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II. DIE BAUMEISTER DER RIFFE:
Heute und zur Jurazeit

Eine unvorstellbare Fülle von Organismen lebt im Riff. Alle haben dort wichtige Aufgaben. Etwas schematisch kann man die Rifforganismen in Riffbildner, Riffabbauer und Riffbewohner einteilen. Dies gilt sowohl für heutige als auch für fossile, also z.B. jurassische Riffe. Ich kann hier nur eine kleine Auswahl der Organismen kurz vorstellen.


Zu den wichtigsten Riffbildnern heutiger und früherer Riffe gehören die Korallen. Für den Riffaufbau sind insbesondere die Steinkorallen, also die Korallen mit kalkigem Außenskelett von Bedeutung (Abb.4, 5).

Abb. 4: Die Hirschgeweihkoralle Acropora gehört zu den erfolgreichsten Korallen heutiger Riffe (Bild klein 6kb, groß 30kb) Abb. 5: Die Porenkoralle Porites ist ebenfalls in manchen Riffbereichen dominant (Bild klein 8kb, groß 46kb


Die intensive Kalkproduktion - manche Korallen wachsen bis zu 25 cm im Jahr - kann nur durch die Mithilfe bestimmter Algen (sogenannter Zooxanthellen) stattfinden, wobei die im Gewebe der Korallen befindlichen Algen (Abb. 6) durch ihre photosynthetische Lebensweise den Korallen Nährstoffe und Sauerstoff abgeben sowie dem Wasser Kohlendioxid und Phosphate entnehmen. Durch all dies wird das Wachstum und der Kalkaufbau der Korallen gefördert. Die Algen haben ihrerseits Schutz im Gewebe der Korallen und bekommen die Abfallprodukte der tierischen Korallen, insbesondere Phosphate, welche in den Nährstoffwüsten der tropischen Meere Mangelstoffe darstellen. Eine derartige Abhängigkeit von Organismen zum gegenseitigen Vorteil nennt man Symbiose. Durch diese symbiontische Beziehung wachsen die meisten riffbildenden Korallen im flachen, lichtdurchflutenden Wasser. Nur so können die symbiontischen Algen ihre Photosynthesetätigkeit aufrecht erhalten. Wächst eine Korallenart im tieferen Wasser, ist ihre Wuchsform oft scheibenförmig, um eine möglichst große Oberfläche nach oben, d.h. zum verbleibenden Licht hin zu haben (Abb 7, 8).

Abb.6 Abb. 6: Photosymbiontische Algen (sog. Zooxanthellen; kleine Punkte) innerhalb einer Korallententakel. (Bild 10 kb)
Abb.7 Abb.8
Abb. 7: Die Salatkoralle (Agaricia) bildet im sehr flachen Wasser salatkopfartige Kolonien (Bild klein 10kb, groß 18kb) Abb. 8: Im etwas tieferen Wasser (je nach Trübung ab ca. 5-25 Metern) bildet sie flache, nach oben gerichtete "Blätter" aus, so daß mehr Fläche dem Licht zugewandt ist und die symbiontischen Algen Photosynthese treiben können (Bild klein 7kb, groß 41kb).


Auch viele jurassische Korallen (Abb 9, 10) schienen derartige Algensymbionten bereits zu besitzen. Dies kann man insbesondere wieder aus entsprechenden Wuchsformänderungen mancher Arten zum tieferen Wasser hin schließen (Abb. 11).

Abb.9 Abb. 9 (links): Thecosmilia, eine typische ästige Koralle jurassischer Korallenriffe (Bild 7kb)

Abb. 10 (rechts): Latiphyllia, eine weitere Jura-Koralle (Bild klein 3kb, groß 10kb)

Abb10
Abb11 Abb. 11: Die jurassische Koralle Microsolena agariciformis wächst im sehr flachen Wasser knollig (rechts), im tieferen Wasser flächig (vgl. Abb. 45) und unter Sedimentanfall säulig (links). (Bild klein 7kb, groß 33kb)


Viele andere Organismen im Riff haben ähnliche symbiontische Beziehungen.


Viele andere Organismen zerbohren und zerkleinern laufend Korallen und andere Organismen mit Kalkskelett. Dazu gehören bohrende Muscheln, bohrende Würmer, bohrende und abraspelnde Seeigel und Schnecken sowie viele Fische (Papageienfische, Igelfische), welche Teile der Korallen abbeißen, um dadurch an den Weichkörper der Korallen und andere im Korallenskelett lebender Mikrobohrer zu gelangen. Diese "Riffabbauer" oder "Riffzerstörer" haben im Riff eine wichtige Funktion und werden in einem intakten Riff nie zu seiner Zerstörung führen: Weichalgen-abraspelnde Seeigel und Schnecken halten die Skelettoberflächen sauber, so daß sich die Larven von Steinkorallen darauf absetzten können. Bohrende Seeigel und Muscheln schaffen viel Kleinrelief im Riff, in dem sich andere Organismen halten können und Korallenlarven ungestört vor Begrasung durch Riffische heranwachsen können. Papageienfische scheiden abgebissene Kalkskelette als feinen Kalkschlamm wieder aus, der von den Wellen in die Rifflagunen getrieben werden kann, dort zum Absatz kommt und so die Lagune flach genug macht, so daß hier ebenfalls viele lichtabhängige Organismen, wie z.B. Kalkalgen leben können.

Abb18 Abb. 18 (links): Die Koralle Montastrea wird vom orangen Bohrschwamm Cliona attackiert. Im Vordergrund röhrenförmige Weichschwämme (Bild klein 9kb, groß 20kb)

Abb. 19 (rechts): von einem Bohrschwamm zerbohrte Jura-Koralle, poliertes Gesteinsstück (Bild klein 7kb, groß 43kb)

Abb19
Abb20 Abb. 20: Der prächtige Papageienfisch nagt und beißt mit seinen scharfen Zähnen Korallen ab. Er hält dadurch die gefährlichen Weichalgen im Riff kurz. In der Nacht hüllen sich manche Arten in einen schleimigen 'Schlafrock', damit ihr Eigengeruch keine Feinde anlockt (Bild klein 5kb, groß 17kb)


Besonders wichtig im Riff sind die sedimentbindenen Organismen. Konstanter Wellenschlag, Stürme und bohrende Organismen produzieren laufend Lockermaterial, welches für die eine feste Unterlage benötigenden Rifforganismen kaum besiedelbar ist. Außerdem würde feines Schlammaterial etwa die Tentakeln der Korallen verkleben, gröberes Sandmaterial würde wegen des Wellenschlags die Organismen wie Schleifpapier abschmirgeln. Organismen wie inkrustierende Schwämme, einzellige inkrustierende Kammerlinge (Foraminiferen), insbesondere aber inkrustierende Algen und verkalkende Mikrobenmatten halten das Lockermaterial zusammen und festigen so den Riffkörper, so daß er sich im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende über den Meeresboden erheben kann. In heutigen Riffen besonders wichtige Inkrustierer sind die lichtabhängigen korallinen Kalkrotalgen, die auch im höchstenergetischen Wasser Lockermaterial fixieren können. In schattigen und dunklen Bereichen, also insbesondere in Riffhöhlen und -kavernen verhärten Mikrobenmatten das Riff von innen heraus, da sie im tropischen kalkübersättigten Wasser besonders leicht verkalken, weil die mikrobenproduzierten organischen Schleime die Verkalkung wie ein Katalysator initieren.

Abb21 Abb. 21 (links): Inkrustierende koralline Kalkrotalgen sind wichtige bindende und zementierende Organismen in heutigen Riffen (Bild klein 7kb, groß 25kb)

Abb. 22 (rechts): Grünliche Mikrobenfilme in einer Riffhöhle. Rotalgen sind wegen des Lichtmangels nicht mehr vorhanden (Bild klein 7kb, groß 29 kb)

Abb22


Die korallinen Algen sind erst seit etwa 100 Millionen Jahren (also seit der jüngeren Kreidezeit) von Bedeutung. Zuvor mußten vor allem verkalkenden Mikrobenmatten die Riffstabilisierung gewährleisten. Ältere Riffe, also z.B. die aus der Jurazeit, sind deshalb häufig durch einen hohen Anteil verkalkter Mikrobenmatten (sog. Mikrobenkrusten) gekennzeichnet, die sogar ganze Riffe alleine aufbauen können, wie wir weiter unten noch sehen werden.

Abb23 Abb. 23 (links): Anpolierter Mikrobenkrustenkalk. Die dunkler erscheinenden Mikrobenkrusten bilden kleine Kavernen (Bild klein 3kb, groß 16kb).

Abb. 24 (rechts): Mikroskopaufnahme eines jurassischen Mikrobenkrustengesteins. Die dunklen kalkigen Mikrobenkrusten formen ein Gerüst. Kleine Kavernen sind ebenfalls sichtbar (Bild 34kb)

Abb24

WIE SOLL'S WEITERGEHEN?

Letzte Änderungen am 19. Nov. 98 durch Reinhold Leinfelder


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