Zur vorhergehenden Seite des Jurassic Reef Parks?

III. DIE RIFFBAUWERKE:
Welches Bauwerk paßt zu welcher Lage?

Riffe haben viele Ähnlichkeiten mit Immobilien. Mit einem schwäbischen Häuslebauer-Ansatz kann man vielleicht besonders gut veranschaulichen, warum während des Jura nur an bestimmten Stellen Riffe entstanden und warum viele Riffe ganz unterschiedlich aussahen. Nicht jedes Grundstück ist geeignet, um ein Riffbauwerk zu erstellen. Die Grundstückseigenschaften erfordern die Einhaltung von Bauvorschriften und damit die Errichtung ganz bestimmter, an die Gegebenheiten des jeweiligen Grundstücks angepaßter Riffbauwerke. Ausgesprochen imposante und aufwendige Riffbauwerke können nur in ganz speziellen Lagen erstellt werden, was jedoch besonders viel Aufwand und die Mithilfe vieler Spezialisten erfordert. Jeder Häuslebauer weiß, daß das Häuslebauen mit der Verfügbarkeit von geeigneten Grundstücken steht und fällt. Wir stellen hier einige typische Lagen und ihre Riffbauwerke vor. Sie werden sehen, daß im Vergleich mit heutigen Riffen die Jura-Riffe weiter verbreitet, aber auch verschiedenartiger waren. Im Jura waren also mehr Riff-Baugrundstücke als heute verfügbar. Sie wiesen jedoch alle recht unterschiedliche Qualitäten auf.


Eine Rarität: Wir fanden Ausschnitte aus dem 150 Millionen Jahre alten Nordtethys-Immobilienanzeiger. Einige Angebote seien hier vorgestellt. Die zugehörigen Originalexposés waren jedoch nicht mehr erhalten. Deshalb vergleichen wir mit mit heutigen Immobilien und zeigen dann, was von den jurassischen Riffbauwerken heute noch übrig ist.


Angebot 1: Die Superlage:

Abb.25, Toplage-Angebot, 8 kb

Abb.26, Toplage-Hotel, 16 kb

Damit könnte man es vergleichen (Abb. 25, 26): Eine phantastische Traumlage direkt am Strand. Riesiger Hotelkomplex mit allem Komfort. Direkter Zugang zum offenen Meer. Kinderschwimmbecken, Freizeitanlage, Biotop, vielfältiges Nachtleben, Reparaturwerkstatt, natürlich biologisch-dynamische Bauweise mit Solarenergie und Energierückgewinnungsanlage. Klar, daß nur ein internationales Konsortium unter der Beteiligung vieler Spezialisten eine derartige Anlage errichten konnte. Das braucht Zeit. Wenn Sie aber das richtige Grundstück gewählt haben, läuft die Sache nach einiger Zeit wie von selbst.

In derartigen bevorzugten Lagen wuchsen im Jura hochdiverse, d.h. aus zahlreichen unterschiedlichen Korallenarten zusammengesetzte Riffe. Was von derartigen Riffanlagen heute noch übrig ist, sieht so aus:

Abb.27, Jura-hochdivers, 8kb/39 kb Abb. 27 zeigt ein Jura-Riff, welches aus sehr vielen unterschiedlichen Korallenarten aufgebaut ist (und damit eine hohe Artenvielfalt oder Diversität hat). Die Korallenkolonnien überwachsen sich gegenseitig. Sie sind mit Stift nachgezeichnet. Jede Nummer steht für eine andere Art.


Angebot 2: Das Einsteiger-Angebot:

Abb.28, Einsteiger-Angebot, 7 kb

Abb.29, Hütten-Objekt, 9 kb

Wenn einem die Mittel für ein derartig gigantisches Bauobjekt fehlen, man lieber alleine einsteigt, aber dennoch nicht auf eine schöne Lage in direkter Strandnähe verzichten will, wäre dieses Angebot geeignet (Abb.28). Wegen der anfälligen, von Grundinstabilitäten, Sandverlagerungen und Stürmen gefährdeten Lage und den fehlenden finanziellen Möglichkeiten, solche Nachteile durch tiefe Fundamentierung und hochwertige Baustoffe zu kompensieren, muß auf einfache, schnell reparable Niederbauweise mit Billigbaustoffen ausgewichen werden (Abb. 29). Vielleicht ist mit etwas Glück und bastlerischem Geschick ja auch ein späterer Ausbau dieser Pommes-Frites-Buden zu einer Hotelanlage möglich.

Unter derartigen Bedingungen wuchsen im Jura Korallenrasen, die nur aus einer oder wenigen Arten bestanden. Diese Korallen waren an die instabilen Bedingungen einigermaßen angepaßt. Dennoch war das Wachstum meist nur kurzfristig, und Stürme oder plötzlicher Absatz von Ton und Sand brachte diese Korallenrasen zum Absterben. Was von derartigen Riffrasen heute noch übrig ist, sieht so aus:

Abb.30, Korallenrasen, 26kb

Abb. 30 zeigt einen jurassischen Korallenrasen, der mehrfach von Sturmereignissen betroffen war. Aus diesem Grund sind die meisten Korallen zerbrochen. Nur ein Korallenstock befindet sich noch in Lebendstellung


Angebot 3: Unser Idyll in ruhiger Lage:

Abb.31, Idyll-Angebot, 6 kb

Abb. 32, Restaurant, 13 kb

Warum sollte man sich aber immer um die strandnahen Lagen streiten, die entweder schrecklich teuer oder mit problematischen Eigenschaften behaftet sind? Wie wäre es mit einer ruhigen, geschützten, strandfernen Lage (Abb.31)? Natürlich hat man es hier schwerer, sein Auskommen zu finden. Wenn man nicht zu anspruchsvoll ist, kann man es ja vielleicht mit einem kleinen Restaurant versuchen, in der Hoffnung, daß doch so manche Besucher kämen (Abb. 32). Der liebliche Nordteil des jurassischen Tethysmeeres (siehe Kap. VII) war hier besonders erfolgversprechend.

Im Jura siedelten Kieselschwämme in diesen strandferneren Lagen in etwas größerer Wassertiefe als die Korallenriffe. Sie bildeten dort häufig Schwammrasen, in denen wegen der nicht gerade üppigen, oft mit Nahrungsmangel einhergehenden Lebensbedingungen relativ wenig andere Organismen lebten. Was von derartigen Tieferwasser-Riffrasen heute noch übrig ist, sieht so aus:

Abb.33, Schwammrasen, 17kb Abb. 33 zeigt einen entsprechenden Schwammrasen, bei denen große Tellerschwämme dicht an dicht siedeln (die steile Position ist durch spätere Schichtverstellung bedingt)

Vielleicht wird ja das kleine Restaurant auch bekannter. Wenn das Geschäft dann gut läuft, bekommt man mehr Gäste und kann vielleicht sogar aufstocken:

Abb.34, Schwammriff, 4kb/36kb Abb. 34 zeigt ein größeres Kieselschwammriff. Im Unterschied zu den Schwammrasen ist nun ein Relief entwickelt, wodurch sich unter anderem auch die Nährstoffsituation verbessert, da wegen des Reliefs nun höhere Strömungsgeschwindigkeiten auftreten und damit mehr Nahrung in der Wassersäule vorbeikommt.


Angebot 4: Special Occasion:

Abb.35, NichtJeder-Angebot, 8 kb

Abb.36, Madhouse, 12 kb Vielleicht sind Sie ja ein Individualist, wollen möglichst wenig Kompromisse machen und sich selbst entfalten (Abb. 35)? Hier ein Türmchen, dort ein Balkönchen, da ein Erkerchen (Abb. 36)? Um niemanden auf die Füße zu treten und von Bauauflagen möglichst uneingeschränkt zu sein, müssen Sie natürlich einige Nachteile in Kauf nehmen. Machen was Sie wollen können Sie etwa in der Nähe von stinkenden Müllplätzen oder in Smoggebieten mit wenig Sauerstoff.

Ähnlich machten es im Jura Mikrobenkrusten, wenn sie alleine ganze Riffe aufbauen wollten. Diese Riffe wuchsen sich in Lagen, in denen entweder für andere Organismen wegen Überdüngung zu viele, modernde Nährstoffe oder zu wenig Sauerstoff vorhanden war. Diese Mikrobenkrustenriffe zeigen die unterschiedlichsten Formen und Dimensionen.
Was von derartigen Riffen heute noch übrig ist, sieht so aus:

Abb.37, Krustenstotzen, 5kb/37kb Abb. 37 zeigt ein kleines, konisches Krustenriff, welches vollständig aus verkalkten Mikrobenfilmen aufgebaut ist. Die größten dieser Krustenriffe wurden 30 Meter hoch.


WIE SOLL'S WEITER GEHEN?

Letzte Änderungen am 19. Nov. 98 durch Reinhold Leinfelder


[Palaeo Munich Home] [palaeo.de-Server] [Munich University] [GeoPal-Links] [WWW-Search] [Feedback]