochschulautonomie
Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und der damit verbundenen Angriffe auf die Autonomie und Selbstverständnis von Hochschulen und Universitäten, insbesondere der Freien Universität, setzen wir uns vehement für die Verteidigung von Freiheit in der Wissenschaft ein, dies insbesondere vor dem Hintergrund der besonderen Entstehungsgeschichte der Freien Universität Berlin. Daher unterstützen wir die bestehenden Initiativen an der FU und fordern vom Präsidium, gegen Bevormundungen durch die Politik Stellung zu beziehen und von voreiliger Selbstzensur abzusehen.. Wir brauchen zudem längerfristig Strategien gegen die schleichende Legitimation von autoritärer Staatlichkeit, die sich in offene wie auch subtilere Formen von Zensur manifestiert und unmittelbare Auswirkung auf die Karrierewege von Wissenschaftler*innen - besonders auch aus von Diskriminierung betroffenen Gruppen - hat.
So kämpfen wir für eine erhöhte Aufmerksamkeit für Angriffe auf Wissenschaftler*innen und fordern die Einrichtung entsprechender Beratungsstellen. Wir setzen uns ein für eine freie Wahl von Forschungsthemen, die im Einklang mit demokratischen Grundwerten stehen und gegen die Benachteiligung bei Auswahlverfahren für Forschungsstipendien und Forschungsfinanzierung,. Wir unterstützen weiterhin die gezielte Förderung von Forschungsbereichen und Forschung, namentlich der Genderforschung und Postcolonial Studies sowie von Forschung über die Auswirkungen der Angriffe auf Wissenschaftsfreiheit und über effiziente Strategien zu ihrer Wahrung.
Wir werden uns im Akademischen Senat solidarisch mit kritischer Wissenschaft dafür einsetzen, die akademische Freiheit gegen die zunehmenden internen und externen Versuche zu verteidigen, in wissenschaftliche, kontroverse und pluralistische Debatten einzugreifen. Universitäten sind nicht nur Orte der Forschung und Bildung, sondern auch politische Räume und sollen es bleiben.
Benachteiligte Personengruppen sind von den prekären Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft in besonderem Maße betroffen - sofern sie überhaupt eine Stelle erhalten. Frauen/FLINTA*-Personen sind in höheren Positionen an der FU noch immer unterrepräsentiert, arbeiten häufiger in Teilzeit und haben generell ungünstigere Karrierebedingungen. Dabei sind, wie unter intersektionaler Perspektive deutlich wird, auch jenseits von Gleichstellungsaspekten bestimmte Personengruppen in besonderem Maße von Diskriminierung betroffen. Wir fordern, dass die FU noch stärker als bisher Karrierewege von FLINTA* fördert, um das von der FU selbst gesetzte Ziel der Gleichstellung umzusetzen. Auch andere, von Benachteiligungen betroffene Gruppen sollten durch geeignete Maßnahmen unterstützt und Diversität gefördert werden.
Haushaltskürzungen dürfen nicht dazu führen, dass Mittel für Gleichstellung und Diversitymaßnahmen gestrichen werden. Vielmehr müssen gerade angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen Strukturen gefestigt und Angebote weiter ausgebaut werden. Wir fordern klare, verbindliche und vertrauliche Beschwerdewege mit Konsequenzen sowie kostenlose Rechtsberatung für von Diskriminierung und Gewalt betroffenen Personen. Wir setzen uns ein für den Abbau von Barrieren und struktureller Diskriminierung auf allen Ebenen und plädieren für eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit Aspekten von Rassismus, Gender, Diversity und Diskriminierung sowohl in der Lehre als auch in der Forschung und Universitätskultur.