Ich bin etwas in Eile und die Sonne scheint draußen. Ich lese später weiter, doch jetzt möchte ich noch einen Blick auf die Schlußfolgerungen werfen.
Wie wir gesehen haben, wuchsen im Jura eine Fülle von Rifftypen, die mit heutigen Riffen keine Ähnlichkeiten haben. Nur Korallenriffe gab es im Jura genauso wie heute, aber auch bei diesen zeigen sich gewisse Unterschiede. Bei Kieselschwammriffen und Mikrobenkrustenriffen kennen wir heute nur kümmerliche Vertreter, die überhaupt nicht mit den jurassischen vergleichbar sind.
Warum ist das so? Dazu sollten wir noch einmal kurz zusammenfassen, welche Faktoren das Auftreten und die Unterschiede innerhalb der jurassischen Riffen bedingten. Dies waren:
In Abb. 57 sind diese Faktoren gegeneinander aufgetragen. Wissen Sie, welcher Rifftyp den jeweiligen Feldern zugeordnet ist? Klicken Sie einfach mal auf diese Felder, um Ihr Wissen zu testen.
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Warum aber sind heute diese Rifftypen nicht mehr alle vorhanden? Die Sedimentationsrate ist auch für unsere heutigen Riffe ein wichtiger Faktor, der das Auftreten der Riffe und die Zusammensetzung der Rifforganismen wesentlich steuert. Warum aber gibt es keine tropischen Tieferwasserriffe mehr? Warum sind die Mikrobenkrustenriffe aus den heutigen Meeren ganz überwiegend verschwunden? Und warum können heutige Korallenriffe bis ins allerflachste Wasser wachsen, auch wenn dort die Auswirkungen von Stürmen besonders kraß sind?
Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir uns besser mit den ökologischen Bedingungen der Jurazeit vertraut machen.
Abb. 58 zeigt eine Weltkarte für die Zeit des höheren Jura. Die Kontinente waren noch zum Superkontinent Pangaea zusammengefügt, auch wenn der Nordteil bereits im Zerfall begriffen war, wie die Meeresarme des jungen Atlantik und des weit nach Westen greifenden erdmittelalterlichen Mittelmeers - der Tethys - zeigen. Da polare Eiskappen fehlten und auch die Meeresbecken ein geringeres Volumen als heute hatten, war der Meerespiegel um mindestens 100 bis 150 Meter höher als heute. Deshalb waren viele Kontinentflächen von Flachmeeren bedeckt und die Schelfe der Ozeane waren weit geflutet. Der heute in 60 bis 150 Meter Wassertiefe liegende Schelfknick (an den sich der steile Kontinentalhang anschließt) lag damals um mindestens 100 Meter tiefer. Damit waren auch im tieferen Wasser noch flache Gefälle gegeben, auf denen sich Riffe (Kieselschwammriffe) ausbreiten konnten. Außerdem bedingte der hohe (und generell steigende) Meeresspiegel, daß viel von den Festländern geliefertes Sedimentmaterial in Ästuaren und Küstensümpfen abgefangen wurde und nicht wie heute in die tieferen Bereiche der Schelfmeere weiterverfrachtet wurde, wo es heute das Riffwachstum unterdrückt (siehe unten).
Die globale Verteilung insbesondere der wärmeliebenden Korallenriffe zeigt, daß zur Zeit des höheren Jura warmes Oberflächenwasser bis in hohe Paläobreiten verbreitet war.
Die globale Verbreitung der wärmeliebenden Korallenriffe im höheren Jura zeigt, daß warmes Oberflächenwasser bis in hohe Breiten (etwa dem heutigen Südchile und Südargentinien) vorhanden war. Dies war ein Effekt der klimaausgleichenden Wirkung von Meeren. Der hohe Meeresspiegel bedingte ein fast überall verbreitetes maritimes Klima, bei denen Temperaturunterschiede sehr viel moderater ausfielen als heute. Allerdings verursachten diese fehlenden Temperaturkontraste eine geringere Konstanz und Intensität der Windsysteme und damit auch eine geringere Umwälzung der Wassermassen der Meere. Sauerstoffmangel konnte deshalb sehr viel leichter auftreten. Algenblüten, wie wir sie heute von der Nordsee oder der Adria kennen, waren damals ein nicht nur lokal sondern regional auftretendes Problem. Dieses Problem war im Jura besonders dann akut, wenn ein zusätzlicher Meerespiegelanstieg das durch den generell schon sehr hohen Meereesspiegel bereits sehr ausgeglichene Klima noch zusätzlich abpufferte, so daß es dann zum regionalen Umkippen von Schelfmeeren kommen konnte. Dies führte unter anderem zum Absterben der sauerstoffliebenden Riffe bzw. zur Umwandlung dieser Riffe in sauerstofftolerante reine Mikrobenkrustenriffe. (Näheres dazu im nächsten Kapitel.)
Abb. 59 und 60 stellen die Lebensräume heutiger tropischer Riffe und jurassischer Riffe nochmals gegenüber. Die wichtigsten Unterschiede sind hier zusammengefaßt:
Abb. 59 und 60: Die Schelfposition von Riffen heute und im höheren Jura. Die jeweils bedeutsamsten Riffaktoren sind angegeben. Nähere Erläuterungen siehe Text.
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