Wissenschaft zu betreiben ist eine spannende und erfüllende Tätigkeit. Doch der Berufsweg ist risikoreich: Die Personalpolitik in Verbindung mit der Wettbewerbsorientierung der Hochschulen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass auch an der FU wissenschaftliche Mitarbeiter*innen heute überwiegend mit befristeten Verträgen beschäftigt werden. Unter diesen prekären Bedingungen leiden nicht nur die akademischen Mitarbeiter*innen, sondern auch Kreativität, Engagement und die Qualität von Forschung und Lehre. Wir arbeiten daher auf eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Mittelbaus hin: WiMis brauchen planbare Karrierewege, die unabhängige Forschung ermöglichen - auch jenseits der Professur. Für akademische Tätigkeiten müssen mehr unbefristete WiMi-Stellen vorgesehen werden.
Dank der Graduiertenschulen und vieler Drittmittelprojekte haben sich die Wege zur Promotion diversifiziert. Bei dieser Vielfalt muss darauf geachtet werden, dass diese Wege auch alle zum Ziel führen. Die Promotion muss ermöglicht und unterstützt werden! In vielen Fächern arbeitet die Mehrheit der Beschäftigten auf befristeten Qualifikationsstellen in Drittmittelprojekten. Bei diesen steht neben umfangreichen Verwaltungsaufgaben das Projektziel im Vordergrund; in Projekten mit Industriebeteiligung verschwimmen Forschung und Produktentwicklung. Promotionen rücken dagegen in den Hintergrund und werden oft nur ungenügend betreut.
Wir fordern eine Trennung von fachlicher Betreuung und Begutachtung. Angesichts der problematischen und potentiell konflikthaften Abhängigkeitsverhältnisse von Promovierenden gegenüber den Betreuenden, die zugleich in der Regel auch Vorgesetzte sind, setzen wir uns zudem für unabhängige Ombudsstellen und kostenlose sowie sichtbare Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten im Konfliktfall ein.
Wir setzen uns für klar geregelte Promotionswege auch für Drittmittelstellen ein, die einen realistischen Zeitrahmen für die eigentliche Qualifizierung bieten. Auch Promovierende auf Haushaltsstellen oder in kleineren Projekten brauchen Mittel für Konferenz- oder Forschungsreisen, da dies Teil ihres Qualifikationsweges ist.
Wir fordern, dass Praedoc-Haushaltsstellen grundsätzlich als volle Stellen mit einer Mindestlaufzeit von vier Jahren ausgeschrieben werden, anstelle wie noch häufig als 50 % Stellen.
Wir fordern: Kein zurück zu Befristungen auf Postdoc-Ebene!
Wir wenden uns entschieden gegen die von der professoralen Mehrheit im akademischen Senat befürwortete Beibehaltung von Befristungsmöglichkeiten auf Postdoc-Ebene. Stattdessen fordern wir die Schaffung von verlässlichen Karrierewegen jenseits der Professur, die unabhängige Forschung ermöglichen.
Geschlechtergerechte Einstellungsverfahren und karrierefördernde Maßnahmen für unterrepräsentierte Gruppen sind sicher zu stellen. Strukturen, die insbesondere Frauen/FLINTA*-Menschen mit Karriereziel Professur benachteiligen, müssen identifiziert und abgeschafft werden.
Nach den Vorgaben des Berliner Hochschulgesetzes § 110 Abs. 6 müssen die Universitäten Satzungen zur Beschäftigung von promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen (PostDoc mit Anschlusszusage) erarbeiten. Wir treten dafür ein, dass die FU sich an dem Modell der HU orientiert, welches die sofortige unbefristete Einstellung ohne Zwischen- und Endevaluation vorsieht. Eine direkte unbefristete Einstellung hat nicht nur für die Postdocs sondern auch für die FU zahlreiche Vorteile:
Für die PostDocs:
Für die Einrichtung:
Universitäten sind keine Unternehmen, sondern öffentliche Einrichtungen mit Bildungsauftrag und sozialer Verantwortung. Problematisch aus unserer Sicht ist die Wettbewerbsorientierung der Hochschule, der Fokus auf quantitativen Output und Drittmitteleinnahmen. Dieses System bindet zu viel Zeit und Arbeitskraft, verschenkt kreatives Potenzial, lässt zu wenig Raum für kritische Theoriearbeit und Forschung und erschwert die wissenschaftliche Kooperation über Hochschul- und Fachgrenzen hinweg und ist nicht zuletzt eng verwoben mit der Praxis der Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen.
Wir fordern eine Abkehr vom Paradigma der Wettbewerbsorientierung und wenden uns gegen wettbewerbsorientierte Strukturen, die mit kostenträchtigen Anreizstrukturen einseitig auf Drittmitteleinwerbung setzen. Statt dessen treten wir ein für eine auskömmliche Grundfinanzierung, um unabhängige Forschung zu ermöglichen.
Open Access bedeutet, Forschungsergebnisse kostenfrei öffentlich zugängig zu machen. Die Großverlage missbrauchen ihre Macht, um überzogene Gebühren durchzusetzen. Forschung, die größtenteils aus öffentlichen Geldern finanziert wird, sollte auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Wir fordern, dass die FU Berlin noch stärker als bisher auf Open Access als Publikationsformat setzt und dafür ausreichende Mittel bereitstellt, so dass Forschungsergebnisse möglichst barrierefrei öffentlich zugänglich sind. Die Förderungen müssen allen Wissenschaftler*innen offen stehen.
Die Lehre an der Freien Universität wird größtenteils vom wissenschaftlichen Mittelbau und von Lehrbeauftragten getragen. Für beide müssen gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Eine hochwertige Lehre erfordert geschultes Lehrpersonal und lässt sich nicht durch rein formelle Lehrevaluationen qualifizieren. Deshalb fordern wir, bevor über verpflichtende Lehrevaluationen diskutiert wird, die Verpflichtung der Universität, zunächst die Arbeitsbedingungen in der Lehre zu evaluieren und gute Arbeitsbedingungen für gute Lehre zu sichern.
Hierzu bedarf es entsprechender Ressourcen, um qualitativ hochwertige Lehre zu ermöglichen. Für WiMis auf Qualifikationsstellen bedeutet das, dass entsprechende zeitliche Ressourcen für Weiterbildung bereitgestellt werden und Engagement für gute Lehre auch im weiteren Karriereverlauf gebührend anerkannt wird. Für Lehrende auf Hochdeputatsstellen (LfbAs und WiMis mit Schwerpunkt Lehre) müssen Deputate auf maximal 12 LVS reduziert werden, um die Qualität der Lehre zu sichern und Einbezug in bzw. Mitarbeit an Forschung zu ermöglichen.
Wir wehren uns grundsätzlich gegen eine Zweckentfremdung von Lehrbeauftragten zur Sicherung der grundständigen Lehre! Dauerhaft engagierte Lehrbeauftragte brauchen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse!
Lehraufträge müssen entsprechend dem Aufwand für Vor- und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen, Teilnahme an Fortbildungen, Studierendenbetreuung sowie Abnahme von Prüfungen angemessen vergütet werden.
Die Mitbestimmung der Statusgruppen ist ein zentrales Element der Universität. Demokratische Mitbestimmung im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung setzt umfassende Information, Kommunikationsmöglichkeiten und transparente Entscheidungsprozesse voraus. Deshalb engagieren wir uns für eine Stärkung der demokratischen Mitbestimmung an der Freien Universität! Hierzu müssen auch adäquate zeitliche Ressourcen und Kommunikationsmöglichkeiten seitens der Universität bereitgestellt werden. Insbesondere fordern wir den konsequenten Einbezug von Vertreter*innen des Mittelbaus in alle hochschulpolitischen Entscheidungen. Dazu bedarf es der Einrichtung eines ordentlich ausgestatteten und organisatorisch von der Leitung getrennten Gremienreferats zur Unterstützung der Arbeit aller Gremienmitglieder. Die Gremienmitglieder benötigen unkomplizierten und direkten Zugang zu Kommunikationswegen sowie die im BerlHG festgelegten umfassenden Informationsrechte.
Die Mitglieder der Universität müssen Zugang zu allen relevanten Informationen aus der Leitung und den Gremien haben. Dabei müssen Inhalte barrierefrei, einfach zugänglich und verständlich zur Verfügung gestellt werden. Auch internationale Mitarbeiter*innen sollen in Gremien mitarbeiten können.
Benachteiligte Personengruppen sind von den prekären Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft in besonderem Maße betroffen - sofern sie überhaupt eine Stelle erhalten. Frauen/FINTA*-Personen sind in höheren Positionen an der FU noch immer unterrepräsentiert, arbeiten häufiger in Teilzeit und haben generell ungünstigere Karrierebedingungen. Dabei sind, wie unter intersektionaler Perspektive deutlich wird, auch jenseits von Gleichstellungsaspekten bestimmte Personengruppen in besonderem Maße von Diskriminierung betroffen. Wir fordern, dass die FU noch stärker als bisher Karrierewege von FINTA* fördert, um das Ziel der Gleichstellung umzusetzen. Auch andere, von Benachteiligungen betroffene Gruppen sollten durch entsprechende Maßnahmen unterstützt und Diversität gefördert werden.
Während Gleichstellungsstrukturen zumindest formal etabliert sind, bedarf es weiterer Maßnahmen um Schutz vor sexuellen Belästigungen, Diskriminierung und Gewalt. Vergleichbare Strukturen zum Abbau von Rassismus und anderer Diskriminierungsformen an der FU sind noch nicht etabliert. Auch hinsichtlich der Umsetzung der Inklusion besteht weiterhin Handlungsbedarf. Die FU muss sich klar positionieren, engagiert handeln und entsprechende Strukturen aufbauen. Wir fordern klare, verbindliche und vertrauliche Beschwerdewege mit Konsequenzen sowie kostenlose Rechtsberatung für von Diskriminierung und Gewalt betroffene Personen.
Es bedarf nicht nur von internen Maßnahmen zum Abbau von Diskriminerung, sondern wir setzen uns ein für den Abbau von Barrieren und struktureller Diskriminierung auf allen Ebenen und plädieren für eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit Aspekten von Rassismus, Gender, Diversity und Diskriminierung sowohl in der Lehre als auch in der Forschung.
Die steigenden Anforderungen im wissenschaftlichen Betrieb, befristete Verträge, und unsichere Karrierewege führen oft zur Unvereinbarkeit von Familie und wissenschaftlichem Beruf, besonders für Mütter. Auch wenn sich die FU Familienfreundlichkeit auf die Fahnen schreibt: eine entsprechende Beschäftigungspolitik sieht anders aus! Eine familienfreundliche FU muss dafür sorgen, dass Eltern ihre Elternzeit und Angehörige Carearbeit ohne Nachteile nutzen und übernehmen können. Dies gilt insbesondere für WiMis in Drittmittelprojekten, denen Vertragsverlängerungen infolge von Mutterschutz, Elternzeit und weiteren Care-Verpflichtungen bisher nur ausnahmsweise gewährt werden. Für Beschäftigte auf Haushaltsstellen ist die familien- und sozialpolitische Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in vollem Umfang anzuwenden. Auch hier verlangen wir nach einer äquivalenten Regelung für Drittmittelbeschäftigte. Darüberhinaus sind bedarfsgerechte Betreuungsangebote für Kinder konsequent auszubauen. Gerade Familien können ohne stabiles Einkommen sowie einhaltbare, aber auch flexible Arbeitszeiten kein ausgeglichenes Verhältnis von Berufs- und Privatleben erreichen. Wir verstehen unter "Familie" alle Lebensgemeinschaften, in denen Menschen füreinander sorgen und Verantwortung übernehmen. Familie und Beruf dürfen auch in der Wissenschaft kein Widerspruch sein!