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Ich bin etwas in Eile und die Sonne scheint draußen. Ich lese später weiter, doch jetzt möchte ich noch einen Blick auf die Schlußfolgerungen werfen.


V. DIE JURAZEIT
Warum waren die Riffe so unterschiedlich?

Wie wir gesehen haben, wuchsen im Jura eine Fülle von Rifftypen, die mit heutigen Riffen keine Ähnlichkeiten haben. Nur Korallenriffe gab es im Jura genauso wie heute, aber auch bei diesen zeigen sich gewisse Unterschiede. Bei Kieselschwammriffen und Mikrobenkrustenriffen kennen wir heute nur kümmerliche Vertreter, die überhaupt nicht mit den jurassischen vergleichbar sind.

Warum ist das so? Dazu sollten wir noch einmal kurz zusammenfassen, welche Faktoren das Auftreten und die Unterschiede innerhalb der jurassischen Riffen bedingten. Dies waren:

  1. Die Wassertiefe: Korallenriffe wuchsen (wie heute) im flachen Wasser, gemischte Korallen-Kieselschwamm-Riffe und reine Kieselschwammriffe im tieferen Wasser.
  2. Die Höhe des Schlamm- und Sandeintrags (d.h. die Sedimentationsrate). Wenn die Sedimentationsrate zu hoch war, konnten überhaupt keine Riffe wachsen, war sie tolerierbar, bildeten sich Riffe, die aus nur wenigen, an die immer noch relativ schlechten Lebensbedingungen angepaßt waren. War kein Sedimenteintrag vorhanden, konnten viel mehr verschiedene Organismen im Riff wachsen. Außerdem bildeten sich dann Mikrobenkrusten, welche wesentlich zur Festigkeit und zum Hochwachsen der Riffe beitrugen.
  3. Die Höhe des Sauerstoffgehalts bzw. die Häufigkeit von Sauerstoffschwankungen. (Wahrscheinlich waren derartige Sauerstoffschwankungen mit Schwankungen im Nährstoffgehalt gekoppelt). Wenn zu häufig Sauerstoffmangel auftrat, konnten keine Korallen oder Schwämme mehr wachsen und es blieben nur die toleranten Mikrobenkrusten übrig, welche dann ganze Riffe alleine aufbauen konnten.

In Abb. 57 sind diese Faktoren gegeneinander aufgetragen. Wissen Sie, welcher Rifftyp den jeweiligen Feldern zugeordnet ist? Klicken Sie einfach mal auf diese Felder, um Ihr Wissen zu testen.

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Alternative: Sie können die Antworten auch hier sehen.


Warum aber sind heute diese Rifftypen nicht mehr alle vorhanden? Die Sedimentationsrate ist auch für unsere heutigen Riffe ein wichtiger Faktor, der das Auftreten der Riffe und die Zusammensetzung der Rifforganismen wesentlich steuert. Warum aber gibt es keine tropischen Tieferwasserriffe mehr? Warum sind die Mikrobenkrustenriffe aus den heutigen Meeren ganz überwiegend verschwunden? Und warum können heutige Korallenriffe bis ins allerflachste Wasser wachsen, auch wenn dort die Auswirkungen von Stürmen besonders kraß sind?


Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir uns besser mit den ökologischen Bedingungen der Jurazeit vertraut machen.

Abb. 58 zeigt eine Weltkarte für die Zeit des höheren Jura. Die Kontinente waren noch zum Superkontinent Pangaea zusammengefügt, auch wenn der Nordteil bereits im Zerfall begriffen war, wie die Meeresarme des jungen Atlantik und des weit nach Westen greifenden erdmittelalterlichen Mittelmeers - der Tethys - zeigen. Da polare Eiskappen fehlten und auch die Meeresbecken ein geringeres Volumen als heute hatten, war der Meerespiegel um mindestens 100 bis 150 Meter höher als heute. Deshalb waren viele Kontinentflächen von Flachmeeren bedeckt und die Schelfe der Ozeane waren weit geflutet. Der heute in 60 bis 150 Meter Wassertiefe liegende Schelfknick (an den sich der steile Kontinentalhang anschließt) lag damals um mindestens 100 Meter tiefer. Damit waren auch im tieferen Wasser noch flache Gefälle gegeben, auf denen sich Riffe (Kieselschwammriffe) ausbreiten konnten. Außerdem bedingte der hohe (und generell steigende) Meeresspiegel, daß viel von den Festländern geliefertes Sedimentmaterial in Ästuaren und Küstensümpfen abgefangen wurde und nicht wie heute in die tieferen Bereiche der Schelfmeere weiterverfrachtet wurde, wo es heute das Riffwachstum unterdrückt (siehe unten).

Abb. 58, Jurariffe global, 8 kb

Die globale Verteilung insbesondere der wärmeliebenden Korallenriffe zeigt, daß zur Zeit des höheren Jura warmes Oberflächenwasser bis in hohe Paläobreiten verbreitet war.

Die globale Verbreitung der wärmeliebenden Korallenriffe im höheren Jura zeigt, daß warmes Oberflächenwasser bis in hohe Breiten (etwa dem heutigen Südchile und Südargentinien) vorhanden war. Dies war ein Effekt der klimaausgleichenden Wirkung von Meeren. Der hohe Meeresspiegel bedingte ein fast überall verbreitetes maritimes Klima, bei denen Temperaturunterschiede sehr viel moderater ausfielen als heute. Allerdings verursachten diese fehlenden Temperaturkontraste eine geringere Konstanz und Intensität der Windsysteme und damit auch eine geringere Umwälzung der Wassermassen der Meere. Sauerstoffmangel konnte deshalb sehr viel leichter auftreten. Algenblüten, wie wir sie heute von der Nordsee oder der Adria kennen, waren damals ein nicht nur lokal sondern regional auftretendes Problem. Dieses Problem war im Jura besonders dann akut, wenn ein zusätzlicher Meerespiegelanstieg das durch den generell schon sehr hohen Meereesspiegel bereits sehr ausgeglichene Klima noch zusätzlich abpufferte, so daß es dann zum regionalen Umkippen von Schelfmeeren kommen konnte. Dies führte unter anderem zum Absterben der sauerstoffliebenden Riffe bzw. zur Umwandlung dieser Riffe in sauerstofftolerante reine Mikrobenkrustenriffe. (Näheres dazu im nächsten Kapitel.)


Abb. 59 und 60 stellen die Lebensräume heutiger tropischer Riffe und jurassischer Riffe nochmals gegenüber. Die wichtigsten Unterschiede sind hier zusammengefaßt:

  1. Der wegen des niedrigeren Meeresspiegels erhöhte Sedimenteintrag aus dem Hinterland in die tieferen Bereiche der Schelfmeere, sowie die teilweise steilen Meereshänge verhindern heute das Wachstum von Riffen im Wasser, welches tiefer als ca. 50 Meter ist. Im Jura waren diese Wassertiefen wegen des geringeren Sedimenteintrags und der flacheren Hangneigungen gut von Kieselschwammriffen besiedelbar. Grund dafür war der höhere Meeresspiegel.
  2. Wegen des hohen Sedimenteintrags wachsen heutige Riffe sehr gerne im extrem flachen, hochenergetischen Wasser, weil dort das Sediment nicht zum Absatz kommt. Hier sind auch die Lichtverhältnisse für die lichtabhängigen Riffkorallen am besten. Die Besiedlung dieser höchstenergetischen Lebensräume war aber erst möglich durch die Entwicklung von (a) Korallen mit hohem Regenerationsvermögen (wie den heutigen Acroporen) sowie (b) Organismen, die auch in diesem Milieu zerbrochenen Riffschutt binden können. Dies wird in heutigen Riffen von zementierenden Kalkrotalgen bewerkstelligt. Im Jura fehlten diese Organismen noch. Die in Jurariffen vorhandenen Mikrobenkrusten waren in dieser Hinsicht in der Regel nicht effektiv genug.
  3. Der hohe jurassische Meeresspiegel und die damit einhergehende Klimanivellierung bewirkte eingeschränkte Wasserumwälzung und damit häufig Sauerstoffmangel im tieferen Wasser. Hieran waren die Mikrobenkrustenriffe angepaßt. Wegen der labilen Situation konnte Sauerstoffmangel teilweise auch im flacheren Wasser auftreten. Dies passierte insbesondere dann, wenn ein kurzfristiger Meerespiegelanstieg das Klima noch zusätzlich nivellierte und die Wasserumwälzung reduzierte. Die an solche Verhältnisse angepaßten Mikrobenkrustenriffe konnten dann auch im flacheren Wasser wachsen.

Abb. 59, Schelfschnitt heute, 13 kb

Abb. 60, Schelfschnitt Jura, 13 kb

Abb. 59 und 60: Die Schelfposition von Riffen heute und im höheren Jura. Die jeweils bedeutsamsten Riffaktoren sind angegeben. Nähere Erläuterungen siehe Text.


WIE SOLL'S WEITER GEHEN?

Letzte Änderungen am 19. Nov. 98 durch Reinhold Leinfelder


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